Widersprüchliche Signale

Nach dem Parlament hat nun auch das israelische Kabinett dem Gaza-Rückzugsplan zugestimmt. Gleichzeitig beschloss die Regierung den Weiterbau der umstrittenen Sperranlage im Westjordanland. Peter Philipp kommentiert.

Hinter der Trennmauer zwischen Israel und der Westbank leuchtet die Kuppel des Felsendoms, Foto: AP
Hinter der Trennmauer zwischen Israel und der Westbank leuchtet die Kuppel des Felsendoms

​​Da beschließt das israelische Kabinett nun endlich, ab dem 20. Juli die Siedlungen im Gaza-Streifen aufzulösen und die 8.000 Siedler von dort zu evakuieren. Und nur Stunden später wird bekannt, dass dieselbe Regierung weiter Gelder für diese Siedlungen bewilligt.

So, als habe man das gar nicht so gemeint mit dem angekündigten Abzug. Und das Misstrauen wird zusätzlich verstärkt durch den Regierungsbeschluss, die gigantische Trenn-Mauer zwischen Israel und der Westbank entlang einer teilweise neuen Linie weiterzubauen.

Das alles ist Futter für jene, die Scharon nicht trauen und seine Politik nur als Finte betrachten, um Israels Festhalten an den 1967 eroberten - und seitdem besetzten - Gebieten sicherzustellen. Sie argwöhnen, dass der Verlauf der Mauer die künftige Grenze markiert und Israel sich dadurch weitere Teile der Westbank aneignen will - im Widerspruch zur Genfer Konvention, die Landerwerb durch Eroberung nicht zulässt.

Im Widerspruch aber auch zu einem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, das das Bauvorhaben Israels als unzulässig bezeichnet hatte - zumindest, solange es auf palästinensischem und nicht auf israelischem Boden entsteht.

Israel erwidert diesen Zweiflern, dass die Trennmauer - erstaunlich, dass meterhoher Beton dabei immer noch als "Zaun" bezeichnet wird - "temporärer Natur" sei, also eines Tages auch wieder abgerissen werden könne. Niemand will diesen Worten glauben, solange man nicht Taten sieht.

Aber die sichtbaren Taten belegen vorerst das Gegenteil: Die Mauer wird weiter gebaut. Bisher steht erst ein Drittel, es kann also noch lange gebaut und viel Geld dafür ausgegeben werden. Geld, das anders besser angelegt wäre.

Um Geld geht es auch bei den Siedlungen im Gaza-Streifen: Offiziell heißt es nun, man werde noch einige Millionen in die Siedlungen stecken, um ihre Sicherheit bis zum Abzug zu gewährleisten und um die dortige Infrastruktur intakt zu halten, denn diese Siedlungen werde man unversehrt den Palästinensern übergeben. Auch hier werden die Taten zählen und nicht die Worte.

Beim israelischen Abzug aus der Sinai-Halbinsel im Rahmen des israelisch-ägyptischen Friedensvertrages machte Israel
1982 jedenfalls seine dortigen Siedlungen dem Erdboden gleich.

Es wäre ein begrüßenswertes Novum, wenn man die Siedlerstädte diesmal unversehrt den Palästinensern übergäbe. Vielleicht sogar im Rahmen eines Plans, den ein Milliardär aus den Vereinigten Arabischen Emiraten vorgeschlagen haben soll: Er sei bereit, Israel die Siedlungen abzukaufen, um sie dann den Palästinensern zur Verfügung zu stellen.

All solche Zweifel und Unwägbarkeiten dürfen aber den Blick für das Wesentliche nicht versperren: Der Beschluss, die Siedlungen im Gaza-Streifen aufzulösen, ist ein wichtiger Schritt. Ihm werden andere vertrauensbildende Maßnahmen folgen - wie die inzwischen begonnene Freilassung palästinensischer Häftlinge.

Ihm werden aber ähnliche Schritte auch in der Westbank folgen müssen. Denn ohne einen israelischen Rückzug aus allen 1967 eroberten Gebieten wird es nun einmal keine dauerhafte Beruhigung und erst recht keinen Frieden geben können.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005