Mehr deutsche Rüstungsexporte genehmigt - umstrittene Geschäfte mit Ägypten

2019 war ein Rekordjahr für die deutschen Rüstungsexporteure mit genehmigten Lieferungen von mehr als acht Milliarden Euro. Kann sich das wiederholen? Angesichts der Corona-Krise ist das eher unwahrscheinlich, aber im ersten Quartal lief das Geschäft noch. Von Michael Fischer

Die Bundesregierung hat in den ersten drei Monaten dieses Jahres etwas mehr Rüstungsexporte genehmigt als im Vorjahreszeitraum. Der Wert der erlaubten Lieferungen lag von Januar bis März bei 1,16 Milliarden Euro und damit 45 Millionen Euro höher als im ersten Quartal 2019. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Sevim Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Deutlich gestiegen ist der Anteil der besonders heiklen Exporte an sogenannte Drittstaaten, die nicht der EU oder der Nato angehören oder diesen Ländern gleichgestellt sind wie etwa Australien. Er lag im ersten Quartal 2020 bei 53 Prozent, im Vorjahreszeitraum waren es 35 Prozent.

Das Wirtschaftsministerium erklärt den Anstieg in seiner Antwort mit einzelnen großvolumigen «Genehmigungen im maritimen Bereich». Damit dürften vor allem U-Boot-Lieferungen an Ägypten gemeint sein. Das nordafrikanische Land war im ersten Quartal mit einem Auftragsvolumen von 290,6 Millionen Euro die Nummer eins unter den Empfängern deutscher Waffen und Ausrüstung.

Erst in der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung bekanntgegeben, dass die Lieferung eines dritten von insgesamt vier U-Booten für das von Präsident Abdel Fattah al-Sisi mit harter Hand regierte Land genehmigt ist. Am Donnerstag wurde die 62 Meter lange «S 43» mit ihren acht Torpedorohren von ThyssenKrupp Marine Systems in Kiel übergeben. Der Gesamtauftrag soll Schätzungen zufolge eine Milliarde Euro wert sein.

Ägypten war bereits im vergangenen Jahr mit genehmigten Rüstungsgeschäften für 802 Millionen Euro drittbester Auslandskunde der deutschen Hersteller. Die Lieferungen an das nordafrikanische Land sind allerdings aus drei Gründen umstritten: 

- Das Land steht wegen massiver Einschränkungen der Meinungsfreiheit in der Kritik. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch geht davon aus, dass es seit Al-Sisis Amtsantritt im Jahr 2014 schon mehr als 60.000 Festnahmen aus politischen Gründen gab. Außenminister Heiko Maas mahnte bei einem Besuch in Kairo im Oktober an, dass die Menschen sich dort auf gewisse Rechtsstandards berufen und «die Luft der Freiheit atmen» können sollen.

- Ägypten ist Teil der von Saudi-Arabien geführten Allianz, die seit fünf Jahren im Jemen gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. Die Bundesregierung hat gegen Saudi-Arabien unter anderem wegen dieses Krieges einen Rüstungsexportstopp verhängt. Ägypten spielt in dem Konflikt aber nur eine nachrangige Rolle.

- Ägypten zählt zu den Ländern, denen andauernde Verstöße gegen das Waffenembargo für Libyen vorgeworfen wird. Obwohl sich das Land im Januar zusammen mit 15 anderen Staaten und Organisationen beim Berliner Libyen-Gipfel zu einer Einhaltung des Embargos bekannt hat, soll es nach UN-Angaben auch danach weiter Waffen in den Bürgerkrieg im Nachbarland geliefert haben.

Hinter Ägypten lagen bei den wichtigsten Empfängerländern deutscher Rüstungsgüter in den ersten drei Monaten des Jahres die USA mit 161,1 Millionen Euro und Großbritannien mit 148,0 Millionen Euro. Die Steigerung des Gesamtwerts lässt noch keinen Aufschluss auf das Jahresergebnis zu, da die Zahlen sehr stark schwanken. So wurde 2019 der größte Teil der Geschäfte erst im zweiten Quartal genehmigt. Am Ende stand dann der Rekordwert von 8,015 Milliarden Euro. Dass diese Marke in diesem Jahr wieder erreicht werden kann, gilt schon wegen der Corona-Krise als unwahrscheinlich.

Die Linken-Außenpolitikerin Dagdelen forderte, die Pandemie zum Anlass zu nehmen, die Waffenexporte komplett zu stoppen und die Rüstungsindustrie auf die Produktion ziviler Güter wie medizinische Geräte umzustellen. «Es ist Zeit, für das Leben statt für den Tod zu produzieren», sagte sie. (dpa)