Imame verurteilen Universitätsverbot für afghanische Frauen

Deutsche Imame solidarisieren sich mit den Frauen in Afghanistan. Das vom Taliban-Regime erlassene Universitätsverbot sei nicht mit dem Islam zu rechtfertigen, heißt es in einem Protestbrief. Es stehe gar "im fatalen Widerspruch“ zur Religion.

Deutsche Imame stellen sich mit einem Protestschreiben gegen das vom afghanischen Taliban-Regime erlassene Universitätsverbot für Frauen. In einer Erklärung mit der Überschrift "Nicht unser Islam!“, die dem Evangelischen Pressdienst (epd) vorliegt, betonen 25 muslimische Geistliche, dass ein Ausschluss der Frauen von Hochschulen nicht mit ihrer Religion im Einklang stehe. Zuerst hatte die Düsseldorfer «Rheinische Post» (Donnerstag) darüber berichtet.



"Frauen daran zu hindern, Bildungsinstitutionen zu besuchen bzw. zu arbeiten und sich zu verwirklichen, zementiert Strukturen der Abhängigkeit dieser Frauen vom Patriarchat. Dies steht im fatalen Widerspruch zum Islam, wie wir ihn verstehen und vermitteln“, heißt es in dem Papier. Die deutsche Politik und Zivilgesellschaft müsse klare Schritte unternehmen, «um den Frauen vor Ort zu helfen, ihre Rechte auf Bildung und Freiheit zurückzubekommen». Appelle allein reichten dabei nicht aus.



Die 25 Geistlichen haben sich auf Initiative des Münsteraner Religionswissenschaftlers und Imams Mouhanad Khorchide zu dem Verein "Begegnung zwischen Imamen, Wissenschaft und Gesellschaft“ zusammengeschlossen.

Bildung ist eine "religiöse Pflicht für jeden Mann und für jede Frau“

Islamischer Theologe Mouhanad Khorchide, (Foto: picture alliance / dpa / Uwe Zucchi)
Imame stellen sich gegen Universitätsverbot für Frauen: Eine Initiative von Imamen in Deutschland hat den Ausschluss afghanischer Frauen von Universitäten durch die Taliban scharf kritisiert. Die 25 Geistlichen haben sich auf Initiative des Religionswissenschaftlers Mouhanad Khorchide, zu dem Verein „Begegnung zwischen Imamen, Wissenschaft und Gesellschaft“ zusammengeschlossen. Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie und Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Münster, erläuterte den Aufruf der Imame im Interview mit DOMRADIO: „Frauen sollen ermutigt werden, selbst laut zu werden, aufzustehen und zu sagen: Wir wollen nicht mehr als Objekte behandelt werden".



In ihrer Erklärung argumentieren sie mit dem Menschenbild ihrer Religion: "Der Islam, wie wir ihn verstehen, lehrt, dass der Mensch an sich, unabhängig davon, ob Mann oder Frau, ein von Gott gewolltes selbstbestimmtes Subjekt ist.“ Dabei trage Bildung zur Schaffung der nötigen Rahmenbedingungen für die Entfaltung dieser Selbstbestimmung des Einzelnen bei. Auch der Prophet Mohammed habe unterstrichen, dass Bildung eine "religiöse Pflicht für jeden Mann und für jede Frau" sei.



Die Auslegung des Islam durch die Taliban vermittele ein Bild der Religion "als Botschaft der Bevormundung und Entwürdigung des Menschen“, schreiben die Imame. "Das ist nicht unser Islam.“ Die Reduzierung der Frau "auf ein Objekt der Hörigkeit bzw. Objekt der sexuellen Vergnügung für Männer“ sei eine frauenfeindliche Haltung, die die Imame entschieden ablehnten.

Die Unterzeichner der Erklärung appellieren an die afghanischen Machthaber, "frauen- und menschenfeindliche Handlungen im Namen des Islams dringend zu unterlassen“. Ihre Solidarität gelte den afghanischen Frauen, aber auch jeder Frau, die ihr Recht auf Bildung und Selbstbestimmung einfordert, schreiben die Imame. (epd)

 

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