Ute Hempelmann, 24. Januar 2006

zu: Dialoginitiativen im öffentlichen Abseits, von Melanie Miehl

Sehr geehrte Damen und Herren,

aus meiner Erfahrung als freie Journalistin und Pädagogin für den "interkulturellen Dialog" kann ich Frau Miehl nur beipflichten: Berichte über zivilgesellschaftliche Prozesse, den Dialog von Christen oder Muslimen jenseits von "Ehrenmorden" und "Blutrache" sucht man in den Medien nahezu vergeblich. Das ist deshalb besonders ärgerlich für jene, die den Dialog suchen und dabei die Last der Widersprüche, Ängste und Auseinandersetzungen als "Pioniere" auf ihren Schultern tragen, die so ein Dialog nun mal mit sich bringt - scheinbar ein universelles Phänomen, unter dem "Brückenbauer" weltweit zu leiden haben. Ich kenne es von Initiativen in Israel, die den Dialog zwischen Palästinensern und Juden auch in schlimmsten Krisenzeiten aufrechterhalten und dafür als "naiv" oder "verräterisch" beschimpft werden - vorzugsweise aus dem eigenen Lager.

Triebfeder solcher Handlungen sind aus meiner Sicht tief sitzende Ängste all derer, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht reif sind zu einem Dialog und ihre Ängste gern hinter vermeindlich rationalen Aspekten von "Sicherheit" verstecken. Dabei wird übersehen, dass mit Abschottung auch keine Sicherheit erreicht wird. Im Gegenteil: Eine Abschottung schürt psychologische genau die Ängste, die sie eigentlich bekämpfen will (der unbekannte Feind als perfekte Projektionsfläche). Ängste können meiner Ansicht nach dauerhaft nur im Dialog abgebaut werden, zu dem es keine wirkliche Alternative gibt.

Mit herzlichen Grüßen

Ute Hempelmann