Wahlsieg der Hindu-Nationalisten in Indien
Eine Politik des "Teile und Herrsche"

Indien liegt im globalen Trend: Mit dem Sieg der Indischen Volkspartei BJP hat sich auch auf dem Subkontinent wieder eine Partei durchgesetzt, die klar im äußersten rechten Lager zu verorten ist und gleichzeitig von nationalen und internationalen Konzernen und Wirtschaftsgrößen hofiert wird. Dominik Müller kommentiert.

Den Preis dafür werden die Angehörigen der Minderheiten bezahlen. Schon während der letzten Legislaturperiode unter Premierminister Narendra Modi (BJP) hatten Lynchmorde an Muslimen und Dalits (ehemals sogenannte "Unberührbare") deutlich zugenommen. Viele blieben ungeahndet, in einigen Fällen wurden die Täter von Politikern der BJP sogar anschließend als Helden gefeiert.

Als sich abzeichnete, dass die Indische Volkspartei BJP unter Narendra Modi abermals die Mehrheit in der Lok Sabha, dem indischen Unterhaus, erringen würde, stieg sofort der Kurs der indischen Rupie und der Börsentitel. Schon die Wahlen 2014 hatten eine Zäsur markiert: Seit dreißig Jahren war es keiner Partei in Indien mehr gelungen, die absolute Mehrheit zu erreichen. Nun konnte die BJP ihren Vorsprung sogar um 21 weitere Parlamentssitze ausbauen: auf 303 von 543 Sitzen.

Dabei war es der Regierung Modi in der letzten Legislaturperiode überhaupt nicht gelungen, die gemachten Wahlversprechen unter dem Motto "Ache Dhin" - "Die guten Tage kommen" zu erfüllen: Die Entwertung eines großen Teils des indischen Bargeldes, Ende 2016 faktisch über Nacht angeordnet und durchgeführt, stürzte vor allem die ärmeren Schichten in große Not.

Der schöne Schein des indischen Jobwunders

Unter der Einführung der Umsatz- und Mehrwertsteuer hatte besonders der Straßenhandel zu leiden, der nach der Landwirtschaft die wichtigste Einkommensquelle der Bevölkerung ist. Die Verschuldung der Landwirte hat weiter zugenommen und gilt als wichtigster Grund für die stetig steigende Zahl der Selbstmorde in Indien. 600 Millionen der 1,3 Milliarden Inder sind unter 25 – aber das ihnen versprochene Jobwunder blieb aus.

Auch die Mobilisierung großer Proteste gegen die Regierungspolitik konnte die Wahl offensichtlich nicht entscheidend beeinflussen: Die großen Bauernproteste im Dezember letzten Jahres und der zweitägige Generalstreik im Januar, an dem sich immerhin etwa 180 Millionen Inder beteiligten.

Wie gelang es also der BJP, die Wahlen dennoch für sich zu entscheiden, obwohl sie noch im Dezember in drei sicher geglaubten Bundesstaaten die Regionalwahlen verloren hatte?

Wahlkampf von Anhängern der BJP im indischen Kalkutta; Foto: IANS
Modi ist überall: Im öffentlichen Raum und in den sozialen Medien ist Narendra Modi omnipräsent. Twitter, Facebook und Whatsapp weiß die BJP besser für sich zu nutzen als jede andere Partei. Vor allem "Network 18" mit seinen Fernsehsendern, Magazinen und Internetseiten wurde zur de facto Propagandamaschine für die BJP.

Erstens durch einen stark personalisierten Wahlkampf, zugeschnitten auf Modi. In den letzten Monaten bestritt er etwa 200 Auftritte, in denen er seine schlechte Performance mit keinem Wort erwähnte und statt auf "Entwicklung" und "Ache Dhin" nun auf "Sicherheit" setzte. Mit solchen Auftritten präsentiert sich der rhetorisch gewandte Premierminister schon immer vorzugsweise in der Öffentlichkeit, während er Interviews mit kritischen Journalisten erst gar nicht zulässt und sich auch nicht den Fragen der Oppositionspolitiker im Parlament stellt.

Narendra Modi als oberster "Wachmann"

Modi stellt sich dabei als obersten "Wachmann" dar, stilisierte zusammen mit seinen Gesinnungsgenossen die hinduistische Bevölkerungsmehrheit als Opfer von Verschwörungen islamischer Kräfte und aus Pakistan gesteuerter Terroranschläge.

Zweitens hat das Mehrheitswahlrecht und die schwache Opposition zum Wahlerfolg beigetragen. Die Mehrheit der 80 Prozent Inder, die der Religion des Hinduismus zugeordnet werden, ist nicht für die BJP: Von 604 Millionen Urnengängern stimmte ein Drittel für die Hindunationalisten. Angesicht der zersplitterten und schwachen Opposition reichte das für die absolute Mehrheit. Die Kongresspartei konnte zwar gegenüber 2014 einige Stimmen hinzugewinnen, blieb jedoch weit entfernt von den Erfolgen vergangener Zeiten.

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