"Macht endlich CNN und El Dschasira aus"

"Schaut lieber meinen Film an." Mit diesem provokanten Aufruf will der kurdische Regisseur Bahman Ghobadi auf seinen neuen Film über die Lage der Kurden aufmerksam machen.

Bahman Ghobadis neuer Film "Marooned in Iraq" (Verloren im Irak) handelt vom Chaos in kurdischen Flüchtlingslagern zu Zeiten des

Plakat 'Verloren im Irak'

​​achtjährigen Krieges zwischen Iran und Irak, in dem das Heulen der Bombenflugzeuge Saddam Husseins ständige Begleitmusik ist. Männer, Väter, Söhne werden beerdigt. Frauen verstecken ihre entstellten Gesichter, Folge von Angriffen mit chemischen Waffen. Es gibt Camps, in denen nur Kinder leben, die ihre Eltern im Krieg verloren haben. Alle diese Menschen verfluchen Saddam.

Die Stimme der Kurden

Bahman Ghobadi ist so etwas wie das filmische Sprachrohr der Kurden. Bereits in seinem Film "Die Zeit der trunkenen Pferde" (Goldene Kamera - Cannes 2000, iranische Oscar-Nominierung 2001) hat Ghobadi das Schicksal kurdischer Kinder thematisiert.

"Macht endlich CNN und El Dschasira aus. Schaut Euch lieber meinen neuen Film an, wenn Ihr wissen wollt, wie es den Kurden im Irak geht", hatte er vor einigen Tagen einer iranischen Zeitung gesagt. Bahman Ghobadi ist in diesen Tagen ein gefragter Mann. Die Journalisten stehen Schlange, um von ihm, dem kurdisch-iranischen Filmemacher zu hören, wie es im Land steht. Militärstrategische Fragen über die Rolle der Kurden als Verbündete der Aliierten erregen Bahman Ghobadis Unwillen. Er weist darauf hin, dass es im Nordirak sieben bis acht Millionen Kurden gebe, die unter der Kriegssituation leiden. Ghobadi versteht sich als Sprachrohr dieser Familien.

Alle zwei, drei Jahre ein neuer Krieg

Der Regisseur bringt es auf den Punkt: "Die Kurden sind müde, müde von all diesen Kriegen, mit denen ihr Land überzogen wurde. […] Ich persönlich habe kein Vertrauen, nicht zu amerikanischen und nicht zu europäischen Politikern." Für ihn sei klar, dass niemandem an den Kurden und an den einfachen Menschen gelegen sei. "Man redet von 183.000 Kurden, die in 20 Jahren Opfer dieser Kriege wurden", sagt Ghobadi.

Ende Mai nun wird in Europa und Amerika Bhaman Ghobadis neuer Film "Marooned in Iraq"

Filmszene 'Verloren im Irak'

​​starten. Es geht darin um den früheren Krieg zwischen Irak und Iran und um den Aufstand der Kurden, der von Saddams Truppen blutig niedergeschlagen wurde. Auch der Giftgasangriff auf kurdische Dörfer ist Thema des Films. Der 33-jährige Bahman Ghobadi hat selbst als Kind die Bombardements der Irakis erlebt. Während acht zerstörerischer Kriegsjahre wurde fast seine gesamte Familie ausgelöscht.

Leben wie im Computerspiel

Zynisch beschreibt Ghobadi den kurdischen Alltag: "Die Kinder in Kurdistan haben Krieg live. Das was Eure Kinder in Computerspielen oder im Kino sehen, dafür brauchen unsere nur vor die Tür zu gehen." Aber vielleicht leben die Kurden ja in einem Film? – fragt sich der Regisseur. Und dass amerikanische Politiker wie Hollywood Regisseure sind, davon ist er auch überzeugt: "Wenn sie merken, dass ein Streifen sich verkauft, dann drehen sie die nächste Folge. Und der Held darf nicht sterben, damit man mit ihm noch Geld verdienen kann. Saddam haben sie jetzt drei Mal spielen lassen."

Ghobadi sagt, er wolle in seinem neuen Film "Marooned in Iraq" zeigen, was die Tragödie des ewigen Kriegs für das größte staatenlose Volk dieser Erde, nämlich die Kurden, bedeute. Er hat einen sehr beschwingten, fast könnte man sagen chaplinesken Streifen gedreht. Voller Musik, Witze, seltsamer Typen.

Mit Musik und Humor gegen den täglichen Schrecken

Und obwohl im Hintergrund ständig das Geräusch von Bombern zu hören ist, obwohl die Leute weinen und über Tote Verwandte klagen, zeigt er keine einzige Leiche. Ghobadi sagt, er wollte einen poetischen Film drehen und erklärt: "Wir Kurden haben zwei Dinge entdeckt, die uns vor Schmerz und dem Leid schützen: Musik und Humor. Denkt nicht, dass wir tanzen und Witze machen, weil es uns so gut geht. Nein: weil es unsere einzige Rettung ist."

Brigitte Neumann

Quelle: DW-online; © 2003 Deutsche Welle