Zypern-Türken müssen draußen bleiben

Die Zyperngriechen stimmen gegen die Wiedervereinigung, dürfen aber der EU beitreten. Der Ausgang der Referenden wirft nicht nur einen dunklen Schatten über Zyperns EU-Beitritt, er ist auch ein Desaster für die europäische Außenpolitik, meint Rainer Sollich in seinem Kommentar.

Die Zyperngriechen stimmen gegen die Wiedervereinigung, dürfen aber der EU beitreten - der Ausgang der Referenden wirft nicht nur einen dunklen Schatten über Zyperns EU-Beitritt, er ist auch ein Desaster für die europäische Außenpolitik, meint Rainer Sollich in seinem Kommentar.

​​Schon merkwürdig, was da auf Zypern passiert: Jahrzehnte lang waren es die Türken, die halsstarrig jeden Fortschritt in Richtung Wiedervereinigung blockierten. Jetzt endlich sagen 65 Prozent der Zypern-Türken "Ja" zur Wiedervereinigung - da stellen sich auf einmal die Inselgriechen quer: Eine überwältigende Mehrheit von 76 Prozent votierte mit "Nein".

Überwiegend weil sie der Ansicht sind, der Wiedervereinigungsplan der UNO mache der türkischen Seite zu viele Zugeständnisse. Zum Teil aber wohl auch deshalb, weil manche Inselgriechen offenbar noch immer nicht begriffen haben, dass Zypern eben keine rein griechische Insel ist, sondern eine starke türkische Minderheit beherbergt, die ein deutliches Mitspracherecht haben muss.

Die Konsequenz der beiden Zypern-Referenden ist ebenso absurd wie ungerecht: Während die Inselgriechen trotz ihrer Blockadehaltung am 1. Mai der Europäischen Union beitreten dürfen, müssen die Zypern-Türken draußen bleiben. Und das, obwohl sie - wie von der EU gefordert - mit "Ja" gestimmt haben, während die Regierung der Inselgriechen die EU-Kommission derart enttäuschte, dass aus Brüssel sogar Vorwürfe wie "Betrug" und "Medienzensur" zu hören waren.

Und in der Tat - es gibt da leider wirklich nichts zu beschönigen: Der Ausgang der Referenden auf Zypern ist ein Desaster für die europäische Außenpolitik. Es rächt sich nun, dass die EU die Wiedervereinigung Zyperns nicht zu einer Vorbedingung für den Beitritt gemacht hat.

Stattdessen ließen sich die Europäer von der Regierung in Athen erpressen, die die gesamte Ost-Erweiterung nur dann akzeptieren wollte, wenn gleichzeitig auch der südliche Teil Zyperns mit aufgenommen wird. Genau das wird jetzt geschehen - mit der Folge, dass die EU nun ein Land mit einem ungelösten Konflikt zwischen den Haupt-Bevölkerungsgruppen und einer hässlichen Grenze im Landesinneren aufnimmt: Zypern - das letzte geteilte Land Europas.

Das aber ist leider nicht mehr zu ändern. Und deshalb ist es jetzt wichtig, dass diejenigen, die sich für die Wiedervereinigung ausgesprochen haben, nicht auch noch dafür bestraft werden. Sowohl die Türkei als auch die türkischen Zyprer haben diesmal, trotz heftiger innenpolitischer Widerstände, eine überaus konstruktive Rolle gespielt. Dies sollte berücksichtigt werden, wenn die EU Ende des Jahres über Beitrittsverhandlungen mit Ankara entscheidet.

Und vor allem: Der türkische Teil Zyperns sollte zwar auch jetzt nicht formell als Staat anerkannt werden, aber das Handelsembargo und die internationale Isolation müssen schleunigst beendet werden. Nicht nur, weil alles andere höchst ungerecht wäre. Sondern auch, weil sonst die Option Wiedervereinigung endgültig zunichte gemacht würde. Die Lösung des Zypern-Problems - sie ist jetzt Aufgabe der EU.

Rainer Sollich

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004