Anlässlich mehrerer Festnahmen von gemäßigten Politikern 1981 und der Hinrichtung des iranischen Außenministers Sadegh Ghotbzadeh warf Ebrahim Yazdi der Islamischen Revolutionspartei (IRP) die Anwendung "stalinistischer und antiislamischer Methoden" vor. Als es dem Iran 1983 nach verlustreichen Kämpfen gelang, die irakischen Streitkräfte über die Grenze zurückzuwerfen, sprach sich die Iranische Freiheitsbewegung gegen die Fortführung des Krieges aus (der allerdings noch bis 1988 andauern sollte). Die Bewegung wurde dafür von den damaligen Machthabern geächtet und massiv unterdrückt. Yazdi selbst wurde mehrfach verhaftet. Sein Pass wurde eingezogen.
Ebrahim Yazdi – der neue Pariah der Islamischen Republik
1990, kurz nach dem Tod von Ayatollah Khomeini, wurde er als "Lakai der USA" gebrandmarkt. Nach dem Tod von Mehdi Bāzargān übernahm er 1995 den Vorsitz der Iranischen Freiheitsbewegung, die damals auf eine reine symbolische Rolle bzw. auf eine kaum geduldete Meinungsvertretung reduziert worden war.
Erst als Mohammad Khātami 1998 zum Präsidenten gewählt wurde und dieser eine Zeit der politischen und gesellschaftlichen Reformen einleitete, war Yazdis Stimme wieder öffentlich zu vernehmen. Zu diesem Zeitpunkt war er zwar von der politischen Bühne völlig verschwunden, blieb aber in den Augen junger politischer Reformisten ein Bezugspunkt in der Debatte über den Islam, die Demokratie und den gesellschaftlichen Wandel.
Yazdi hielt sich nicht zurück: Er protestierte gegen den Ausschluss anerkannter Reformer von der Wahl sowie gegen die Verhaftung von Journalisten und Oppositionellen. Er unterzeichnete diverse Appelle, worauf er mehrmals festgenommen, verhört und inhaftiert wurde.
Ebrahim Yazdi war ein liberaler Muslim und ein Anhänger der Demokratie. Von der islamischen Revolution, an der er selbst mitgewirkt hatte, distanzierte er sich nie. Das letzte Mal traf ich ihn 2009 kurz nach der umstrittenen Wiederwahl von Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten. Das iranische Fernsehen berichtete gerade von sieben Todesfällen während einer Protestkundgebung für den unterlegenen Kandidaten der Reformer. Dieser Protest war der Auftakt zu der "schwersten politischen Krise der Islamischen Republik Iran in ihrer dreißigjährigen Geschichte", so Yazdi.
Laut Yazdi stand die Legitimität der Islamischen Republik nie in Frage. Seine Meinung wurde von vielen Reformern und Gegnern geteilt: "Es gibt Raum für Veränderungen innerhalb des Systems. Und alle Oppositionellen, die jetzt das Wahlergebnis anfechten, stehen auch weiterhin zur Islamischen Republik. Mit der Wahl wurde aber die Verfassung verletzt und dies untergräbt die Legitimität der Institutionen", meint Yazdi.
Ebrahim Yazdi wurde kurz darauf verhaftet. Er habe "versucht, das Primat des Klerus über die politische Macht (das Prinzip der "Welāyat-e Faghīh", die Herrschaft des Rechtsgelehrten) in eine demokratische Kraft umzuwandeln", wie es hieß. Wie paradox. 2011 wurde er wegen "Bedrohung der nationalen Sicherheit" erneut zu acht Jahren Haft verurteilt – der üblichen Anklage gegen jeden Dissidenten.
Ebrahim Yazdi starb Ende August 2017 im Alter von 86 Jahren nach langer Krankheit in Izmir in der Türkei.
Marina Forti
© ResetDoc 2017
Aus dem Englischen von Peter Lammers
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