Wiederaufbau und humanitäre Hilfe im Nordirak
100 Rollstühle für Mossul

Auch nach der Befreiung von der IS-Terrormiliz liegen große Teile Mossuls noch immer in Trümmern. Deutschland beteiligt sich gleich in mehrfacher Hinsicht am Wiederaufbau der nordirakischen Stadt. Aus Mossul berichtet Birgit Svensson.

"Als erstes will ich Brücken bauen, sie sind fast alle zerstört." Najim Abdullah al-Jubouri ist der neue Gouverneur der Provinz Ninewa im Norden Iraks mit der Hauptstadt Mossul und erst seit vier Wochen im Amt. Der 63-jährige Feldmarschall der irakischen Armee war an der Befreiung von Iraks ehemals zweitgrößter Stadt aus den Klauen der Terrormiliz IS maßgeblich beteiligt. Jetzt soll er den Wiederaufbau der völlig zerstörten Stadt organisieren. Eine Herkulesaufgabe.

"Es gibt gewaltige Schäden in Mossul nach dem Kampf gegen den IS, die Stadt hat einen Riesenbedarf für den Wiederaufbau." Jubouri informiert, dass erst wieder rund eine Millionen Menschen in der Stadt leben. Früher waren es über zwei Millionen. Viele leben noch in Lagern oder in den Kurdengebieten. "Doch die irakische Regierung lässt uns hängen", fügt der Gouverneur resigniert hinzu. Bagdad habe gerade einmal einhundert Millionen US-Dollar für die gesamte Provinz Niniveh gezahlt. "Das ist nichts", sagt Al-Jubouri.

Von der Zentralregierung im Stich gelassen

Faris Naeem al-Janaby hat in den letzten Jahren, seit Mossul von den IS-Dschihadisten befreit wurde, insgesamt 1.507 Häuser restauriert, renoviert, eigentlich geflickt, wie er sich ausdrückt. Das Geld dafür kam jedoch nicht aus Bagdad, sondern aus Deutschland. Es klingt ein bisschen resigniert, wenn Faris sagt, dass er nur etwa 3.300 US-Dollar pro Haus zur Verfügung hatte. "Das ist wenig für das Ausmaß der Zerstörung".

Oft habe er die Menschen enttäuschen müssen, wenn er ihnen sagte, sie könnten nur ein Zimmer wieder herstellen oder zwei. Manchmal war es nur das buchstäbliche Dach über dem Kopf, das durch Luftangriffe zerstört wurde. Manchmal die Eingangshalle, die durch eine Autobombe kaputt ging. Doch wollte er möglichst vielen helfen.

Blick auf die zerstörte Al-Nuri-Moschee von Mossul; Foto: DW
Schatten der Vergangenheit: Die zerstörte Al-Nuri-Moschee von Mossul. Große Teile der Altstadt von Mossul sind noch immer stark beschädigt, da die Kämpfe gegen den "Islamischen Staat" (IS) vor allem dort stattfanden. Wo früher Häuser standen, liegen jetzt Schutthaufen.

Der irakische Bauingenieur aus Bagdad wird melancholisch, wenn er das Leid und die Verzweiflung der Menschen beschreibt, mit denen er es zu tun hatte. "Im Osten Mossuls geht es noch", meint er, "dort waren etwa 20 Prozent der Häuser zerstört". Im Westen, wo die Altstadt wochenlang von der Terrormiliz IS belagert wurde und heftige Kämpfe tobten, sind es über 80 Prozent.

Der Westen Mossuls ist noch immer ein Trümmerfeld

In einem kürzlich in der US-amerikanischen Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlichten Artikel erfährt man, dass in Mossul 130.000 Häuser zerstört und 90.000 Menschen getötet wurden. Das Ausmaß ist auch heute, zweieinhalb Jahre nach der Befreiung der Stadt von den Dschihadisten, noch sichtbar. Während im Osten langsam wieder Leben einzieht, Geschäfte, Restaurants und die Universität ihren Betrieb aufnehmen, die Leute wieder in ihre Häuser zurückkehren, ist der Westen noch immer ein einziges Trümmerfeld.

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