Teures Wasser, Schwermetall inklusive

Trinkwasser ist in vielen Ländern des Südens zu einem teuren Gut geworden. Konzerne wie Nèstle, Danone oder Coca-Cola profitieren von der Wasserprivatisierung und erzielen unermessliche Gewinne, wie Gerhard Klas am Beispiel Jakarta beschreibt.

Trinkwasser ist in vielen Ländern des Südens zu einem teuren Gut geworden. Internationale Konzerne wie Nèstle, Danone oder Coca-Cola profitieren von der Wasserprivatisierung und erzielen unermessliche Gewinne. Am Beispiel Jakarta beschreibt Gerhard Klas die Folgen für die Bevölkerung.

Foto: Bundesumweltministerium

​​"Wer einen Brunnen baut, wird am Tage des jüngsten Gerichts für jeden einzelnen Dschinn, Menschen und Vogel belohnt, der von diesem Brunnen trank", sagte einst der Prophet Mohammed.

Vor allem in den Mega-Metropolen der islamischen Welt kommt für viele Bewohner heute das Wasser aus den Hähnen - wenn es denn kommt, und wenn es dann noch genießbar ist. Sonst bleibt oft nur Trinkwasser aus Flaschen, für teures Geld verkauft vom Schweizer Nèstle-Konzern, dem französischen Multi Danone, den US-amerikanischen Tochterfirmen von Coca-Cola oder Pepsi.

Auch die 19-jährige Jura-Studentin Veronica aus Jakarta kauft regelmäßig das abgefüllte Danone-Trinkwasser, obwohl es sehr teuer ist. Das Leitungswasser sei schlicht ungenießbar. „Jedes Mal, wenn ich es trinke, mache ich mir Sorgen, selbst wenn ich es abgekocht habe. Warum wird bei uns kein Wasser geliefert, das man ohne weiteres trinken kann?“

Privatisierung mit Unterstützung der Weltbank

In Jakarta organisieren heute Suez und Thames Water, eine RWE-Tochter, in vielen Stadtteilen die Wasserversorgung. Suez ist mit 125 Millionen Kunden weltweit das größte Unternehmen der Branche, RWE belegt auf der Weltrangliste den dritten Platz.

1995 hatte Suharto die Privatisierung des öffentlichen Wasserunternehmens Pam Jaya beschlossen. Der Vertrag mit Thames Water wurde damals von der Weltbank und dem britischen Department for International Development unterstützt. Der Vertrag sah nicht einmal vor, dass die staatliche Regulierungsbehörde, welche die Wassergeschäfte des Konzerns beaufsichtigen sollte, ein Recht auf Akteneinblick und Finanzberichte der ausländischen Investoren bekam.

Für die Wasserversorgung im Ostteil und Westteil Jakartas erhielten dann 1997, noch unter dem Suharto-Regime, die heutige RWE Tochter Thames Water und der französische Multi Suez, damals noch Lyonnaise des Eaux, eine Konzession und sollten auch das während der niederländischen Kolonialzeit angelegte Leitungssystem der Millionenmetropole überholen.

Beide Konzerne arbeiteten mit indonesischen Geschäftsleuten zusammen, die zum engeren Freundeskreis des Präsidenten Suharto zählten.

Die Regierung, die nach dem Sturz Suhartos ins Amt kam, qualifizierte die Geschäfte mit den beiden Multis als korrupt und überführte die Wasserversorgung wieder in öffentliche Hand.

Monopol auf Wasser

Doch dieser Zustand sollte nicht lange währen. Die Konzerne verlangten eine Neuverhandlung der Verträge. Dagegen gab es zwar Widerstand, auch Streiks gegen die von den Konzernen geplanten Entlassungen von Mitarbeitern und Preiserhöhungen. Aber schließlich schloss die Regierung 2001 abermals Verträge mit den Multis ab.

Thames Water hat sich damit im Ostteil der Stadt für 25 Jahre das Monopol auf die Wasserversorgung gesichert. Kein anderes Unternehmen hat in dieser Zeit das Recht, dort in das Geschäft mit Leitungswasser für die mehr als zwei Millionen Bewohner einzusteigen.

Auch der neue Konzessionsvertrag knebelt die Stadt. Er legt fest, dass die Stadt bei einer Beendigung des Vertrages die gesamte Summe, die bis zum Zeitpunkt der Vertragskündigung investiert wurde, an den Konzern zurückzahlen müsste, darüber hinaus die vereinbarten Profite für die gesamte Vertragsdauer von 25 Jahren.

