Zusammenarbeit der Religionen
Mit Respekt gegen Terror und Gewalt

Das Projekt "House of One" von Juden, Christen und Muslimen in Berlin soll nach langen Vorarbeiten Anfang 2021 konkret werden. Nach dem Terroranschlag von Wien sehen sich die Repräsentanten der drei Weltreligionen in besonderer Weise herausgefordert. Von Christoph Strack

Nun sollen bald die Bagger rollen. Seit mehr als zehn Jahren wird die Idee eines gemeinsamen repräsentativen Baus der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam in Berlin geplant, diskutiert, beworben.

In gut zwei Monaten, im Januar 2021, sollen die Bagger die Baugrube ausheben, wie der Verwaltungsdirektor der Stiftung "House of One", Roland Stolte, ankündigte. Damit wird nach einigen Verzögerungen, zuletzt wegen der Corona-Pandemie, das Projekt im Herzen des alten Berlin angegangen.

Stolte äußerte sich bei der ersten Sitzung eines 20-köpfigen Stiftungskuratoriums des "House of One", die der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) leitete. Unter den 20 Mitgliedern sind neben prominenten Vertreterinnen und Vertretern der drei Religionen herausragende Repräsentanten der Berliner Kulturlandschaft: der Generalintendant des Humboldt-Forums, die Direktorin des Jüdischen Museums, der Intendant des Deutschen Theaters, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Intendant des Hauses der Kulturen der Welt. Das ist für die deutsche Hauptstadt, in der es nicht häufig Berührungspunkte von Religion und Kultur gibt, bemerkenswert.

"Wo, wenn nicht hier?"

Bürgermeister Müller zeigte sich "sehr begeistert von der Idee" des interreligiösen Projekts. "Wo, wenn nicht hier?", meinte er. Das "House of One" werde als Element der Begegnung eine "große Bereicherung" für die Stadt sein.

Dabei ist das in dieser Form weltweit einzigartige Projekt im Herzen der Stadt angesiedelt. Dort, wo seit Jahren die sechsspurige Leipziger Straße zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz an Bauzäunen und Brache vorbeiführt. Denn dort war einst die Mitte des alten Berlin, dort stand über 700 Jahre lang die für die Geschichte des frühen Berlin wichtige Petrikirche.

Berlin - geplantes Projekt House of One; Foto: House-of-one.org/KuehnMalvezzi
Nach mehr als zehn Jahren Vorbereitungszeit sollen in gut zwei Monaten, im Januar 2021, die Bagger die Baugrube in Berlin ausheben, wie der Verwaltungsdirektor der Stiftung "House of One", Roland Stolte, ankündigte. Das repräsentative Gebäude im Zentrum Berlins wird drei Räume rund um einen zentralen Begegnungsraum bieten. Nach oben soll der Bau 40 Meter in den Himmel wachsen und damit ein Symbol des Miteinanders sein.

In fünf Jahren soll sich über den archäologischen Resten dieses Gotteshauses ein gemeinsames Domizil von Christen, Juden und Muslimen mit Kirche, Synagoge und Moschee erheben. Drei Räume rund um einen zentralen Begegnungsraum. Nach oben soll der Bau 40 Meter in den Himmel wachsen und damit Symbol des Miteinanders sein. Die geplanten Baukosten liegen bei 43,5 Millionen Euro und sind zum größten Teil schon gesichert.

Nach blutigen Attacken

Die Kuratoriumssitzung fand virtuell statt, "ohne netten Rahmen, ohne Empfang", wie Müller sagte. "Aber wir wollten sie nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben." Dass es drängt, zeigten zahlreiche kurze Redebeiträge der Kuratoriumsmitglieder. Die globalen Konflikte wie die Morde in Dresden, in Paris, in Nizza, bei denen junge Islamisten töteten, klangen bei nachdenklichen Beiträgen durch. Der Direktor der Katholischen Akademie in Berlin, Joachim Hake, plädierte für einen ernsten und offenen Dialog der Religionen in Freundschaft: "Wir haben diese Art von Gesprächskultur bitter nötig angesichts der identitätspolitischen Verschärfungen."

Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide aus Münster hofft auf theologische Anstöße, die den Islam von seinem Anspruch auf Exklusivität wegbrächten. Imam Kadir Sanchi vom "House of One" sagte, Muslime stünden in besonderer Verantwortung. Ihre Religion werde "instrumentalisiert". Das "House of One" wolle junge Leute vor Extremismus schützen und Präventionsarbeit voranbringen. "Wir setzen gegenseitigen Respekt und Nächstenliebe gegen Terror und Gewalt", sagte auch der Berliner Rabbiner Andreas Nachama, der wichtigste jüdische Geistliche bei dem Vorhaben.

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