Hoffnungsschimmer in der arabischen Welt

Der bekannte syrische Intellektuelle Sadik Jalal al-Azm äußert sich in einem Interview, das Qantara.de mit ihm in Köln führte, zu Fragen der Demokratisierung der arabischen Welt, der Situation der arabischen Intellektuellen und ihrer Haltung gegenüber Saddam Hussein.

Im April dieses Jahres machte sich der syrische Dichter Adonis in der Zeitung al-Hayat Gedanken über den Krieg gegen den Irak. Überwiegend bemühte der Dichter dabei gängige Parolen und verzichtete auf eine eingehende Darlegung der gegenwärtigen Situation der Araber. Könnte man dies als Beweis für eine intellektuelle Bankrotterklärung der arabischen Intellektuellen sehen?

Sadik al-Azm: Das Wort "Bankrott" halte ich in diesem Zusammenhang für übertrieben. Ich glaube, dass die arabischen Intellektuellen bezüglich der Ereignisse im Irak in ihrem tiefsten Innern zerrissen sind.

Sadik al-Azm, Foto: Ikhlas Abbis
Sadik al-Azm, Foto: Ikhlas Abbis

​​In einer Situation wie dieser aber, in der man nach den Morgennachrichten eine Meinung hat, von der man sich nach den Abendnachrichten eventuell schon wieder distanziert, gibt man vielleicht nicht zu, dass man verwirrt, zerrissen ist, sondern neigt dazu, sich dieser Notlage zu entziehen, indem man sich wie beispielsweise Adonis einer Sprache bedient, die diese Verwirrung nicht offen erkennen lässt, einer gummiartigen Sprache von Parolen, hinter der sich die Krise, in der man sich in Wahrheit befindet, verstecken lässt. Wenn Adonis, aber auch andere Intellektuelle ihre Verwirrung angesichts dieses Krieges nicht offen zugeben wollen, vielleicht auch nicht offenbaren wollen, welche Gefühle er in ihnen weckt, dass sie nämlich womöglich hoch erfreut oder erleichtert wären über ein Ende des Regimes Saddams, gleichzeitig aber entsetzt und schockiert darüber, wie dieser amerikanische Angriff auf ein Land der Dritten Welt geführt wird, mit schwerster Bewaffnung und mit modernster technologischer Ausrüstung, wenn sie das nicht zugeben wollen, dann ist es nur natürlich, dass sie sich in eine solche Sprache flüchten. Und die arabische Sprache ist für diese Zwecke ganz hervorragend geeignet. Daher würde ich es nicht Bankrott nennen, ganz besonders nicht im Zusammenhang mit einer Persönlichkeit wie Adonis. Nein, das ist beabsichtigt, er ist viel zu fähig und intelligent, das ist nicht spontan geschrieben. Vermutlich wollte er sich mit dieser Ausdrucksweise aus der Klemme ziehen. Ich glaube, das beste, was bezüglich dieser Krise und der Zerrissenheit geschrieben wurde, war ein Beitrag von Abbas Beydoun in der libanesischen Zeitung as-Safir.

Aber das war doch eine Ausnahme!

al-Azm: Ich halte den Beitrag nicht für eine Ausnahme. Sicherlich war er besonders ausdrucksstark. Aber es gab auch einige andere Intellektuelle, die dieses Dilemma mit der gleichen Besorgnis schilderten, wenn sie auch nicht das sprachliche Niveau, die Schönheit im Ausdruck, die Klarheit und Sorgfalt, durch die Abbas´ Beitrag besticht, erreichten. Wenn man mich bitten würde, meinen Standpunkt darzulegen, so müsste ich dies ablehnen, denn Abbas hat bereits gesagt, was dazu zu sagen ist. Ich könnte es nur noch einmal wiederholen. Hinzufügen möchte ich nur, dass ungefähr zwei Monate vor Ausbruch des Krieges einige arabische Intellektuelle, unter ihnen Edward Said, Schibli al-Mallat, Elias Khoury und ich selbst in einem Aufruf dazu aufforderten, die verfahrene Situation zu retten, indem die Araber selbst Saddam entmachten und ins Exil schicken. Dafür wurden wir von vielen Intellektuellen aufs Schärfste kritisiert! Man behauptete in diesem Zusammenhang, das käme einer Unterstützung der USA, einen Krieg gegen den Irak zu beginnen, gleich.

