Königsweg nicht in Sicht

Die Zukunft des Nahen Ostens war ein zentrales Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz, an der Politiker der Region, Europas und der USA teilnahmen. Doch um Kompromisse zur Bewältigung der politischen Krise wurde hart gerungen.

Die Zukunft des Nahen Ostens war zentrales Thema auf der 40. Münchner Sicherheitskonferenz, an der führende Politiker der Region, Europas und der USA teilnahmen. Doch um Kompromisse zur Bewältigung der Krise im Nahen Osten wurde hart gerungen. Zu unterschiedlich waren die Positionen der Teilnehmer.

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Bundesaußenminister Joschka Fischer auf der Sicherheitskonferenz

​​Der jordanische König Abdullah II. rief auf Konferenz die internationale Gemeinschaft - insbesondere die USA - zu größerem Engagement im Nahen Osten auf. Ohne deren Hilfe könne ein umfassender Frieden nicht erreicht werden. Hinter diesem Appell steht die Sorge, dass die USA durch die Konzentration auf den Irak und innenpolitische Zwänge im Wahljahr, ihre entscheidende Rolle zur Lösung des Kernkonflikts vernachlässigen.

Eine Lösung ihres Konflikts wäre ein größerer Beitrag zur Stabilisierung der Region als ein Erfolg im Irak. "Egal wie erfolgreich man im Irak ist, das Kernproblem ist der israelisch-palästinensische Konflikt", sagte Abdullah.
Er widersprach damit dem amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der in München erneut die "positive Dominotheorie" vertrat, wonach Reformen in der ganzen Region von der Befreiung des Irak ausgingen.

Stattdessen seien unabhängiger palästinensischer Staat mit der Hauptstadt Ostjerusalem und die Anerkennung des Lebensrechts von Israel der Schlüssel zur Versöhnung. Problematisch sei außerdem die schlechte Wirtschaftslage im Nahen Osten: Denn der Modernisierungsrückstand der gesamten Region bereite Gewalt und Terrorismus den Boden. Das Pro-Kopf-Einkommen sei in den letzten 20 Jahren geschrumpft, die meisten lebten von zwei Dollar am Tag, jeder Siebte sei arbeitslos, zählte Abdullah auf. "Wenn junge Leute die Hoffnung verlieren, können sie apathisch oder gewalttätig werden", so das jordanische Staatsoberhaupt.

Deutschland: Initiative für gesamten Mittelmeerraum

Bundesaußenminister Joschka Fischer hatte auf der Konferenz vorschlagen, Europa, die USA und die NATO sollten ihre Kräfte vernetzen, um für eine Stabilisierung und Modernisierung des Nahen und Mittleren Ostens zu sorgen. Die Bekämpfung des Dschihad-Terrorismus sei für die Sicherheit entscheidender, als ein möglicher Einsatz der NATO im Irak. Ziel müsse sein, mit dem gesamten Mittelmeerraum eine echte Partnerschaft zu entwickeln.

Die EU solle den Staaten von Marokko über Israel und Palästina bis Syrien den Aufbau einer Freihandelszone anbieten, die bis 2010 "den gesamt Mittelmeerraum umfasst". Alle Beteiligten müssten sich zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Gewaltverzicht und Achtung der Menschenrechte verpflichten. Für die Sicherheit des Westens sei der Aufbau von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Wirtschaft in den arabischen Staaten entscheidend.

Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Nabil Schaath, sagte, "wenn Palästina nach einem Friedenschluss Mitglied der Europäischen Union werden könnte, wäre das ein wundervoller Anreiz." Er habe die Nahost-Initiative von Bundesaußenminister Joschka Fischer mit Interesse gehört.

Israelische Teilnehmer wiesen dagegen daraufhin, dass es schon zahlreiche Foren und Instrumente für gemeinsame Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft mit den Ländern der Region gebe. Fischer unterstrich mit seiner Initiative die Haltung Deutschlands und anderer europäischer Staaten, die die Fixierung der US-Nahostpolitik auf den Irak kritisieren.

Es ist der Versuch, das Vorgehen der Supermacht USA bei der größten außenpolitischen Herausforderung des Westens zu beeinflussen und durch ein gemeinsames Vorgehen die transatlantischen Beziehungen zu reparieren. Entscheidend dürfte sein, wie die USA auf Fischers Vorschlag reagieren.

USA: Der Irak bleibt Kernaufgabe

Fischers Vorschlag weitet den Blick auf Fragen der Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Kultur sowie über die engere Region hinaus auf den Mittelmeerraum, die Arabische Liga und den Iran. Die Vorstellung einer Zukunftserklärung der NATO mit Staaten wie dem Iran dürfte zumindest dem US-amerikanischen Verteidigungsminister Rumsfeld fremd sein.

In Rumsfelds Rede wurde erneut deutlich, wie sehr die USA die Nahost-Politik weiter aus dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus ableiten. Immerhin sprach er sich für eine intensivere multilaterale Zusammenarbeit aus. Rumsfeld hofft, dass die Politik der USA im Irak auf die gesamte Region ausstrahlt.

"Wenn das Lied der Freiheit einmal im Nahen Osten gesungen wurde, kann es sich nach meiner Überzeugung in der Region ausbreiten", sagte er. Zum engeren israelisch-palästinensischen Konflikt äußerte er sich nicht.

Ansonsten standen sich die Positionen des Palästinensers Shaath und des Israelis Giora Eiland, Direktor des Nationalen Sicherheitsrats, unvereinbar gegenüber.

Die Diskussion auf der Münchner Sicherheitskonferenz zeigte klar die Stagnation in den Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern, sie war geprägt von gegenseitigen Vorwürfen, während gemeinsame Perspektiven fehlten.

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004

Lesen Sie die Rede von Bundesaußenminister Joschka Fischer auf der 40. Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik auf der Homepage des Auswärtigen Amtes