Iran: Homosexuelle und Konvertiten im Visier

Unter der islamischen Theokratie verschärfen Regierung und Behörden im Iran den Druck auf Minderheiten: Im Visier stehen dabei vor allem Menschen mit homosexueller Orientierung und Personen, die sich von der Staatsreligion abwenden und etwa zum Christentum konvertieren.

Die Islamische Republik Iran bestraft mit oft unvorstellbarer Grausamkeit alle Abweichungen ihrer Bürger von der sogenannten sexuellen Norm. Nach dem islamischen Strafrecht kann einvernehmliche Sexualität zwischen Männern mit dem Tod, bei Frauen mit 100 Peitschenhieben bestraft werden. Für Homosexuelle ist ein offenes Leben als Paar unmöglich, wie die Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mitteilt.

Seit der Islamischen Revolution unter Ajatollah Ruhollah Khomeini (1902-1989), die 1979 zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlevi führte, schätzen iranische Menschenrechtler, seien mehrere tausend Menschen allein wegen ihrer Homosexualität getötet wurden.

Bezeichnend für die Haltung der heutigen obersten Führung in Teheran ist ein öffentliches Statement eines der bedeutendsten Geistlichen des Landes, Großayatollah Abdollah Javadi-Amoli. Er erklärte in der heiligen Stadt Qom bei einem Kongress islamischer Kleriker, dass Homosexuelle ausgelöscht werden müssten. Diese sein gemäß dem Koran "minderwertiger als Hunde und Schweine". Westliche Politiker, so der Ayatollah, die Homosexualität entkriminalisierten, seien ebenfalls "niedriger als Tiere". Bisher gebe es kein Anzeichen für ein Umdenken bei der iranischen Führung, so die Einschätzung der IGFM.

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Außerdem haben Führung und Behörden der Islamischen Republik die Verfolgung von Iranern, die sich vom Islam abwenden, weiter verschärft. Die rund 80 Millionen Iraner bekennen sich zu 90 Prozent zum schiitischen und zu bis zu 10 Prozent zum sunnitischen Islam.

Der Geheimdienst und die mächtigen Revolutionsgarden üben massiven Druck auf Anhänger der Bahai-Religion und Menschen aus, die zum Christentum konvertiert sind. Die Abwendung vom Koran-Glauben gilt als Verbrechen, das mit dem Tode bestraft werden kann. Nichtmuslime werden im Iran seit der Revolution systematisch verunglimpft. 

Angehörigen sogenannter "geschützter Religionen" wie Christen, Juden und Zoroastrier (Zarathustrismus) wird lediglich ein Existenzrecht gewährt. Andersgläubige, die früher Muslime waren, sind praktisch rechtlos. "Nur die Aufmerksamkeit der Welt hält diese Menschen am Leben", betont IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin. Der Iran gehöre zu den wenigen Staaten, die sich weigern, die Antifolter-Konvention der UNO zu unterzeichnen.

Beispielhaft nennt die IGFM den Konvertiten Ebrahim Firozzi. Er war seit mehreren Jahren im Visier des iranischen Geheimdienstes; vor allem, weil der frühere Muslim nicht aufhörte, über seinen neuen Glauben zu sprechen. Firozzi wurde mehrmals verhaftet und 2015 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Der Grund:  Mit seinem Versuch, christliche Hauskreise zu gründen, habe er die "nationale Sicherheit" gestört.

Ein anderer Konvertit berichtete, er sei in einer für 20 Personen angelegten fensterlosen unterirdischen Zelle zusammen mit 80 weiteren Häftlingen eingesperrt worden. Der Mann war allein wegen seiner christlichen Gemeindearbeit verhaftet und gefoltert worden. Die Behörden verweigerten ihm dringend notwendige ärztliche Hilfe. Inzwischen wurde er frei gelassen, nachdem sich mehrere westliche Politiker direkt für ihn eingesetzt hatten. (KNA)