Entsetzen über Angriff auf Salman Rushdie

Nach der Messerattacke auf Salman Rushdie ist die Bestürzung groß. Offen ist die Frage, ob die Tat in Zusammenhang mit der über 30 Jahre alten Fatwa steht, mit dem der Iran zur Tötung des Autoren der «Satanischen Verse» aufrief.



Frankfurt a.M./New York. Der Messerangriff auf den Schriftsteller Salman Rushdie hat international Entsetzen ausgelöst. Autorenkollegen aus aller Welt zeigten sich in den sozialen Medien bestürzt, auch aus der Politik kamen klare Aufrufe zu Widerstand gegen Hass und Hetze. Rushdie war am Freitag bei einem Auftritt in der Chautauqua Institution in New York von einem Mann mit dem Messer attackiert worden. Der Angreifer verletzte den 75-Jährigen Medienberichten zufolge unter anderem mit Stichen in Hals und Bauch.



Der Tatverdächtige, ein 24 Jahre alter US-Bürger, wurde festgenommen. Näheres zu den möglichen Hintergründen der Tat war zunächst nicht bekannt. Vor rund 30 Jahren hatte Rushdie nach der Veröffentlichung seines Buchs «Die satanischen Verse» Todesdrohungen erhalten: Im Iran war eine Fatwa gegen ihn veröffentlicht worden, die zur Tötung des Autors aufforderte. Rushdie hatte untertauchen müssen.



«Was für eine abscheuliche Tat!», twitterte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach der Attacke. Die Welt brauche Menschen wie Rushdie, «die sich vom Hass nicht einschüchtern lassen und furchtlos für die Meinungsfreiheit eintreten». Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte auf Twitter: «Wer diesen Mordanschlag nun auch noch rechtfertigt, verbreitet nichts anderes als Hass und Extremismus. Wer an ein friedliches Zusammenleben glaubt, muss sich dem klar und konsequent entgegenstellen.» In iranischen Zeitungen war der Angriff am Wochenende laut internationalen Medien teils gefeiert worden.



Rushdie wurde mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht, wie die «New York 'Times» meldete. Nach einer mehrstündigen Operation teilte der Agent des Autors, Andrew Wylie, der Zeitung zufolge mit, dass Rushdie beatmet werde und nicht sprechen könne. Rushdie werde vermutlich auf einem Auge nicht mehr sehen können, die Nerven in einem Arm seien durchtrennt und die Leber sei von einem Stich getroffen und geschädigt. Bis zum Sonntag konnte Rushdie laut US-Medienberichten wieder sprechen und war nicht mehr an ein Beatmungsgerät angeschlossen.



«Wir sind zutiefst schockiert über den Angriff auf Rushdie», erklärte das PEN-Zentrum Deutschland. Salman Rushdie lebe für die Freiheit des Wortes seit nunmehr dreißig Jahren unter Todesbedrohung. Einen solchen Anschlag auf sein Leben habe es bislang jedoch nicht gegeben. Als Zeichen der Solidarität mit «diesem mutigen Kämpfer für die Freiheit des Wortes» werde Rushdie Ehrenmitglied von PEN Deutschland, kündigte Generalsekretärin Claudia Guderian am Sonntag an.



Kulturstaatsministerin Claudia Roth sprach von einem «Angriff auf die Freiheit der Literatur, Freiheit des Denkens». Dabei sei aber klar: Es klebe Blut an den Händen, nicht nur des Attentäters, «sondern auch und ganz besonders an denen des iranischen Regimes, das bis heute an der schrecklichen Fatwa gegen ihn festhält». Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte in der «Bild am Sonntag», für die Bluttat trügen auch die Verantwortung, die Rushdie seit Jahrzehnten verfolgt und mit dem Tod bedroht hätten.



US-Präsident Joe Biden und First Lady Jill Biden erklärten am Samstag, sie beteten für Rushdies Genesung. Der Schriftsteller stehe für die «universellen Ideale Wahrheit, Mut und Widerstandsfähigkeit». UN-Generalsekretär António Guterres betonte, Gewalt sei niemals gerechtfertigt als Antwort auf gesprochene oder geschriebene Worte.



Der mutmaßliche Täter Hadi M. wurde nach Berichten der «New York Times» am Samstag einem Richter in Mayville in New York vorgeführt. Ihm wird versuchter Mord zweiten Grades vorgeworfen. Der Verteidiger des Mannes erklärte, sein Mandant plädiere auf nicht schuldig. Am Wochenende mehrten sich auch die Fragen über möglicherweise unzureichende Sicherheitsvorkehrungen. (epd)