Weltorchester mit beeindruckender Botschaft 

Die Musiker des kanadischen Ensembles Kuné stammen aus vielen Kulturen. Ihr neues Album enthält eine Sammlung großartiger Stücke. In allen kommt die Sorge um die Zukunft des Planeten zum Ausdruck.
Die Musiker des kanadischen Ensembles Kuné stammen aus vielen Kulturen. Ihr neues Album enthält eine Sammlung großartiger Stücke. In allen kommt die Sorge um die Zukunft des Planeten zum Ausdruck.

Die Musiker des kanadischen Ensembles Kuné stammen aus vielen Kulturen. Ihr neues Album enthält eine Sammlung großartiger Stücke, in denen die Sorge um die Zukunft des Planeten zum Ausdruck kommt. Von Richard Marcus 

Von Richard Marcus

Die Mitglieder des in Toronto ansässigen Ensembles Kuné kommen aus der ganzen Welt: aus Europa, China, Süd- und Nordamerika, Afrika und dem Nahen Osten

Was verbindet eine Métis (Alyssa Delbaere-Sawchuk, Violine) – eine Person, meist aus den kanadischen Prärieprovinzen, mit indigener und europäischer Abstammung – mit Musikern aus dem Irak (Ahmed Moneka, Darbuka und Gesang) oder Burkina Faso (Salif Sanou, Gesang, Djembe, Ngoni, Peul-Flöte und Tama)? Offenbar eine ganze Menge, wie die jüngste Veröffentlichung des Ensembles, "Universal Echoes“, zeigt. 

Aline Morales (Gesang und Percussion), Demetri Petsalakis (Gitarre und Oud), Dora Wang (Dizi, Xiao und Altflöte), Luis Deniz (Altsaxofon), Matias Recharte (Schlagzeug und Percussion), Paco Luviano (akustischer und elektrischer Bass), Padideh Ahrarnejad (Tar) und Selcuk Suna (Gesang, Klarinette und Tenorsaxofon) vervollständigen das Line-up dieser bemerkenswerten Gruppe, die sich selbst als Kanadas "Weltorchester“ bezeichnet. 

Sensibilisierung für die Gefahren des Klimawandels 

"Kuné“ ist ein Wort aus der Kunstsprache Esperanto, und verdankt sich dem Versuch, eine universelle Sprache zu schaffen. Es bedeutet "gemeinsam“. Der Name steht sinnbildlich für die Gruppe, die diese Reihe von unterschiedlichen Individuen zu einer Einheit werden lässt.

Die Musiker aus verschiedenen Traditionen und Kulturen verbindet die gemeinsame Sorge um die Zukunft unseres Planeten. "Universal Echoes“ ist kein Album mit Songs, die für sich alleine stehen, sondern eine Komposition aus zwölf Stücken, die als Reaktion auf den sich verschlechternden Zustand des Weltklimas entstanden sind. 

 

 

Zehn der Stücke tragen jeweils den Begriff für eines der vier Hauptelemente des Planeten im Titel: Feuer, Wasser, Luft und Erde. In der Sammlung von Songs geht es jedoch nicht darum zu klagen, was mit uns geschehen wird. Die Texte behandeln eine Reihe von Themen rund um den Klimawandel, die so vielfältig sind wie die musikalischen Wurzeln der Gruppe. 

Die vier Elemente 

"Sarena“, der Eröffnungstrack des Albums, ist dafür ein perfektes Beispiel. Der Klimawandel entwickelt sich schnell zu einem wesentlichen Grund, warum Menschen zu Flüchtlingen werden, wie die Band in ihren Anmerkungen zu diesem Musiktitel feststellt. Überschwemmungen und extreme Hitze tragen dazu bei, dass eine Gegend unbewohnbar werden kann.



"Sarena“ erzählt von der Erfahrung, sich selbst entwurzeln zu müssen und in ein anderes Land zu ziehen. Selbst wenn am Ende alles gut ausgeht, bedeutet das nicht, es gäbe kein Bedauern. 

Der Song spiegelt diese Eindringlichkeit sowohl textlich als auch musikalisch wider. Gemeinsam von dem Iraker Moneka und der Brasilianerin Morales komponiert wird der Song von beiden sowohl auf Arabisch als auch auf Portugiesisch gesungen: "Vom Bug des Bootes aus sah ich / eine Meerjungfrau singen / es war ein Lied / es war Traurigkeit / es war eine Salzträne / Sie gingen, ohne sich zu verabschieden / Sie verließen ein leeres Zuhause.“

Wie passend, dass es im nächsten Song der CD um Wasser geht. "Agua“ wurde von Morales geschrieben und ist fest verankert in der Geschichte der Indigenen Brasiliens. Morales erzählt in den Anmerkungen zum Track, dass sie Leminiua, der brasilianischen Göttin des Meeres, immer dankt, wenn sie auf dem Wasser fährt.



