Libanons Premier warnt vor Nahrungskrise und neuen Flüchtlingen

Libanons Ministerpräsident Hassan Diab hat vor einer schweren Lebensmittelkrise in seinem Land gewarnt. «Viele Libanesen haben bereits aufgehört, Fleisch, Obst und Gemüse zu kaufen, und könnten bald sogar Schwierigkeiten haben, sich Brot zu leisten», schrieb er in einem am Mittwochabend veröffentlichten Beitrag für die «Washington Post».

Warnungen von Menschenrechtlern und der Weltbank zufolge könnte mehr als die Hälfte der Haushalte am Ende des Jahres nicht mehr in der Lage sein, Lebensmittel zu kaufen.

Der Regierungschef rief die USA und die EU auf, einen Notfallfonds für den Nahen Osten einzurichten, um eine schwere Lebensmittelkrise in der Region zu verhindern. Hunger könnte ansonsten einen neuen Zustrom von Migranten auslösen. Im Libanon leben nach UN-Angaben mehr als 900.000 Flüchtlinge aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien.

Viele von ihnen befinden sich in einer verzweifelten Situation. Das Land am Mittelmeer erlebt eine der schwersten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte. Der Libanon zählt zu den am stärksten verschuldeten Staaten weltweit. Im März konnte die Regierung erstmals fällige Staatsanleihen nicht bedienen. Experten warnen vor einem Staatsbankrott.

Das Libanesische Pfund hat in den vergangenen Monaten mehr als die Hälfte an Wert verloren. Die Regierung verhandelt mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über einen Rettungsplan.

Die Corona-Pandemie verschärft die ohnehin schon schwere Krise noch weiter. Der IWF rechnet damit, dass die libanesische Wirtschaft in diesem Jahr um zwölf Prozent schrumpft. Im vergangenen Jahr waren zudem Massenproteste gegen die politische Führung und die Korruption ausgebrochen. Nachdem die Vorgängerregierung ihren Rücktritt erklärt hatte, übernahm Diab im Januar das Amt des Ministerpräsidenten.

Diab räumt in dem Beitrag ein, dass jahrzehntelanges politisches Missmanagement und Korruption eine der Hauptursachen der Krise seien. So habe das Land viel zu wenig in seine Landwirtschaft investiert, weshalb mehr als die Hälfte der Nahrung importiert werden müsste. Russland habe jedoch wegen Corona seine Weizenexporte gestoppt. (dpa)