Die Herausforderer des Pharao

Politische Beobachter und Oppositionelle zweifeln an einem wirklich freien und fairen Ablauf der Präsidentenwahl in Ägypten. Haben die Gegenkandidaten des jahrzehntelang regierenden Präsidenten Husni Mubarak überhaupt eine Chance?

Aus Kairo berichtet Mahmoud Tawik.

Husni Mubarak auf einem Wahlplakat, Foto: AP
Auch nach 24 jähriger Präsidentschaft noch immer nicht amtsmüde: Husni Mubarak auf einem Wahlplakat in Kairo

​​Ein TV-Duell hat es bei Ägyptens allererster Kandidatenschlacht auf höchster Ebene nicht gegeben, dafür aber jede Menge Straßenplakate, Werbespots, öffentliche Auftritte und feurige Reden. Die ägyptische Regierung unter Präsident Hosni Mubarak hat zehn Kandidaten zur Wahl am 7. September zugelassen, nachdem jahrzehntelang politische Alternativen als Tabu galten.

Von einer freien Wahl unter optimalen Voraussetzungen kann trotzdem nicht die Rede sein. "Es hat zweifellos wichtige Veränderungen gegeben, zum Beispiel, dass es einen Wettbewerb unter verschiedenen Kandidaten gibt", sagt Hafez Abu Saeda, Generalsekretär der Ägyptischen Organisation für Menschenrechte.

Aber das sei nicht einmal ein Prozent der erforderlichen Reformen:"Ich meine grundlegende verfassungsrechtliche Reformen, eine komplette Umstrukturierung der Politik und einen wahrhaft freien politischen Wettbewerb", erklärt Hafez Abu Saeda.

Wahl wird nicht ernst genommen

Es ist die Rede von gekauften Kandidaten, von bevorstehenden Wahlfälschungen, von parteiischer Berichterstattung, da die Hauptmedien des Landes der Regierung gehören. Das Resultat: Die Wahlen werden von der Bevölkerung nicht ernst genommen.

Einem Großteil der ägyptischen Opposition und Zivilgesellschaft geht es gar nicht darum, diesem oder jenem Gegenkandidaten zum Sieg zu verhelfen. Das Ziel ist vielmehr, die Regierung Mubarak daran zu hindern, sich durch gefälschte Wahlen neue Legitimität zu verschaffen.

Beobachtung oder ziviler Ungehorsam

In der Kairoer Innenstadt heizten Ende vergangener Woche bunt zusammengewürfelte Demonstranten die Generalversammlung ägyptischer Richter auf. Diese diskutierte gerade über einen Boykott der Wahlen.

Denn die Richter sind sauer über nicht eingehaltene Wahlversprechen seitens der Regierung. Ohne eine Beaufsichtigung der Wahlen durch die als relativ unabhängig geltenden Richter könnten jegliche Wahlergebnisse mit Leichtigkeit angefochten werden.

Die Protestler proben indes ein anderes Szenario: "Am 7. September wird die Illusion der inszenierten Präsidentschaftswahlen zerfallen, mit ihren gekauften Kandidaten", verkündet ein Demonstrant. "Und die Leute werden einsehen, dass nur der zivile Ungehorsam sie weiterbringen wird."

Gewalt oder Resignation

Einen kleinen Vorgeschmack, wie dieser Ungehorsam aussehen könnte, gibt es schon am gleichen Tag: Die Demonstranten stürmen die Barrikaden und prügeln auf die Polizei ein. Zumindest einige der Anwesenden halten eine Eskalation für den richtigen Weg.

Die Strategien der ägyptischen Oppositionsbewegungen scheinen jedoch wie Tagträumerei: Weniger als 200 Meter entfernt geht das Leben seinen gewohnten Lauf, die Parolen der Demonstranten werden vom Straßenlärm übertönt. Wählen - nein danke: "Was immer wir auch tun, nichts von alledem liegt in unserer Hand", sagt ein Mann frustriert. "Das ist, wie einen Tunnel mit bloßen Händen zu graben."

Aufsicht unter erschwerten Bedingungen

Immerhin, die Generalversammlung der ägyptischen Richter beschließt, die Wahlen doch noch zu beaufsichtigen, und kündigt einen detaillierten Bericht an. Sie verlangt unabhängige Wahlbeobachter aus der Zivilgesellschaft. Prompt lässt auch eines der höchsten Gerichte Ägyptens 22 Menschenrechtsorganisationen als Beobachter zu.

Die ägyptischen Behörden haben zwar ihrerseits Beschlüsse zur Wahlbeobachtung für null und nichtig erklärt - die Zivilgesellschaft fühlt sich trotzdem in ihrer Position bestätigt.

"Wir werden beobachten", betont Hafez Abu Saeda. "Es wäre natürlich einfacher für uns, wenn wir uns die gesamte Zeit innerhalb der Wahllokale aufhalten könnten. Jetzt müssen wir das alles halt unauffälliger machen und zum Beispiel die Leute außerhalb der Lokale befragen."

Mahmoud Tawfik

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005