Wie erklären Sie das enorme Ausmaß der Solidarität der breiten arabischen Bevölkerung und ihrer führenden Köpfe mit dem Irak, die leicht für eine Solidaritätsbekundung mit dem irakischen Regime gehalten werden kann?

al-Azm: Ich denke, jedem, der bei klarem Verstand ist und sich an den Demonstrationen in der arabischen Welt beteiligt hat, ist hinreichend bekannt, was Saddams Regime bedeutet. Es besteht also tatsächlich Erklärungsbedarf. Ich kenne mich in Syrien und bis zu einem gewissen Grad auch im Libanon aus. Wenn wir, wie im Westen üblich, eine Meinungsumfrage unter der Bevölkerung durchführen würden, wobei es etwas derartiges bei uns natürlich nicht gibt, nehmen wir aber einmal an, man machte eine solche Umfrage, so geht meine Einschätzung dahin, dass niemand darunter wäre, der sich irgendwelchen Illusionen über das Saddam-Regime hingibt - also müssen wir versuchen, dieses Phänomen zu erklären. Ich denke, der Hass auf die amerikanische Politik wegen Palästina sitzt tief. Daraus hat sich so eine Art Trotzreaktion ergeben: Solange die USA gegen Saddam sind, stehen wir, den Amerikanern zum Trotz, für ihn ein und verteidigen ihn, denn in dieser Angelegenheit werden die Menschen von ihren Emotionen geleitet. Aber es gibt noch einen weiteren Grund für die Haltung der arabischen Massen. Wir Syrer beispielsweise kennen keine Demonstrationen, bei uns gibt es nur die organisierten Aufmärsche der Regierung, des Sicherheits- und des Geheimdienstapparats. Zum ersten Mal haben kürzlich die Menschen anlässlich der zweiten Intifada und nun, wo es um den Irak ging, aus freien Stücken demonstriert, und nicht, weil sie mussten. Die Regierung vermag nicht dagegen einzuschreiten. Die entsprechenden Stellen beobachten das Geschehen aufs Genaueste und versuchen es zu kanalisieren, um zu verhindern, dass so etwas zur Gewohnheit wird. Wer gestern für die Intifada auf die Straße ging und heute für den Irak, wird morgen auch für die Demokratie, gegen den anhaltenden Ausnahmezustand und für die Menschenrechte demonstrieren.

Warum demonstrieren die Menschen nicht auch gegen andere Missstände in der arabischen Welt, etwa gegen den Terror in Algerien oder das Verbrechen von Halabdscha?

al-Azm: Darauf habe ich keine Antwort. Für gewöhnlich gehen die Menschen auf die Straße, wenn es sich um etwas handelt, worunter sie unmittelbar leiden. Vor Aufkommen des Satellitenfernsehens und damit der Vielzahl unabhängiger Sender konnten die verschiedenen Regime verhindern, dass viele ihrer Taten bei der Bevölkerung bekannt wurden. Zumeist waren es die Intellektuellen, die Kommuniqués veröffentlichten. Aber zurück zum Irak. Es gibt eine weitere Frage, über die man nachdenken sollte: Als Saddam damals Kuwait besetzte, war ich höchst erstaunt über die Schadenfreude, die man gegenüber den Kuwaitern empfand. Warum reagierte die breite Bevölkerung mit Schadenfreude auf die Besetzung Kuwaits, anstatt mit Mitgefühl oder mit Demonstrationen? Ich weiß nicht, was der Hintergrund dieser Reaktion ist.

