Trump, das saudische Regime und der Fall Khashoggi
Abgesang auf die Weltordnung?

Anders als Donald Trump sollten Spitzenpolitiker mit Prinzipien weltweit klar und deutlich erklären, dass der Mord an Jamal Khashoggi vollkommen inakzeptabel ist. Anderenfalls geben wir den Diskurs über bisher geltende Normen und Werte gänzlich auf, argumentiert Ana Palacio in ihrem Essay.

Anfang Oktober betrat Jamal Khashoggi –  Kolumnist der Washington Post und prominenter Kritiker der saudischen Regierung – das saudische Konsulat in Istanbul, um die für die Heirat mit seiner türkischen Verlobten notwendigen Papiere abzuholen. Doch anstatt von der Regierung seines Landes Hilfe zu erhalten, wurde er von ihren Agenten gefoltert, ermordet und zerstückelt.

Dabei handelt es sich um ein schockierendes Verbrechen, das einige ernste Fragen aufwirft, nicht zuletzt im Hinblick auf die angemessene Balance zwischen dem Schutz der Menschenrechte und der Erhaltung lange währender (und lukrativer) Allianzen. Auf einer grundsätzlicheren Ebene hat die schiere Unverfrorenheit mit der die saudische Regierung Khashoggi tötete – von der schwachen Reaktion westlicher Spitzenpolitiker ganz zu schweigen – den Menschen auf der ganzen Welt vor Augen geführt, wie eiskalt bei geopolitischen Machenschaften wirklich kalkuliert wird.

Die stabilisierende Wirkung geltender Werte und Regeln

Transparenz ist üblicherweise ein Wert, den es zu fördern gilt. In diesem Fall allerdings haben die Enthüllungen ihren Preis. Die Überzeugung, dass Prinzipien, Werte und Regeln in internationalen Beziehungen zumindest von einer gewissen Bedeutung sind, übt stabilisierende Wirkung aus. Wird diese Überzeugung erschüttert - wie etwa durch die Vergiftung des früheren russischen Doppelagenten Sergei Skripal und seiner Tochter im vergangenen Frühjahr auf britischem Boden – beschädigt das auch die Weltordnung in womöglich irreparabler Weise.

Fotomontage: Wladimir Putin (links) und der ehemalige russische Spion Sergei Skripal; Fotos: picture-alliance/AP/A. Nikolsky; picture-alliance/Globallookpress
Gemeinsamer Schulterschluss und Verurteilung Russlands im Fall Skripals: Der frühere russische Spion und seine Tochter waren im letzten März in Großbritannien mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet worden und nur knapp dem Tod entkommen. Großbritannien machte russische Agenten für den Giftanschlag verantwortlich. Die USA, Deutschland, Frankreich und Kanada hatten erklärt, dass sie den britischen Ermittlungsergebnissen voll vertrauten.

Die delegitimierende Wirkung derartiger Vorkommnisse wird durch einen, vom Aufstieg der sozialen Medien geschürten, umfassenderen Verzicht auf Förmlichkeit – wie etwa Kleidervorschriften und Kommunikationsstandards am Arbeitsplatz – verschärft. Da die Konturen unseres öffentlichen und privaten Lebens verschwimmen, geraten Personen des öffentlichen Lebens unter Druck, wie unsere Nachbarn und Kollegen als "real" und "normal" zu erscheinen. Sogar Papst Franziskus hat ein Rock-Album veröffentlicht.

Gefahr Trump

Freilich sind nicht alle dieser Veränderungen unbedingt schlecht. Der Zusammenbruch formaler Strukturen kann Raum für unabhängiges Denken und Innovation schaffen. Gefährlich wird es, wenn kein neues Rahmenwerk als Anleitung für unser Verhalten - und, noch wichtiger, für das unserer Führungspersönlichkeiten – entsteht,  um sicherzustellen, dass es sich an einigen gemeinsamen Werten oder vernünftigen Erwartungen orientiert.

US-Präsident Donald Trump verkörpert diese Gefahr. Seit er die politische Bühne betrat, hat Trump den Erwartungen hinsichtlich dessen, wie sich ein US-Präsidentschaftskandidat – und später ein US-Präsident – zu verhalten habe, nicht entsprochen.

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