Gaddafi stellt Atomwaffen-Pläne ein

Auf Druck der USA und Großbritanniens hat Libyen einem Verzicht auf die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen zugestimmt. Nach eigenen Angaben stand das Land kurz vor der Entwicklung einer Atombombe.

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Zum Einlenken bereit - Libyens Staatschef Gaddafi

​​Nach neunmonatigen Geheimverhandlungen mit den USA und Großbritannien will Libyen alle Massenvernichtungswaffen zerstören und seine Programme zur Entwicklung dieser Waffen beenden. Dies kündigten US-Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair überraschend in getrennten Stellungnahmen an.

Der libysche Revolutionsführer Muammar el Gaddafi bezeichnete den angekündigten Schritt zur Zerstörung aller Massenvernichtungswaffen seines Landes als "weise Entscheidung und mutigen Schritt". Mit dem Verzicht auf Programme zur Entwicklung solcher Waffen werde Libyen einen Anstoß für solche Schritte in anderen Ländern geben, meinte Gaddafi nach Angaben der amtlichen libyschen Nachrichtenagentur JANA. Er nannte dabei den Nahen Osten, Afrika sowie andere Staaten der Dritten Welt.

Lob für den Revolutionsführer

Tony Blair, der in seinem Wahlkreis in Nordengland sprach, nannte die Entscheidung "mutig und historisch." Libyen nahm nach den Worten Blairs vor neun Monaten mit den USA, Großbritannien und den UN Verhandlungen über den Abbau seines Waffenprogramms auf. Kurz zuvor war der jahrelange Streit um das Flugzeugattentat von Lockerbie beigelegt worden. Libyen hatte im Frühjahr die Verantwortung für den Absturz des PanAm-Jets im Dezember 1988 über dem schottischen Ort Lockerbie übernommen und Entschädigungszahlungen für die Angehörigen der mehr als 200 Opfer vereinbart.

Der US-Nachrichtensender CNN berichtete unter Berufung auf US- Beamte, Libyen habe ein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen, einschließlich von Fabriken zur Anreicherung von Uran. Außerdem besitze das Land Chemiewaffen. Biologische Waffen könnten hergestellt werden.

Signalwirkung für die gesamte islamische Welt?

Gaddafi will nach den Worten von US-Präsident George W. Bush internationale Inspekteure zur Überwachung der Zerstörung von Massenvernichtungswaffen ohne jede Vorbedingung in das Land lassen. Die Botschaft des Irak-Krieges sei sehr wohl angekommen, so Bush. Er bezeichnete die Entscheidung der libyschen Führung als großen Fortschritt, der die Sicherheit der USA erhöhen werde.

Blair und Bush hoffen, dass nun auch andere Staaten wie Iran und Nordkorea dem Beispiel Libyens folgen und "freiwillig" ihre Programme zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen aufgeben würden. Dazu gehören nach Angaben von Blair im Falle Libyens auch chemische Waffen. Die USA und Großbritannien hätten el Gaddafi beim "Prozess des Abbaus der Waffen" ihre Unterstützung zugesagt, fügte Blair hinzu. Bush betonte, Libyens gute Absichten würden honoriert werden.

Bush und Blair nehmen mit diesem Erfolg Kritikern des Irak-Krieges den Wind aus den Segeln. "Nach der Festnahme von Saddam Hussein und der Ankündigung Libyens können Bush und Blair jetzt auf ein glänzendes, wenn auch schwieriges, Jahr zurückschauen", hieß es zum Beispiel am Samstag in der britischen Presse. "Die Welt wird langsam sicherer."

© DEUTSCHE WELLE / DW-WORLD.DE 2003

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