Saudisch-iranischer Konflikt
Der Waffengang der Schlafwandler

Niemandem wird ein Krieg zwischen dem Iran und Saudi-Arabien nutzen – weder Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman noch Irans Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei. Im Gegenteil: Beide Regenten könnten ihre bisherige Macht verlieren. Doch es gibt politische Kreise, die unbedingt einen Krieg wollen. Von Ali Sadrzadeh

Die französische Zeitung "Le Monde" war sein Vorbild: Daher sollte die Qualität und der Einfluss seiner Zeitung stets dem Pariser Beispiel folgen. Und er nannte sie "Keyhan", was im Persischen soviel heißt wie "die Welt", "das Universum", "der Globus".

Der Gründer dieser Zeitung war ein gebildeter Mensch, verstand sich als "Vollblutjournalist", war belesen und kannte sich in der Welt sehr gut aus. Der Zweite Weltkrieg war in Europa in vollem Gange, als in Teheran am 1. Februar 1942 die Zeitung "Keyhan" das Licht der Welt erblickte. Das Weltkriegschaos hatte längst auch den Iran erreicht. Und es schuf viele Freiräume für allerlei Experimente – auch für Journalisten und politische Gruppierungen. Es klingt daher für viele Europäer merkwürdig, wenn Iraner die Vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auch als eine Dekade der Freiheit bezeichnen.

Wahrscheinlich handelte es sich hierbei um Freiheit im Chaos. Diese Phase währte jedenfalls bis 1953. Dann setze auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs ein vom CIA inszenierter Putsch diesem "Frühling der Freiheit und des Chaos" ein Ende. Die USA behaupteten später, der Putsch habe dem "drohenden Kommunismus" im Iran vorgebeugt. Der erste freigewählte Ministerpräsident des Iran wurde jedenfalls gestürzt, was sich im Volksgedächtnis für immer und unauslöschlich einprägte.

Ausgabe "Keyhan" vom 21. Januar 1979
Sprachrohr der Islamischen Revolution im Iran: Die Zeitung "Keyhan" vom 21. Januar 1979 – drei Wochen vor dem Sieg der Revolution – huldigt den noch im Exil lebenden Revolutionsführer Ayatollah Khomeini.

Doch die iranische Tageszeitung "Keyhan" überlebte diesen Putsch. Und sie wurde sogar immer beliebter. Denn zwischen den Zeilen konnte man lesen, wie sich die Blattmacher bemühten, immer mehr Distanz zu den Mächtigen zu gewinnen. Manchmal kamen sogar landesweit bekannte Oppositionelle in der Zeitung zu Wort.

Spiegel der Revolutionsgeschichte

Im Revolutionsjahr 1978/79 verwandelte sich die "Keyhan" praktisch in ein Sprachrohr der Revolution, die allen Journalisten des Landes mehr Freiheit versprach. Der Zeitungsgründer erkannte sehr früh die Zeichen der Zeit und verließ das Land schon Anfang 1978. Keyhan war zu dieser Zeit mehr als eine Zeitung. Der Name stand für das größte Verlagshaus des Nahen Ostens mit etlichen Publikationen und mehreren Buchverlage für allerlei Geschmack und Interessen.

Schon in den ersten Stunden des Umsturzes bemächtigten sich die Revolutionäre der Redaktion der Tageszeitung "Keyhan" in einem mehrstöckigen Hochhaus im Zentrum der Hauptstadt. Denn auf die Berichterstattung der "Keyhan" konnte man keineswegs verzichten. Sie war die berühmteste Tageszeitung des Landes und zugleich ein wichtiges und mächtiges Verlagshaus – ein ideales und sehr geeignetes Propagandainstrument für die neuen Machthaber.

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