Querelen um höhere Produktionsquoten

Nach langem politischem Tauziehen haben sich die OPEC-Staaten auf eine Anhebung ihres Öl-Förderlimits geeinigt, um den Preisanstieg auf dem Weltmarkt zu stoppen. Ein Erfolg der Saudis, die sich damit erneut als Verbündete des Westens profilieren.

Nach langem politischem Tauziehen haben sich die OPEC-Staaten auf eine zweistufige Anhebung ihres Öl-Förderlimits geeinigt, um den Preisanstieg auf dem Weltmarkt zu stoppen. Ein Verhandlungserfolg der Saudis, die sich dadurch einmal mehr als Verbündete des Westens profilieren. Von Peter Philipp

Foto: AP
Kuwaits Erdölminister Ahmed Al-Sabah auf der OPEC-Konferenz in Beirut

​​Saudi-Arabien hat sich durchgesetzt: Die in Beirut beschlossene Erhöhung der OPEC-Ölproduktion zum 1. Juli um 8 Prozent oder zwei Millionen Barrel pro Tag ist in erster Linie auf saudisches Betreiben zurückzuführen. Riad will - und kann - sich dadurch wieder einmal als guter "Verbündeter" des Westens profilieren, der helfend-regulierend eingreift, wenn der Ölpreis wieder einmal zu hoch ansteigt und die Weltwirtschaft zu gefährden beginnt.

Genau dies war in den letzten Wochen der Fall: Der Ölpreis stieg auf über $ 42 / Barrel - ein Preis, den man seit der Energiekrise in den 70er Jahren nicht gekannt hat, selbst wenn der damalige Ölpreis unter Berücksichtigung des Dollarkurses sogar bei fast doppelt so hoch lag wie heute.

Al-Qaida als Gefahr für den saudischen Rentierstaat

Besonders dringlich wurde die Angelegenheit in den letzten Tagen: Der blutige Überfall auf ausländische Mitarbeiter der saudischen Erdölindustrie in Al Khobar wurde als warnendes Signal verstanden, dass Al-Qaida nun daran gehen könnte, die Hauptquelle des saudischen Reichtums anzugreifen. Wenn die ausländischen Experten fernblieben, dann müsste die Produktion heruntergefahren werden und wenn die Produktionsstätten erst selbst einmal angegriffen würden, dann würde sich dies gravierend und nachhaltig auf die Weltwirtschaft auswirken.

Immerhin ist Saudi-Arabien der Welt größter Erdöl-Produzent und deckt etwa ein Neuntel des gesamten Erdölbedarfs. Die OPEC liefert mit 23,5 Mio. Barrel/Tag etwa ein Drittel, hiervon kamen bis vor kurzem 8,5 Mio Barrel allein aus Saudi-Arabien.

Furcht vor Terror allein hat aber die Preissteigerungen der letzten Zeit nicht verursacht. Da ist auch der drastisch angewachsene Bedarf Chinas und da ist - ganz besonders - der verstärkte Öl-Ankauf durch die Vereinigten Staaten. In den USA ist man zwar dabei, von Benzin schluckenden Geländefahrzeugen auf bescheidenere und weniger durstige Fahrzeuge umzusteigen, sonst aber sind die Vereinigten Staaten weit davon entfernt, sich striktere Einsparungen im Benzin- und Ölverbrauch zu verschreiben.

Irakkrieg und Angst als Faktoren für den Preisanstieg

Und auch der Krieg im Irak steigert natürlich den Treibstoffbedarf. Was den USA fehlt, kaufen sie auf dem freien Markt und gesteigerte Nachfrage treibt dann dort die Preise hoch. Besonders, wenn noch andere Faktoren mitspielen. Wie jetzt Terrorismus oder einfach Angst und - wann immer diese zusammenkommen - auch Spekulation. Arabische Ölexperten beziffern den Anteil der Angst am Ölpreis auf etwa ein Viertel, also ca. 10 US-Dollar pro Barrel.

Die OPEC hatte sich Beirut mit der saudischen Forderung nach einer noch größeren Produktionssteigerung (3 Mio Barrel/Tag) und dem iranischen Vorschlag von 1,5 Millionen Barrel / Tag auseinanderzusetzen.

Die Entscheidung für 2 Millionen ist dabei nur scheinbar ein Kompromiss, denn die meisten OPEC-Staaten produzieren ohnehin schon "auf Kapazität" und können ihre Produktion gar nicht ausweiten. Allein die Saudis haben noch Reserven und sie haben diese in letzter Zeit ohne jede Rücksicht auf das eigentlich gültige Quoten-System der OPEC bereits zu nutzen begonnen.

So produziert die OPEC insgesamt heute eigentlich 2,3 Mio Barrel/ Tag mehr als bisher festgelegt und auch mehr als jetzt in Beirut für den 1. Juli festsetzt wurde und es ist unklar, ob man die heutigen - inoffiziellen - Produktionsquoten anheben will oder die offiziellen. Letzteres würde sogar zu einer Senkung der Produktion am 1. Juli führen.

Offiziell besteht die OPEC darauf, dass sie ihre Produktion nur dem gesteigerten Bedarf angepasst hat. Hiermit will sie sich als verantwortlicher Partner der Industrienationen zeigen, ohne aber gleichzeitig ärmere Länder im Stich zu lassen, die - zum Beispiel in Asien - noch mehr unter den Preissteigerungen der letzten Zeit zu leiden hatten. Preissteigerungen, für die die OPEC nicht verantwortlich ist und die sie mit ihren Maßnahmen wahrscheinlich auch nur sehr begrenzt wird bekämpfen können.

Peter Philipp

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