Aber trotz der Solidaritätsdemonstrationen mit dem Irak wird sich nach einiger Zeit, so meine ich, stillschweigend ein Gefühl der Erleichterung breit machen, dass dieser Alptraum endlich zu Ende ist, wie auch immer es dazu kam. Vielleicht wird dieser Krieg eine Lektion für die übrigen Regime sein, sich nach den Ereignissen des 11. Septembers zu wandeln und auf ein gerechteres Auftreten zu besinnen, was nicht nur für das saudische Königreich gelten mag. Da dieses Regime nun einmal beseitigt wurde, können wir davon auch profitieren. Das ist nur normal. Die verschiedenen Bewegungen in der arabischen Welt beispielsweise, die sich für die Zivilgesellschaft, die Menschenrechte und für demokratische Werte einsetzen, werden vermutlich insgeheim bereits darüber diskutieren, wie sie den Sturz dieses Regimes zur Stärkung der eigenen Energien, des eigenen Potentials nutzen können. Möglicherweise gelingt es ihnen jetzt, mehr Druck auf die arabischen Regierungen auszuüben, die politischen Gefangenen freizulassen.

Wenn im Irak nach dem Sturz des Regimes chaotische Verhältnisse entstehen, so wird das, nach meiner Einschätzung, die Position der anderen arabischen Regime stärken, denn sie werden sich darauf berufen können, doch wenigstens die Stabilität und das Fortbestehen des jeweiligen Landes zu garantieren, und argumentieren, dass es in niemandes Sinne sein könne, im Chaos und in einer sich gegenseitig bekriegenden Bevölkerung zu leben, wie das Beispiel Irak zeigt. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, dass zum großen Vorbild nun die Türkei erkoren wurde, das ist eine ganz neue Entwicklung. Die Türkei war bislang immer allen verhasst: den Islamisten wegen der Säkularität, den Nationalisten wegen der türkischen Besetzung (und sie sagen bewusst türkische, nicht osmanische Besetzung), den Linken wegen der Mitgliedschaft der Türkei in der Nato, wegen ihres Antikommunismus und ihrer freundschaftlichen Beziehungen zu den USA. Nun aber ist die Türkei das Musterbeispiel für all diese Gruppierungen geworden. Die gemäßigten Islamisten loben "das türkische Experiment", die Nationalisten und die Demokraten loben "den unabhängigen Staat", der den USA die Stirn geboten hat.Ein grundlegendes Problem, das wir kurz anschneiden möchten, ist die Beziehung der arabischen Intellektuellen zur Macht. Warum hat sich nach Erreichen der Unabhängigkeit und den darauf folgenden Jahrzehnten unter den Intellektuellen keine Gruppe herausgebildet, dies frei war von jeglicher Ideologie war und sich keiner Führung unterworfen hat?

al-Azm: Wie genau die geschichtlichen Hintergründe waren, kann ich Ihnen nicht sagen. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der große Schock, den die Gründung Israels mit der Vertreibung der Palästinenser und dem stufenweisen Verlust Palästinas auslöste, führte dazu, dass die Intellektuellen sich danach sehnten, die einzelnen Stadien rückgängig zu machen oder zumindest eine weitere Ausdehnung des Staates Israel aufzuhalten. Mit dem Aufstieg einer Persönlichkeit wie dem ägyptischen Führer Abd an-Nasser oder der irakischen Revolution von 1958 fühlten sich die Intellektuellen als Block zu den daraufhin institutionalisierten Programmen hingezogen. Es entstand eine Bewegung, die grundlegende Veränderungen in der arabischen Gesellschaft forderte, wodurch wiederum hohe Ziele in greifbare Nähe rücken sollten. Denn die arabische Geisteswelt hatte große Hoffnungen in die so genannten arabischen Befreiungsbewegungen gesetzt. Ich denke, ein großer Teil der Intellektuellen stand aus Überzeugung hinter diesem Projekt, war also weit davon

Sadik Jalal al-Azm, Foto: Ikhlas Abbis
Sadik Jalal al-Azm, Foto: Ikhlas Abbis

​​entfernt, aus opportunistischen oder materiellen Gründen mit dem Revolutionsregime zu kooperieren.

