Politische Partizipation von Frauen im Irak
Im Schatten der Männer

Auch nach 2003 sind Frauen nur in geringem Maße am politischen Prozess im Irak beteiligt. Bis heute nehmen sie keine Schlüsselfunktionen in der Politik ein, selbst auf kommunaler Ebene. Die irakische Journalistin Manar Al-Zubaidi mit einer kritischen Bestandsaufnahme

Im Irak gibt es bis heute keine einzige Ministerin. Warum ist das so? Offenbar haben einige politische Fraktionen bewusst inkompetente Kandidatinnen ins Rennen um die Ministerposten geschickt. Da kommen natürlich Zweifel an den redlichen Absichten dieser Fraktionen auf. Wollten sie diese Kandidatinnen überhaupt ernsthaft als Ministerinnen sehen?

Im Parlament gibt es zwar eine gewisse Anzahl weiblicher Abgeordneter. Namhafte Erfolge können diese jedoch nicht vorweisen. Man ließ sie allerdings, um genau zu sein, bisher auch gar nicht erst zum Zuge kommen. Ihr Handlungs- und Entscheidungsspielraum wird offensichtlich von der Fraktionsführung bestimmt. Das geht so weit, dass die Parteispitzen bereits mehrere Anläufe zur Bildung einer effizienten, einflussreichen und unabhängigen Frauengruppe im Parlament vereitelt haben.

Doch damit nicht genug. Auch in der Führung unabhängiger politischer Gremien haben Männer das Sagen. Frauen bekommen in der Regel nur unbedeutende Jobs hinter den Kulissen zugeteilt. Und auch auf Provinzebene sitzen die Männer fest im Sattel: Ob als Entscheidungsträger in der Exekutive, in der Führungsebene der Provinzparlamente, ob als Gouverneure oder Vizegouverneure – alles bleibt in Männer-Hand.

Dasselbe gilt auch für die meisten staatlichen und regionalen Institutionen. Politische Parteien und Fraktionen wollen auch hier ihren politischen Einfluss geltend machen. Führungsämter werden deshalb vorzugsweise an Männer übertragen, sie haben das Heft in der Hand - bei wichtigen politischen Verhandlungen über die Regierungsbildung oder die Geschicke der Nation haben Frauen nichts zu melden.

Die Partei gibt die Richtung vor, die Frauen folgen

Die Parlamentsabgeordnete Maysoon J. Dawood al-Saa'idi erklärt, dass sich unter den Parteifunktionären, die ausgehandelt haben, wer welche politischen Aufgaben übertragen bekommen soll, keine einzige Frau befand. Kein Wunder, dass bei der Ämtervergabe Frauen in großem Stil übergangen wurden.

Die irakische Parlamentsabgeordnete Maysoon J. Dawood al-Saa'idi; Foto: Goethe-Institut | Perspektiven
Frauen politisch unerwünscht: Die irakische Parlamentsabgeordnete Maysoon J. Dawood al-Saa'idi sagt, dass sich unter den Parteifunktionären, die ausgehandelt haben, wer welche politischen Aufgaben übertragen bekommen soll, keine einzige Frau befand. Kein Wunder, dass bei der Ämtervergabe Frauen in großem Stil übergangen wurden. Sie und ihre Kolleginnen haben nichts unversucht gelassen, um mit den 83 weiblichen Parlamentariern eine eigene Frauengruppe ins Leben zu rufen – jedoch vergeblich.

Das vollständige Interview mit Maysoon al-Saa'idi können Sie nachfolgend auf Englisch sehen:

Datei mayson-english.mp4

Sie und ihre Kolleginnen haben nichts unversucht gelassen, um mit den 83 weiblichen Parlamentariern eine eigene Frauengruppe ins Leben zu rufen – vergeblich. Ehe man sich's versah, war eine Abgeordnete nach der anderen ausgestiegen, zwangsweise, weil es ihnen ihre Partei so vorschrieb. Unter diesen Abgeordneten gibt es auch etliche Wirtschaftsexpertinnen und politische Persönlichkeiten mit Führungsqualitäten. Doch keine einzige von ihnen hat ein Amt an den Schaltstellen der Macht erhalten, so Maysoon al-Saa'idi. Es herrsche die Ansicht vor, dass Frauen "schwache und zartfühlende Wesen" seien.

Ein weiterer Grund, weshalb Frauen in wichtigen Ministerien und Gremien nicht zum Zug kommen, liege in den gesellschaftlich verankerten Traditionen und Bräuchen.

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