BAMF-Studie: Religiosität der Flüchtlinge erleichtert Integration

Was bedeuten Religion und Glaube für die Menschen, die als Flüchtlinge und Asylsuchende nach Deutschland kommen? Hat auch ihre Religiosität Auswirkungen auf die Integration in die bundesdeutsche Gesellschaft? Mit diesen Fragen befasst sich eine Studie des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migranten.

"Vor allem für christliche Geflüchtete scheinen Glaube und Religion besonders bedeutsam zu sein. Demgegenüber entsprechen muslimische Flüchtlinge eher den in Deutschland lebenden Menschen christlichen Glaubens. Ihnen scheinen Glaube und Religion weniger wichtig zu sein als den sonstigen muslimischen Religionsangehörigen in Deutschland." Das ist ein Ergebnis der Studie "Die Religionszugehörigkeit, religiöse Praxis und soziale Einbindung von Geflüchteten", die das Bundesamt für Flüchtlinge und Migranten (BAMF) in Nürnberg kürzlich veröffentlicht hat.

Unter den befragten Geflüchteten war der Anteil der muslimischen Religionsangehörigen deutlich größer (71 Prozent) als in der restlichen Bevölkerung in Deutschland, wie der Soziologe Manuel Siegert vom BAMF-Forschungszentrum erklärt. Demgegenüber waren die Anteile der christlichen Religionsangehörigen (17 Prozent) und derjenigen, die sich keiner Glaubensrichtung zuordnen, erheblich geringer als in der deutschen Gesellschaft.

Anhand der Daten der zweiten Welle der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten 2017 geht Siegert der Frage nach, welchen Glaubensrichtungen sich die Geflüchteten zugehörig fühlten. Dazu wurde die Situation von Schutzsuchenden untersucht, die im Zeitraum 2013 bis 2016 nach Deutschland gekommen sind und einen Asylantrag gestellt haben. Basis ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung der Personen im Jahr 2017. Befragt wurden 4.465 erwachsene Personen 2016 und 5.668 Personen 2017.

Die im Zeitraum nach Deutschland geflüchteten Muslime stammten überwiegend aus dem Nahen und Mittleren Osten, führt Siegert aus, während die muslimische Bevölkerung in Deutschland noch mehrheitlich türkeistämmig ist. Er geht daher davon aus, dass aufgrund der unterschiedlichen Traditionen auch die Vielfalt des muslimischen Lebens hierzulande zunehmen werde. Unter den Christen, die zu zwei Dritteln aus Afrika stammten, sei der Anteil jener, die sich einer orthodoxen Kirche zugehörig fühlen (42 Prozent), deutlich höher und der Anteil derjenigen, die sich der evangelischen (33 Prozent) und der katholischen Kirche (19 Prozent) zurechnen, weitaus kleiner als innerhalb der deutschen Gesamtbevölkerung.

Damit, so Siegert, unterscheide sich die konfessionelle Zusammensetzung der christlichen Geflüchteten, die oft wegen Diskriminierung oder Verfolgung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ihre Heimat verlassen, deutlich von der Zusammensetzung der christlichen Bevölkerung in der Bundesrepublik, deren gut 83 Millionen Einwohner zu 59 Prozent Christen sind, davon 28,9 Prozent Katholiken und 27,1 Prozent Protestanten.

Knapp 46 Prozent der christlichen Flüchtlinge hätten sich selbst als "stark gläubig", weitere rund 36 Prozent als "eher gläubig" bezeichnet, schreibt Siegert. Bei den Muslimen seien es 25 Prozent beziehungsweise 41 Prozent gewesen. Die Teilnahme am religiösen Leben könne den Geflüchteten die Integration in Deutschland erleichtern, arbeitet Siegert heraus. "Geflüchtete, die am religiösen Leben teilnehmen, sind stärker sozial eingebunden als Geflüchtete, die dies nicht tun", stellt der Soziologe fest. Dabei stehe der häufige Besuch religiöser Veranstaltungen auch in einem leicht positiven Zusammenhang mit der Zeit, die speziell mit Deutschen verbracht werde.

Einfluss auf das jeweilige religiöse Leben in Deutschland sei nur dann möglich, schreibt Siegert, wenn Glaube und Religion bei den Geflüchteten eine gewisse Rolle im Leben spielten, sie ihren Glauben praktizierten und entsprechend auch am religiösen Leben teilnähmen. Bisher lägen dazu aber noch kaum Erkenntnisse dazu vor. Für rund 74 Prozent der befragten Geflüchteten habe Religion Bedeutung im Leben und sei für ihr Wohlbefinden und ihre Zufriedenheit wichtig; Christen hätten dies zu 86 Prozent, Muslime zu rund 75 Prozent erklärt.

Auch die Ergebnisse zur Selbsteinschätzung der Gläubigkeit legten den Schluss nahe, dass Religion und Glaube für christliche Geflüchtete eine besonders wichtige Rolle spielten. Flüchtlinge, die am religiösen Leben teilnähmen, seien stärker sozial eingebunden als solche, die das nicht tun – und zwar unabhängig von der Religion, so Siegert.

Ein knappes Viertel (23 Prozent) der Geflüchteten habe angegeben, mindestens einmal pro Woche an einer religiösen Veranstaltung teilzunehmen, führt Siegert weiter aus. Mit Abstand am häufigsten hätten dies christliche Geflüchtete getan. Bei den Muslimen seien es 20 Prozent. Nur eine Minderheit engagiere sich jedoch regelmäßig in religiösen Gemeinden und/oder Vereinen; am häufigsten die Christen.

Vor diesem Hintergrund hätten Kirchen und religiöse Gemeinschaften die Möglichkeit, ihrerseits den (Neu-)Zuwanderern das Einleben in die Gesellschaft zu erleichtern. Denn hier könnten diese möglicherweise Kontakte zu Personen knüpfen, die dann wiederum Zugang zu Informationen und anderen Hilfestellungen öffneten, die für eine Integration bedeutsam seien, schreibt der Soziologe. Darüber hinaus können so gewonnene Kontakte sozialer Isolation und Vereinsamung aufseiten der Neuzuwanderer entgegenwirken. (KNA)