Schwieriger politisch-kultureller Dialog mit Tunis

Zehn Jahre nach Bestehen des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Tunesien sind bereits viele erfolgreiche Partnerschaften initiiert worden. Doch die zivilgesellschaftliche Kooperation lässt weiterhin zu wünschen übrig.

Das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Tunesien besteht seit nunmehr zehn Jahren. Vor allem im wirtschaftlichen Bereich sind bereits viele erfolgreiche Partnerschaften initiiert worden. Doch die zivilgesellschaftliche und politisch-kulturelle Zusammenarbeit mit Tunesien lässt weiterhin zu wünschen übrig. Tina Gerhäusser mit einer Bilanz der bisherigen Beziehungen.

Tunis, Foto: Markus Kirchgessner

​​Tunesien und die Europäische Union sind alte Bekannte, wirtschaftlich betrachtet sogar Jugendfreunde: sie schlossen den ersten Handelspakt im Jahr 1969. Tunesien war damals gerade 13 Jahre unabhängig von Frankreich, und die 18 Jahre junge EU trug noch den Namen "EG" - Europäische Gemeinschaft.

In den 1970er Jahren gab die EG erste finanzielle Hilfen, in den 1980er Jahren Kredite, und 1995 unterzeichnete Tunesien als erster Mittelmeerstaat ein "Assoziierungsabkommen" mit Brüssel. Weitere Abkommen dieser Art wurden in den folgenden Jahren mit den anderen Mittelmeerstaaten geschlossen.

Zehn Jahre Assoziierungsabkommen EU-Tunesien

Mit diesen bilateralen Abkommen verpflichten sich beide Seiten zu wirtschaftlicher, politischer und kultureller Zusammenarbeit - ein Anspruch, den die Teilnehmer auf der Europa-Mittelmeer-Konferenz in Barcelona 1995 formuliert hatten.

Das Hauptziel der "Assoziierungsabkommen" besteht darin, bis zum Jahr 2010 eine Freihandelszone zwischen der EU und den Mittelmeeranrainerstaaten aufzubauen. Dafür sind in Tunesien die meisten EU-Fördermittel reserviert: Knapp die Hälfte der insgesamt 144 Millionen Euro, die die EU für die beiden kommenden Jahren (2005 und 2006) zugesagt hat, sollen in Wirtschafts- und Finanzreformen des Landes fließen.

Ein kleiner Teil dieser Summe, nämlich 20 Millionen Euro, landet bei Nawel Ben Romdhane Dhrif. Die Tunesierin leitet ein im letzten Herbst eingerichtetes Managementbüro in Tunis. Gemeinsam mit vierzehn Mitarbeitern verwaltet sie das "Begleitprogramm zum Assoziierungsabkommen" zwischen Tunesien und der EU.

Nach Ansicht von Dhrif fördert dieses Programm die Institutionen: "Die Tätigkeiten, die in diesem Rahmen unterstützt werden, sind im wesentlichen darauf ausgerichtet, die Effizienz und die organisatorischen, personellen und materiellen Kapazitäten der Verwaltung zu steigern", so die Tunesierin.

Vorteilhafte Partnerschaften

Das Team um Nawel Ben Romdhane Dhrif sammelt bei den tunesischen Institutionen Verbesserungsvorschläge und macht dann Ausschreibungen bei den Vertretungen der EU-Mitgliedsstaaten. Im Moment sucht das Team zum Beispiel europäische Beamte, die die Ausbildung des Zollpersonals begleiten oder das Nationale Statistik-Institut beraten.

Weitere Partnerschaften sollen die privaten Investitionen ankurbeln helfen und die Schaffung von Arbeitsplätzen vorantreiben, damit Tunesien in der künftigen euro-mediterranen Freihandelszone bestehen kann.

Laut Nawel Ben Romdhane Dhrif hat das EU-Hilfsprogramm durch die Partnerschaften eindeutig dazu gewonnen: "Der Vorteil des Programms liegt darin, dass es die tunesischen Verwaltungen mit den europäischen Verwaltungen in Kontakt bringt. Und die Verwaltungen knüpfen Verbindungen der Zusammenarbeit, die bestehen bleiben sollen, auch nach dem Auslaufen des Programms, berichtet Dhrif und zeigt sich zuversichtlich, was die langfristigen Perspektiven der Zusammenarbeit betrifft:

"Das Know-how und die Arbeitstechniken werden weitergegeben - und das alles gibt dem Assoziierungsabkommen einen konkreteren, eine greifbareren Sinn! Das färbt dann auch auf die wirtschaftlichen Handlungsträger und die Bürger ab."

Ein "Ring von Freunden" an Europas Außengrenzen

Das Modell der Partnerschaften hat die EU aus Osteuropa nach Tunesien gebracht. Es hat sich beim EU-Erweiterungsprozess bewährt und soll nun auch die südlichen Nachbarn näher an die EU anbinden.

Die EU will einen "Ring von Freunden" um ihre Außengrenzen bilden - so sieht es die 2003 ausgerufene "Europäische Nachbarschaftspolitik" vor. Sie ergänzt die bilateralen Assoziierungsabkommen. Neben Wohlstand und wirtschaftlicher Stabilität geht es zunehmend auch um sicherheitspolitische Zusammenarbeit, Umweltschutz, Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit.

Doch in diesen Bereichen geht die Kooperation mit Tunesien eher schleppend voran. Ein Bericht der EU über die bilaterale Kooperation mit Tunesien bis 2004 stellt beispielsweise fest, dass ein Programm zur Förderung der Zivilgesellschaft vorerst gestrichen werden musste.

Schwierigkeiten gab es auch bei der Zusammenarbeit im Justizwesen und in der Medienpolitik, obwohl diese Themen Bestandteile des politischen und kulturellen Dialogs sind, der auf der Barcelona-Konferenz vor zehn Jahren vereinbart wurde.

Tina Gerhäusser

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005