Grüne debattieren über Verbot von Vollverschleierung an Unis

Die Grünen sind uneins über ein Verbot von Vollverschleierung an Universitäten und anderen Orten. "Die Möglichkeit, religiöse Symbole zu tragen oder auf sie zu verzichten, zeichnet eine demokratische Gesellschaft aus", sagte die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (Dienstag). "Dabei steht fest, dass die Vollverschleierung von den allermeisten Musliminnen in Deutschland abgelehnt wird."

Es sei überdies "verfassungsrechtlich geboten, gläubigen Musliminnen den Zugang zu unserem Bildungssystem zu ermöglichen", fügte Polat hinzu. "In unserem Rechtsstaat wäre ein derartiges Verbot sicherlich nicht möglich und auch der falsche Weg."

In Schleswig-Holstein ist ein Verbot von Gesichtsschleiern wie Niqab oder Burka an Universitäten im Gespräch. Die Grünen in Schleswig-Holstein lehnen einen CDU-Gesetzentwurf ab, der Hochschulen erlauben soll, Trägerinnen von Lehrveranstaltungen auszuschließen.

Kritik an der Position der schleswig-holsteinischen Grünen äußerte unter anderen der frühere Parteichef Cem Özdemir. "Auch wenn es nur um einen Fall geht, sind Burka oder Niqab etwas ganz anderes als etwa ein Kopftuch", sagte Özdemir der "Bild"-Zeitung (Montag). Bei der Vollverschleierung gehe es darum, "die Frau als Mensch im öffentlichen Raum unsichtbar zu machen". Tübingens Bürgermeister Boris Palmer (Grüne) erklärte: "Burka und Niqab haben in einer aufgeklärten Gesellschaft keinen Platz."

Auslöser der Debatte ist der Fall einer muslimischen Studentin an der Universität Kiel, die mit einem Niqab in die Vorlesungen gekommen war. Die Uni hatte ein Verbot ausgesprochen und sich dann an die Landesregierung gewandt.

Am Montag hatte unterdessen das Oberverwaltungsgericht Hamburg (OVG) die Entscheidung zugunsten der Vollverschleierung einer 16-jährigen Schülerin bestätigt. Eine Beschwerde der Stadt gegen die vergangene Woche bekannt gewordene Eilentscheidung des Hamburger Verwaltungsgerichts wurde zurückgewiesen. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für ein Verbot des Gesichtsschleiers, begründete das Gericht.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) bedauerte die Entscheidung und kündigte am Montag eine zügige Änderung des Schulgesetzes an, um die Vollverschleierung im Unterricht zu verbieten. "Wir werden nicht dulden, dass Schüler ihr Gesicht verbergen." Im Hamburger Fall trägt das muslimische Mädchen im Unterricht einen Niqab, der nur einen Schlitz für die Augen aufweist. (KNA)