Das Verhältnis arabischer Intellektueller zur Macht ist problematisch, und es ist kein Geheimnis, dass sich die arabischen Intellektuellen sehr leicht kaufen lassen. Warum ist das so?

al-Azm: Ein Teil der Intellektuellen, die in den 60er Jahren Bekanntheit erlangten und für die Bewegung Abd an-Nassers einstanden, kam vom Land. Dabei waren es die zum Zweck des Regierungssturzes oder -umschwungs ins Leben gerufenen Bewegungen, die ihnen den Aufstieg ermöglichten, der mit dem Umzug in die Stadt verbunden war. Überhaupt verschafften sie ihnen erst den Zugang zur Bildung in einem Umfang, der ausreichte, dass sie zu Intellektuellen wurden. Zwischen ihnen und den neuen Machthabern war es zu einer zweckorientierten Annäherung gekommen, um einen Terminus von Max Weber zu verwenden, zu einer Art Filia, einem Band, einer Beziehung, die wichtiger war als eine auf kritischer Distanz gegründete Beziehung und die mit dem neuen Wohlstand und der Möglichkeit zusammenhing, als einfacher Mensch vom Lande eine solche Position zu erlangen. Lange Zeit hatten sie sich abgeschnitten gesehen vom Zugang zu den Schulen, zum Wissen, zu den Krankenhäusern und den zivilisatorischen Einrichtungen der Städte. Diese Intellektuellen waren es, aus denen besonders zu Anfang ein Großteil der Mitbegründer der Baath-Partei im Irak und in Syrien stammte, die dann die Macht ergriff, wie es zuvor mit dem Nasserismus in Ägypten geschah. Als diese „Neulinge“ nach einiger Zeit in der Stadt Fuß gefasst hatten, gingen sie auch allmählich auf Abstand zu dem Regime, das ihnen nicht nur den Eintritt in intellektuelle Kreise ermöglicht hatte, sondern mit dessen Trägern sie häufig auch noch in direkter verwandtschaftlicher Beziehung standen. Es kann durchaus vorkommen, dass die Brüder eines kritischen Intellektuellen für den Geheimdienst, in der Armee, oder für die Regierung arbeiten, also in hohe Positionen aufsteigen, einfach, weil sie aus einem bevorzugten Dorf stammen. Die Familienbande sind bei uns noch immer von großer Bedeutung.

Einer der Hauptgründe für die Rückständigkeit der arabischen Welt ist das Zinssystem, das in den einzelnen Ländern herrscht. Kann aber dieser ökonomische Grund allein bereits auch die Rückständigkeit auf politischem Niveau und die Verhinderung der Demokratisierung erklären?

