Tausende an Jahrestag der "Hirak"-Protestbewegung in Algerien auf der Straße

Algier. Mit friedlichen Protesten haben tausende Demonstranten in Algerien den zweiten Jahrestag der "Hirak"-Protestbewegung begangen. In der Hauptstadt Algier gab es am Montag den größten Protestzug seit März vergangenen Jahres, als die "Hirak"-Proteste durch die Corona-Krise gestoppt worden waren. Die Versammlungen endeten friedlich, Aktivisten meldeten jedoch landesweit mindestens 59 Festnahmen.



Auch in anderen algerischen Städten gab es Demonstrationen, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten, darunter in Annaba, Oran und Setif. In Algier kündigten Studenten beim Abschluss der Demonstration am Nachmittag an, ab Dienstag wieder wöchentliche Protestversammlungen abhalten zu wollen.



Die algerische Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Sie errichtete laut Augenzeugen Straßensperren auf mehreren Zufahrtsstraßen nach Algier. Über der Stadt war das Kreisen von Hubschraubern zu hören. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Nationales Komitee für die Befreiung von Gefangenen (CNLD) wurden allein in der Hauptstadt 26 Menschen festgenommen.



Die "Hirak"-Protestbewegung hatte am 22. Februar 2019 begonnen und zum Sturz des langjährigen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika geführt. Ihre Anhänger fordern eine grundlegende Änderung des politischen Systems, das seit der Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich im Jahr 1962 besteht. Auch der amtierende Präsident Abdelmadjid Tebboune gilt vielen Algeriern als Vertreter der alten Elite.



Tebboune ordnete am Sonntag angesichts wieder aufkeimender Proteste die Auflösung der Nationalversammlung an und machte damit den Weg für eine Neuwahl des Parlaments frei. Zudem wurden seit Donnerstag fast 40 Demokratie-Aktivisten aus dem Gefängnis entlassen.



Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf den Behörden in einem am Montag veröffentlichten Papier eine koordinierte Strategie vor, um Regierungskritiker zum Schweigen zu bringen. Dies habe eine Untersuchung von 73 Fällen ergeben, in denen Aktivisten "willkürlich festgenommen" und verfolgt worden seien, erklärte die Amnesty-Vize-Regionaldirektorin für Nahost und Nordafrika, Amna Guellali. (AFP)