Ein weiterer Artikel des Vertrages beschreibt zwar die Ziele für Technik und Versorgung, allerdings auf niedrigem Niveau, und legt fest, dass die Preise alle sechs Monate erhöht werden können – unabhängig davon, ob die vereinbarten Ziele erfüllt worden sind.

Preiserhöhungen trotz Vertragsbruch

Die Konzerne erfüllen ihre vertragsgemäßen Aufgaben nicht. Sowohl Thames Water als auch Suez-Lyonnaise schlossen weniger Haushalte an, als sie versprochen hatten. Bis heute klagen die Menschen in Jakarta über Unterbrechungen bei der Versorgung und über die schlechte Wasserqualität.

Experten stellten eine hohe Konzentration von Schwermetallen und Reste von Reinigungsmitteln im Wasser fest. Ein Vertreter von Suez begründete die schlechten Leistungen seines Unternehmens mit der „Nachlässigkeit der Arbeiter“, die nicht bereit seien, „mit ausländischen Arbeitgebern zu kooperieren“. Gleichzeitig fordern jedoch beide Wasserkonzerne immer wieder Preiserhöhungen, denen die Regulierungsbehörde schon mehrmals zustimmte.

Konflikte zwischen dem städtischen Unternehmen Pam Jaya, das die Konzerne eigentlich kontrollieren soll, und den privaten Partnern häufen sich in der jüngsten Zeit. Denn Pam Jaya soll nicht nur kontrollieren, sondern muss – im Rahmen einer „public-privat-partnership“ – zahlen, wenn die Konzern-Einnahmen aus den Wassergebühren nicht die Kosten der privaten Investoren decken.

Die behaupten, das Geschäft sei längst noch nicht rentabel, auch wenn die Wasserpreise seit 1998 schon um fast 100 Prozent erhöht wurden. Thames Water und Suez beziffern die fälligen Zuschüsse von Pam Jaya auf 116 Millionen Dollar.

Um diese Schulden zu begleichen, setzt sich Pam Jaya regelmäßig dafür ein, die Preise für Leitungswasser weiter heraufzusetzen. Im April 2003 stieg der Kubikmeterpreis für Wasser um 40 Prozent auf 49 Cent. Am ersten Januar dieses Jahres erhöhte die Stadtverwaltung die Wasserpreise abermals um 30 Prozent, ausdrücklich auch für die ärmeren Haushalte und Stadtviertel und löste damit einen öffentlichen Aufschrei aus.

In Jakarta, wo die große Mehrheit der Bewohner mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen muss, nicht verwunderlich. Mehr als die Hälfte der zusätzlichen Wassergebühren soll laut Regulierungsbehörde zur Tilgung der Schulden von Pam Jaya verwendet werden.

Kredit mit Auflagen

Trotz der schlechten Erfahrungen in Jakarta und den zahlreichen Protesten gegen die Privatisierung plant die indonesische Gesetzgebung, die Wasserversorgung überall im Land in private Hände zu geben.

Das neue Gesetz, das diesen Schritt ermöglichen soll, erzwang die Weltbank., die der indonesischen Regierung 1999 nur dann einen Kredit von 300.000 US-Dollar für die Wasserversorgung zur Verfügung stellen wollte, wenn die Privatisierung weiterginge.

Die größte muslimische Organisation in Indonesien, Nahdlatul Ulma (NU), wendet sich gegen dieses Vorhaben, das dem „Recht auf sauberes und bezahlbares Wasser“ entgegenstehe. Hingegen unterstützen beide großen Parteien Indonesiens, die Demokratische Partei der Präsidentin Megawati Sukarnoputri und die Golkar-Partei von Akbar Tandjung, die landesweite Privatisierungswelle, die zwar teureres, aber kein sauberes Trinkwasser beschert.

Teures Wasser aus Flaschen

Das Flaschenwasser des französischen Multis Danone und anderer Konzerne, die nach Angaben der Jakarta Post schon viele Wasserquellen des Landes unter ihrer Kontrolle haben und allein 2003 mehr als vier Milliarden Kubikmeter Wasser in Flaschen abfüllten, um es anschließend in den Städten teuer zu verkaufen, dürfte für die wenigsten Bewohner von Jakarta eine Alternative sein.

Die Zahl derjenigen, die sich wieder ihre eigenen Brunnen graben, nimmt in Jakarta zu. Um allerdings an sauberes Grundwasser zu kommen, müssen diese mindestens 15 Meter tief sein.

Gerhard Klas

© Qantara.de 2004