Das Lied preist die Gaben, die das Wasser uns allen schenkt: "Es wäscht und reinigt (Wasser) / Das Geheimnis des Lebens (Wasser) / Stillt meinen Durst (Wasser) / Meine reine Freude (Wasser).“ Mit seiner fröhlichen und aufmunternden Musik ist dieser Song eine wahre Hommage an das Wasser und lässt einen darüber nachdenken, wie schrecklich eine Welt ohne das Leben im Meer wäre. 

Nach drei Titeln über die lebensspendende Natur des Wassers wendet sich das Album einem anderen Element zu: dem Feuer. Während sich die Wasser-Songs direkt auf Gaben beziehen, die wir von diesem Element erhalten, ist der Feuer-Song eher allegorischer Natur. 

 

 

Laut Texter und Leadsänger Moneka geht es hier um das Feuer, das in unseren Herzen brennt, das Feuer, das durch den Schmerz des Rassismus entzündet wird, das aus Wut und Trauer entsteht. "Tränen rollen über meine Wangen / Ein Unglück wie das meine / Hat noch nie eine Seele getroffen / Das Feuer hat meinen Freund erwischt / Und eine Narbe hinterlassen / Die Wunde in meinem Herzen.“ 

Der brennende Hass des Rassismus 

Schon als arabischer Flüchtling in Nordamerika hat Moneka wahrscheinlich einiges an direktem oder indirektem Rassismus erlebt. Was seinem Song über die Macht des Hasses, uns zu verbrennen, zusätzliche Tiefe verleiht, ist jedoch seine Vergangenheit. Er und seine Familie waren gezwungen, aus dem Irak zu fliehen. Er hatte Todesdrohungen erhalten, weil er in einem Film den einen Part eines schwulen Paares dargestellt hatte. Wie der Song andeutet, brennt diese Art von Hass tiefe Löcher in die Seele eines Menschen. 

In "Wind II“ und "Erde III“ greifen der Autor Sanou (Burkina Faso) und die Autorin Ahrarneiad (Iran) auf spirituelle Traditionen zurück, um ihre Verbindungen zu den einzelnen Elementen hervorzuheben. Sanou beschreibt, wie die Gaben, die uns der Schöpfer gegeben hat, verschwinden.



Es liegt auf der Hand, dass die Menschheit die Schöpfung nicht respektiert, denn sie plündert ihre Schätze. Damit entfernt sich Sanou weit von all denen, die Religion als Vorwand nutzen, um die Welt auszubeuten. 

Ahrarneiad hat ein Zikr geschaffen – die Musik, die von Sufis verwendet wird, um durch die Wiederholung der Namen Gottes in einen tranceartigen Zustand zu gelangen. Bei den Sufis geht es darum, sich in eine Stimmung zu versetzen, die es ihnen ermöglicht, sich direkt mit Gott zu verbinden.

Ahrarneiads Song soll uns dagegen helfen, uns wieder mit unserem inneren Kern zu verbinden, um einen Weg durch die Prüfungen unserer Zeit zu finden, damit wir mit den Füßen fest auf dem Boden bleiben – verbunden mit der Erde. 

Ein Appell zur Sorge für den Planeten

Der Text für den letzten Song des Albums, "Zendeghi“, stammt von dem iranischen Dichter Sohrab Sepehri, der 1980 an Krebs starb. Ahrarneiad, die die Musik für dieses Stück schrieb und selbst eine Krebsbehandlung durchmachen musste, meint, dass die Verseuchung des Planeten auch den menschlichen Körper krank macht. 

Der Text des Gedichts ist ein eindringlicher Appell an die Menschheit, für den Planeten zu sorgen, sich den gegenwärtigen Problemen zu stellen: "Das Leben findet nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft statt / die Zukunft ist eine Vision und die Vergangenheit eine Lektion / Leben ist Glück, aber manchmal vergessen wir es / Leben heißt Verstehen und Gegenwärtigsein." 

Die Band Kuné existiert schon seit einigen Jahren und "Universal Echoes“ zeigt beispielhaft, wie eng das Ensemble zusammengewachsen ist. Schön und intelligent sind nicht nur die Texte der Songs, auch die Musik ist eine fantastische Mischung aus Klängen und Rhythmen. Irgendwie schafft diese Melange aus Klängen und Kulturen der ganzen Welt eine Sprache, die wir alle verstehen.



Man könnte sogar sagen, dass Kunés Auftritte ein lebendiges, atmendes Beispiel für den Geist des Esperanto sind. Dieses Album enthält wunderbare Musik und eine eindringliche Botschaft, die Menschen auf der ganzen Welt ansprechen wird. 

Richard Marcus

© Qantara.de 2023