Noch kein gemeinsamer Weg in Sicht

Seinen ersten Besuch in der syrischen Hauptstadt hatte Frank-Walter Steinmeier im August 2006 noch kurzfristig abgesagt. Nun hat er die Visite nachgeholt. Als einer von wenigen europäischen Spitzenpolitikern sucht er den direkten Kontakt zum Regime in Damaskus. Nina Werkhäuser kommentiert.

Seinen ersten Besuch in der syrischen Hauptstadt hatte Frank-Walter Steinmeier im August 2006 noch kurzfristig abgesagt. Nun hat der deutsche Außenminister die Visite nachgeholt. Als einer von wenigen europäischen Spitzenpolitikern sucht er den direkten Kontakt zum Regime in Damaskus. Nina Werkhäuser kommentiert.

Frank-Walter Steinmeier mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Asad; Foto: AP
Lässt sich Syrien von der Stippvisite des deutschen Außenministers beeindrucken oder sogar beeinflussen lassen? - Frank-Walter Steinmeier und der syrische Präsident Bashar al-Asad

​​Als Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Damaskus landete, hatte er im Wesentlichen eines im Gepäck - eine Botschaft der libanesischen Regierung: Syrien möge sich nicht mehr einmischen, auch nicht in die aktuellen Demonstrationen der Hisbollah. So weit, so gut - die Angst vor Chaos, Gewalt und Instabilität im Libanon ist berechtigt.

Aber außer den Appellen zum Libanon und einigen Wünschen zur Situation in den palästinensischen Gebieten hat Steinmeier nicht viel mitgebracht nach Damaskus - und auch nichts mitgenommen. Immerhin, er ist selbst hingefahren, was nur wenige europäische Politiker tun würden, und hat schon allein dadurch hohe Erwartungen geweckt.

Die Aufregung war auch deshalb so groß, weil der Chefdiplomat seinen Besuch im August in letzter Minute verschoben hatte - wegen verbaler Ausfälle von Präsident Assad. Diese Absage wirkte in Diplomatenkreisen wie ein abgebrochener Raketenstart bei der NASA: Die Anspannung schnellte sofort dramatisch in die Höhe. Dabei war der tiefere Grund der heiklen Mission nur schwer erkennbar.

Es war von Anfang an nicht zu erwarten, dass Syrien sich von der Stippvisite des deutschen Außenministers beeindruckt zeigen oder sogar beeinflussen lassen würde. Dem gegenüber stand das Unbehagen der Regierungen in Beirut und Tel Aviv angesichts der deutschen Besuchspläne und die Gefahr, dass Syrien die Reise propagandistisch ausschlachten könnte.

Für Außenstehende fast undurchschaubar sind die Fäden zwischen Damaskus, Beirut und Teheran, der Hisbollah und der Hamas gestrickt - und sie verlaufen auch in wechselseitigen Abhängigkeiten quer durch Syrien. Sie implizieren eine völlig andere Sicht auf die Konflikte in der Region als die Bundesregierung sie hat. Das ist kein Grund, sich nicht zu treffen, aber ein Grund, sich nicht sonderlich gut zu verstehen.

So fiel der Besuch in Damaskus dann auch aus - ein höflicher Austausch von Meinungen und Mahnungen, der auf keinen gemeinsamen Weg führen wird. Es sei denn, die Bundesregierung bekommt in ihrer EU-Ratspräsidentschaft die Chance, positiv auf den Nahost-Konflikt einzuwirken.

Dann kann es von Nutzen sein, sich mit dem syrischen Präsidenten persönlich getroffen und einen Kontakt zu ihm hergestellt zu haben. Weitere strategische Finessen der deutschen Außenpolitik in diese Visite hinein zu interpretieren, wäre zu hoch gegriffen.

Möglicherweise liegt die Wirkung des Besuchs einfach nur darin, dass Steinmeier Flagge gezeigt und einige in Syrien sehr unpopuläre Positionen mit Nachdruck vertreten hat.

Die Rhetorik des syrischen Außenministers nach dem Gespräch ließ jedenfalls nicht erkennen, dass er irgendeinen Gedanken seines deutschen Amtskollegen aufgegriffen hat, sondern war durchtränkt mit einer unilateralen, ausschließlich auf den eigenen Horizont bezogene Sicht der Dinge. Wenn Syrien bei dieser Haltung bleibt, wird es keinen zweiten Besuch in Damaskus geben.

Nina Werkhäuser

© Deutsche Welle 2006

Qantara.de

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