Kritik an Zwangsmaßnahmen und Protest gegen neue Lesbos-Lager

Das abgebrannte Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos sorgt weiter für politische Unruhe. Zahlreiche EU-Abgeordnete verschiedener Parteien sprachen sich am Donnerstag gegen den Wiederaufbau eines Flüchtlingscamps auf Lesbos aus. Das Hilfswerk Ärzte ohne Grenzen kritisierte scharf, dass Geflüchtete aus dem zerstörten Lager unter Zwang in ein neu errichtetes Zeltlager gebracht würden.

Das Lager Moria war in der vergangenen Woche bei mehreren zeitgleichen Bränden fast vollständig zerstört worden. Zuvor waren dort mehr als 12.000 Flüchtlinge untergebracht, obwohl das Lager für deutlich weniger Flüchtlinge ausgelegt war.

Zu Anfang der Debatte im EU-Parlament erklärte die für Migration zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson, ihr Ziel sei, dass es "keine Morias" mehr gebe. "Wir können nicht akzeptieren, dass Menschen unter diesen Bedingungen leben." Sie habe bereits vor dem Brand oft gesagt, dass die Bedingungen nicht "akzeptabel" seien. Priorität auch bei der Umsiedelung müssten nun Kinder haben.

Die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel erklärte, Moria sei ein "Symbol" für das Scheitern aller EU-Mitgliedstaaten, die Werte Europas aufrechtzuerhalten - besonders die Solidarität. In Kürze werde der neue Migrationspakt der Kommission erwartet. "Wir könnten die Scherben jetzt aufkehren, einen neuen Aufbruch wagen." Abschreckung durch "unwürdige Bedingungen" müsse ein Ende gesetzt werden.

Einen Aufbruch beim Thema Migration von den EU-Mitgliedstaaten im Rat forderte auch die CDU-Abgeordnete Lena Düpont. Europa brauche nun eine "Kette der Verantwortung", die bei den Herkunfts- und Transitstaaten beginne und der "solidarischen Aufnahme der Schutzbedürftigen und konsequenten Rückführung" ende. Es müsse dabei klar zwischen Schutzbedürftigkeit und anderen Motivationen für Migration unterschieden werden. Der EU-Abgeordnete Damian Boeselager (Volt) sprach sich dafür aus, alle Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln und in der EU zu schließen.

Die niederländische Liberale Sophie in't Veld forderte mehr Mut von den Regierungen. "Einige Regierungen sind sehr großzügig darin gewesen, Flüchtlinge aufzunehmen, andere wie meine eigene, sind sehr hartherzig und geizig gewesen." Der Grund dafür sei die Angst vor den extrem Rechten gewesen, die Menschen "enthumanisierten". "Hören wir auf die Kommunen, die sagen, wir sind bereit und können Menschen aufnehmen."

Ärzte ohne Grenzen rief die EU dazu auf, beim Umgang mit Geflüchteten an den europäischen Außengrenzen künftig humanitäre Mindeststandards einzuhalten. Durch die Umsiedelung der Geflüchteten in das provisorische Lager sei zeitweise auch die Arbeit der Hilfsorganisation behindert worden. Dabei seien Tausende Menschen auf medizinische Behandlung angewiesen. Unklar sei auch, ob in dem neuen Lager erneut eine Ausgangssperre verhängt werde. (KNA)