Menschenrechtler sprechen in Äthiopien von Kriegsverbrechen

Göttingen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) zeigt sich angesichts der Lage in Äthiopien alarmiert. Eine gewaltsame Besetzung der Stadt Mekelle käme einer kollektiven Bestrafung der Bevölkerung gleich, die nach dem Völkerrecht verboten sei, warnte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag in Göttingen. "Auch Tigrays Regionalregierung begeht Kriegsverbrechen, wenn sie die Zivilbevölkerung am Verlassen der belagerten Stadt hindert", mahnte GfbV-Direktor Ulrich Delius.



Die Menschenrechtler fordern einen sofortigen Waffenstillstand und Verhandlungen zu einer politischen Lösung des Streits zwischen der Region Tigray und der Zentralregierung Äthiopiens. Am Mittwoch endet ein 72-stündiges Ultimatum zum Verlassen der Stadt, das Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed Ali am vergangenen Sonntag verkündet hatte.



Der Weltsicherheitsrat müsse in seiner Dringlichkeitssitzung zum Konflikt in dem afrikanischen Land den Schutz der Bevölkerung betonen, so die GfbV weiter. Kriegsverbrechen müssten strafrechtlich geahndet werden. "Das Leiden der Zivilbevölkerung in diesem Machtkampf darf nicht länger ignoriert werden. Zusicherungen Äthiopiens, Zivilisten zu schonen, sind weder glaubwürdig noch realistisch", sagte Delius.



Anfang November brach in der nord-äthiopischen Region Tigray ein militärischer Konflikt zwischen der Regierung in Addis Abeba und der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) aus. Der Konflikt gefährdet die Zivilbevölkerung und hat laut internationalen Organisationen zu erheblichen Fluchtbewegungen auch in den Sudan geführt. Zuletzt hatte die Bundesregierung eine Aufstockung der humanitären Hilfe für das Land angekündigt. (KNA)