Expertin: Koranverbrennungen bringen Christen im Irak in Gefahr

Bonn. Koranverbrennungen in Europa können Christinnen und Christen in anderen Ländern in Gefahr bringen: Das müsse allen bewusst sein, die sich an solchen Taten beteiligen, erklärte die Menschenrechtsexpertin des Hilfswerks missio, Katja Voges, im Interview des Portals katholisch.de (Wochenende). Solche Aktionen gefährdeten das mühsam erarbeitete Vertrauen zwischen den Konfessionen.



Das gelte umso mehr, als die Gewalt etwa im Irak zuletzt zurückgegangen sei. "An vielen Stellen haben interreligiöse Dialoge begonnen, um dem Misstrauen zu begegnen", sagte Voges. "Gerade in dieser fragilen Annäherungssituation fürchten wir, Aktionen wie die Koranverbrennungen könnten das neu gewonnene Vertrauen ins Wanken bringen."



Kritik an Religion müsse möglich sein, betonte die Expertin. "Aber diese Aktionen gehen zu weit, weil sie die Eskalation bewusst in Kauf nehmen." Auch dürfe niemand rote Linien übertreten mit dem Argument, dass es ohnehin Extremismus in der Gesellschaft gebe.



Rechte Kräfte inszenierten sich oft als "Verteidiger der Christenheit und der Religionsfreiheit", fügte Voges hinzu. Der irakische Geflüchtete, der jüngst in Stockholm einen Koran geschändet hatte, ordne sich beispielsweise der dortigen rechtspopulistischen Regierungspartei zu. Dieses Bild falle jedoch in sich zusammen, "wenn deutlich wird, dass ihr Handeln Christinnen und Christen im Irak oder anderswo schadet."



Zudem interpretierten Rechtspopulisten und Rechtsextreme hierzulande Religionsfreiheit als das Recht auf den Schutz von Religion - ähnlich wie islamistische Gruppen. "Aber es handelt sich vielmehr um ein Freiheitsrecht des Einzelnen", erklärte die Expertin. "Jeder Mensch genießt das Recht, seinen individuellen Glauben zu praktizieren und zu wechseln. Auch die Ablehnung des religiösen Glaubens durch den Einzelnen wird durch die Religionsfreiheit geschützt."



Verbrennungen und das Trampeln eines irakischen Geflüchteten auf der Heiligen Schrift der Muslime hatten zuletzt für Unruhen und diplomatische Spannungen gesorgt. Die Regierungen in Schweden und in Dänemark prüfen Medienberichten zufolge Möglichkeiten, Schändungen des Korans zu verbieten. (KNA)