Unruhen auf den Molukken

Zwei Jahre nach dem Friedensabkommen in Indonesien sind die Kämpfe wieder entflammt. Warum kommt der Konfliktherd nicht zur Ruhe? Sybille Golte mit Hintergrundinformationen.

Zwei Jahre nach dem Friedensabkommen in Indonesien sind die Kämpfe wieder entflammt. Warum kommt der Konfliktherd nicht zur Ruhe? Sybille Golte mit Hintergrundinformationen

Muslime tragen einen Ermordeten fort, Foto: AP
Muslime tragen einen Ermordeten fort

​​"Blutige Zusammenstöße zwischen Christen und Muslimen auf den Molukken", "Tote und Verletzte bei Straßenschlachten in der Provinzhauptstadt Ambon" - die Schlagzeilen seit dem 24.4.2004 könnten auch fünf Jahre alt sein.

Am 19. Januar 1999 eskalierte eine harmlose Auseinandersetzung zwischen einem christlichen Busfahrer und einem muslimischen Passagier zu einem blutigen Konflikt der beiden großen Religionsgruppen, dem in den darauf folgenden zwei Jahren mehr als 6000 Menschen zum Opfer fielen.

Wunsch nach Unabhängigkeit

Um diesen und den erneuten Ausbruch von Gewalt zu verstehen, muss man allerdings noch weiter in die Vergangenheit gehen. Die Molukken liegen im Osten des indonesischen Archipels, rund 2500 Kilometer von der Hauptstadt Jakarta entfernt. Bereits im 17. Jahrhundert erreichten die Europäer die Inselgruppe, die wegen ihres Gewürzreichtums schnell bekannt wurde. Die Inseln wurden zum Vorposten der niederländischen Kolonialherren - und später mit Ausrufung der Unabhängigkeit Teil der Republik Indonesien. Schon zu Kolonialzeiten gab es Unabhängigkeitsbestrebungen, die auch nach dem Rückzug der Kolonialherren andauerten. Sie gipfelten 1950 in der Ausrufung der Republik "Maluku Selatan", also der Republik Südmolukken, getragen sowohl von islamischen Sultanaten im Norden wie auch von Christen im Süden der Inselgruppe.

Suharto-Diktatur

Schon damals reagierte die Zentralmacht mit ihrem üblichen Mittel bei Unruhen in den Außenprovinzen: Man entsandte Truppen, die Bewegung wurde blutig niedergeschlagen. Und nicht nur das. Nach den Soldaten kamen Zuwanderer. Im Rahmen eines groß angelegten Zwangsumsiedlungsprojekts, mit dem zu Zeiten der Suharto-Diktatur Menschen aus dem überbevölkerten Java in den äußeren Provinzen angesiedelt wurden, kamen mehr als 100.000 javanische Muslime auf die Molukken.

Seitdem gärt es auf den Gewürzinseln. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen der christlichen und der muslimischen Bevölkerungsgruppe, die früher Jahrhunderte lang friedlich miteinander gelebt hatten. Kurz nach dem Sturz Suhartos 1999 herrschten dann Bürgerkriegsähnliche Verhältnisse. Viele militante Muslime aus ganz Indonesien kamen auf die Inseln, um ihren Glaubensbrüdern beizustehen. So auch Kämpfer der radikalen Organisation "Laskar Jihad". Die Unruhen griffen auch auf die benachbarte Insel Sulawesi über.

Ein Funke reicht

Erst 2002 einigten sich die Konfliktparteien. In einem Friedensabkommen wurde die Entwaffnung aller Zivilisten, die Rückkehr von Flüchtlingen, gemeinsame Sicherheitskräfte und der Aufbau der völlig zerstörten Infrastruktur vereinbart. Doch von wirklichem Frieden blieben die Molukken nach wie vor weit entfernt. Es gab Berichte über Zwangsbekehrungen von Christen durch Muslime, das Misstrauen blieb. Die Bevölkerungsgruppen - etwa 55 Prozent sind muslimisch, 45 Prozent Christen - sind auf Distanz gegangen. Und ein Funke reicht offenbar, um den Hass wieder aufflammen zu lassen.

Sybille Golte

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE