Engagiert in zwei Kulturen

Nach schwerer Krankheit ist der Schriftsteller, Verleger und Journalist im Alter von 65 Jahren in einem Berliner Krankenhaus gestorben. Bekannt wurde Abbas Maroufi vor allem durch seinen Roman "Symphonie der Toten". Von Pedram Habibi

Von Pedram Habibi

Wie die Instagram-Seite "Haus der Kunst und Literatur Hedayat" in einem kurzen Post bekannt gab, ist der iranische Schriftsteller, Dramatiker, Dichter, Verleger und Journalist Abbas Maroufi  am Donnerstag (01.09.2022) um 4 Uhr morgens in einem Berliner Krankenhaus verstorben.



Im Sommer 2019 hatte Maroufi bekanntgegeben, dass bei ihm Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert worden war. Der Inhaber des Gardoon-Verlags und Leiter des Kulturzentrums "Haus Hedayat" lebte und wirkte seit 1996 in Deutschland und arbeitete zeitweilig auch für die Deutsche Welle.

Kain und Abel im Nordiran

Abbas Maroufi wurde am 27. Mai 1957 in Teheran geboren. Er studierte dramatische Literatur an der Fakultät für bildende Künste der Universität Teheran und begann seine literarische Karriere unter Anleitung von Houshang Golshiri und Mohammad Ali Sepanlou. Gleich mit seinem Debütroman "Symphonie der Toten" (Insel Verlag) gelang Maroufi 1989 ein Achtungserfolg in der iranischen Literaturszene.

Cover von Abbas Maroufis Roman "Symphonie der Toten" (Foto: Sujet-Verlag)
2001 bekam Maroufi für den Roman "Symphonie der Toten" den Preis der Philosophisch-Literarischen Verlagsstiftung des Suhrkamp-Verlages. 2021 ist das Buch in einer deutschen Neuauflage erschienen, in der Übersetzung von Anneliese Ghahraman-Beck im Sujet-Verlag. "Farhads Körper", "Ferydoon hatte drei Söhne", "Das Jahr der Aufwiegelung" oder "Total spezial" sind weitere wichtige Werke des Bürgerrechtlers Maroufi, die noch auf Übersetzung warten.

Kunstvoll und vielschichtig erzählt der Roman die Geschichte der Brüder Aidin und Urhan in der nordiranischen Stadt Ardebil zwischen 1940 und 1970. Der Vater handelt mit Trockenobst und möchte sein gut laufendes Geschäft an seine Kinder weitergeben.



Doch Aidin hat kein Interesse an dem Laden - er liebt Bücher über alles und beginnt, sich selbst Wissen anzueignen.

Ganz anders sein geldgieriger Bruder Urhan, der gemeinsam mit dem Vater Aidins literarische Interessen misstrauisch beäugt - bis er die Bücher und Manuskripte seines Bruders schließlich sogar verbrennt.

Der Autor verlegt den Bruderstreit zwischen Kain und Abel ins nordiranische Ardebil. 

Engagement in zwei Kulturen

1986 gründete Maroufi in Teheran den Verlag Gardoon, dem er vier Jahre später eine gleichnamige Literaturzeitschrift folgen ließ, als deren Herausgeber er fungierte. 

Doch bereits 1993 wurde zunächst der Verlag und danach auch die Zeitschrift von den iranischen Zensurbehörden verboten - Maroufi wurde zu Auspeitschung und Haft verurteilt. Auch dank internationalem Druck wurden die Strafen ausgesetzt.

Mithilfe des deutschen Schriftstellerverbandes PEN und von Günther Grass gelang es Maroufi 1996, sein Heimatland zu verlassen und seine Verlagstätigkeit in Deutschland fortzuführen. 

Im Frühjahr 2002 gründete er das "Haus der Kunst und Literatur Hedayat", mit dessen Unterstützung mehr als 300 Titel von Exilautorinnen und -autoren, die im Iran verboten sind, in Deutschland veröffentlicht werden konnten.



Lange Jahre bot Maroufi in seinem Kulturzentrum Kurse zu kreativem Schreiben an - dort animierte er Iranerinnen und Iraner, ihre eigenen Erzählungen zu verfassen. 

2001 bekam Maroufi für den Roman "Symphonie der Toten" den Preis der Philosophisch-Literarischen Verlagsstiftung des Suhrkamp-Verlages. 2021 ist das Buch in einer deutschen Neuauflage erschienen, in der Übersetzung von Anneliese Ghahraman-Beck im Sujet-Verlag. "Farhads Körper", "Ferydoon hatte drei Söhne", "Das Jahr der Aufwiegelung" oder "Total spezial" sind weitere wichtige Werke des Bürgerrechtlers Maroufi, die noch auf Übersetzung warten. 

Pedram Habibi

© Deutsche Welle 2022 

Aus dem Persischen übertragen und ergänzt von Eskandar Abadi.