Ruf nach Veränderung – auch im Nahostkonflikt?

Die Wahl Barack Obamas zum neuen amerikanischen Präsidenten hat in den arabischen Staaten und im Iran, wo man sich einen politischen Kurswechsel der USA wünscht, erwartungsgemäß ein überwiegend positives Echo hervorgerufen. Peter Philipp fasst die Reaktionen zusammen.

Symbolbild Barack Obama wird neuer Präsident der USA; Foto: AP/DW
Überwiegend mit Erleichterung wurde in der islamischen Welt der Wahlsieg Obamas gegenüber seinem Rivalen Mc Cain aufgenommen, da man sich nun einen Kurswechsel in der Nahost- und Iranpolitik verspricht.

​​Der Nahe Osten "würdigte" den amerikanischen Wahltag auf eigene Art: Israelische Truppen drangen in den Gazastreifen ein und töteten dort mehrere Palästinenser, die angeblich die Entführung israelischer Soldaten vorbereiteten.

Wenig später gingen in Südisrael Dutzende von Kassam-Raketen nieder – zum ersten Mal, seit die islamistische "Hamas" im Juni einen Waffenstillstand ausgerufen – und eingehalten – hatte. Und in Teheran warnte ein iranischer Sprecher vor einem amerikanischen Angriff: US-Helikopter seien in bedrohliche Nähe der irakisch-iranischen Grenze gekommen und Washington solle wissen, dass der Iran sich gegen jeden Angriff zu verteidigen wisse.

Kehrtwende gegenüber Israel?

Gewollt oder ungewollt, passend oder unpassend: Es handelt sich um eine Einstimmung des neugewählten US-Präsidenten in die Realitäten des Nahen und Mittleren Ostens. Die Region hatte dem Wahltag mit gemischten Gefühlen entgegengesehen: Besonders in Israel wurde die bange Frage erörtert, ob mit der Wahl Obamas die Zeit zu Ende gehen werde, in der Israel fast uneingeschränkte Unterstützung des Weißen Hauses genoss.

Und selbst wenn man sich damit beruhigte, dass kein Präsident alleine eine drastische Kehrtwende gegenüber Israel vollziehen könne, so blieb man doch beunruhigt über die Aussicht, dass Obama – wie angekündigt – einen neuen Kurs gegenüber dem Iran einschlagen könnte. Die Möglichkeit direkter Kontakte zwischen Washington und Teheran wird in Israel mit großem Misstrauen quittiert.

Versprechen einlösen

Aus dem Iran war bisher nur wenig zu solch einer Möglichkeit zu hören. Wenn Teheran überhaupt dazu bereit ist, dann unverändert unter der Voraussetzung, dass Washington sich für seine Einmischung in der Vergangenheit entschuldigt. In Teheran erklärte der ehemalige Parlamentspräsident Hadad Adel, der Ruf nach Veränderung in den USA sei ein Eingeständnis, dass die Politik von George W. Bush falsch gewesen sei. Obama müsse das Versprechen nun einlösen.

Mit Präferenzen für Obama oder McCain hielt der Iran sich sonst zurück, wenngleich in der Öffentlichkeit doch deutliche Hoffnungen an den Wahlsieg Obamas geknüpft werden, dass nun ein Neubeginn in den gegenseitigen Beziehungen stattfinden kann.

Zwischen Hoffnung und Skepsis

Ähnlich die Reaktion aus Syrien: Dort hatte bereits vor dem Wahltag Informationsminister Mohsen Bilal in einem Interview erklärt, dass Damaskus auf Veränderung in den USA hoffe.

Und er ließ keinen Zweifel darüber offen, wen er damit meinte. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas begrüßte die Wahl Obamas: Er hoffe, dass es dem neuen Präsidenten gelinge, den Friedensprozess zu einem positiven Abschluss zu bringen. Von der "Hamas" hingegen ist nur Skepsis zu hören – in Washington werde sich nichts ändern.

Unmittelbare Veränderung erwartet man auch in Bagdad nicht, wo man natürlich weiß, dass die Obama-Ankündigung eines US-Abzuges innerhalb von 18 Monaten Teil des Wahlkampfes gewesen sein könnte und dass die Realitäten vor Ort einem Präsidenten Obama andere Dinge abverlangen könnten als dem Präsidentschaftsbewerber.

An diese Realitäten sollte Obama offenbar erinnert werden: mit der iranischen Warnung vor einem Angriff und mit der neuen Gewalt zwischen Israel und der "Hamas" im Gazastreifen.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2008

Qantara.de

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