Rachida Zoubid, 15. Januar 2011

zu "Algerien ist ein durch und durch korruptes Land" von Loay Mudhoon

Die politisch-soziale Ordnung Algeriens ist seit den 1980er Jahren, wenn nicht davor, von zahlreichen Krisenausbrüchen erschüttert worden und hat sowohl wegen der fehlenden Transparenz und der Verletzung der Menschenrechte als auch durch die vom Militär verbreitete gesellschaftliche Instabilität an Glaubwürdigkeit verloren. Die sozialen Unruhen haben es geschafft, die dem Höhepunkt erreichten Unterdrückungsmanöver des aktuellen Militärstaates sowie die undemokratische, ja sogar diktatorische Verteilung und meineidige Bewirtschaftung der wirtschaftlichen Ressourcen des Landes, die die Regierung durch Schreckensherrschaft zu kaschieren versuchte, bloß gestellt. Bei den Unruhen geht es zurzeit im Kern darum, nicht nur das Existenzminimum zu sichern, sondern die umfassenden wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der Menschen langfristig zu verbessern und die begehrte soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. Die Bevölkerung ist gar nicht an das Verschwenden der öffentlichen Gelder für überflüssige Waffentransaktionen mit Russland und / oder den USA und an der Zuspitzung der politischen Konflikte mit den Nachbarländern interessiert. Vielmehr brauchen die Menschen Arbeitsplätze, Grundlebensmittel, menschenwürdige Wohnverhältnisse und selbstverständlich Meinungsfreiheit, konstruktive soziale Dialoge und gewaltfreie Konfliktlösungen. Landübergreifend müssen unverzüglich langfristige Programme thematisch gebündelt, angelegt und dann vorangetrieben werden, um die Hauptursachen der sozialen Aufstände abzubauen. Eine Politik, die es allen Bürgern und Mitbürgern einräumt, sowohl ihre politischen und sozialen Kritiken als auch Anliegen zu artikulieren und demokratische Mechanismen des Ausgleichs zwischen solchen Anliegen zu entwickeln und durchzusetzen. Ein Land, das korrupt ist und seine Fachkräfte zwingt, auszuwandern, und beobachtet, wie dessen perspektivlose Jugend im Mittelmeer umkommt oder sie den Terrornetzen bewusst übergibt, braucht nicht von seinen Staatsbürgern geschätzt zu werden.