al-Azm: Ein ökonomischer Grund kann kein direkter Grund sein, sondern eher ein hintergründiger. Manchmal wird dieses Thema in einer Weise dargestellt, die einen zur Verzweiflung treiben kann; da wird etwa behauptet, weil es in der arabischen Welt keine demokratische Tradition gäbe, bestehe dort auch in Zukunft keine Hoffnung auf die Erlangung demokratischer Verhältnisse. Nun ist es doch aber so, dass kein Land bei seiner Entstehung bereits demokratisch war. Die Demokratisierung ist ein historischer Prozess. Und ich glaube kaum, dass es Menschen gibt, die mit demokratischen Genen zur Welt kamen, und andere wiederum nicht. Ich möchte betonen, dass die Schlacht um die Demokratisierung, die Menschenrechte, die Zivilgesellschaft und alle damit zusammenhängenden Werte nicht nur zwischen Ost und West, zwischen dem Islam und Europa geschlagen wird, sondern in jedem einzelnen Land. Jedes Land, das ein gewisses zivilisatorisches Niveau erreichen konnte, erlebt diesen Kampf, sei es Deutschland, China, Indien, Syrien oder Ägypten. Ein jedes von ihnen befindet sich auf einem bestimmten Niveau hinsichtlich der Sicherung dieser Werte und des Umgangs mit ihnen. Man muss also nachdrücklich erwähnen, dass dies nicht die Schlacht zwischen Ost und West, zwischen Europa und dem Nahen Osten, zwischen dem Islam und dem Liberalismus ist. Ich möchte am Firmament der arabischen Welt einen Hoffnungsschimmer für einen Ausstieg aus dem Dilemma konstatieren, auch mit Blick auf die Regime selbst. Wir müssen die demokratischen Werte, die Menschenrechte, die Gewaltenteilung einfach zur Anwendung bringen, und wenn es auch nur eine dreißig- oder vierzigprozentige Demokratie ist. Bemerkenswert ist, dass die Demokraten den Versuch unternehmen, die Gründung ihrer Bewegung auf eine frühere Periode festzulegen. In Ägypten beispielsweise beruft man sich auf die liberale parlamentarische Periode, die Albert Hourani als das liberale Zeitalter bezeichnet hat. Das gleiche geschieht in Syrien, man versucht, die Zeit der 50er Jahre zurückzuholen, die Zeit des Kampfes gegen den französischen Kolonialismus. Die entsprechenden Gruppierungen versuchen sich an der Konstruktion einer Art Ursprungsmythos.

Hat sich da etwas Bestimmtes zugetragen, das die von Ihnen erwähnten Gruppierungen zur Rückbesinnung auf die Vergangenheit veranlasste?

al-Azm: Ich denke nicht, dass etwas Bestimmtes geschehen ist. Alle anderen Programme sind ganz einfach gescheitert, seien es die nationalen Befreiungsbewegungen, der arabische Sozialismus oder der internationale Kommunismus. Das erklärt auch den Richtungswechsel in der Orientierung, das Musterbeispiel heißt jetzt, wie gesagt, Türkei.

Sie erwarteten nach den Ereignissen des 11. Septembers den Anfang vom Ende der islamistischen Bewegungen. Wir können aber doch im Gegenteil feststellen, besonders jetzt, während des Kriegs gegen den Irak, dass die islamistischen Bewegungen Konjunktur haben.

al-Azm: Ich bin anderer Meinung. Zum einen ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach der Niederlage von 1967 und der damit endenden arabischen Befreiungsbewegung eine Lücke entstanden, die die islamistische Bewegung ausfüllen konnte, ganz besonders nach dem Krieg von 1973. Und in den darauf folgenden dreißig oder vierzig Jahren haben sie eine einzige Leistung vollbracht: sie haben die arabischen Gesellschaften in ein konservatives, traditionell islamisches Fahrwasser gelenkt, was besonders deutlich bei der Situation der Frauen wird. Auch ist ihnen gelungen, mehr und mehr Einfluss auf die Themen zu nehmen, die im Bereich der Bildung und im intellektuellen und politischen Bereich diskutiert werden, was zuvor die Domäne der Linken, der Nationalisten und säkularen Parteien war. Die Islamisten sind also bis zu einem gewissen Grad tonangebend geworden, was die Art und Weise angeht, wie in der arabischen Welt diskutiert wird. Letzten Endes aber muss man doch fragen, ob man mit ihnen als politischer Kraft zu rechnen hat oder ob sie tatsächlich Regierungsmacht erlangt haben, und in dieser Hinsicht sind die islamistischen Bewegungen gescheitert. Sie haben noch nicht einmal ansatzweise eine islamische Alternative zu Stande gebracht, die praktikabel wäre, von Iran bis zu den Taliban. Bereits früher habe ich darauf hingewiesen, dass die Flucht in einen blindwütigen Terrorismus zum Ausdruck bringt, wie tief die Krise ist, in der die islamistische Bewegung steckt, und keinesfalls ihr Wachstum oder Aufblühen bedeutet.

Interview: Mona Naggar, Larissa Bender, Qantara.de; © 2003, Qantara. de

Übersetzung aus dem Arabischen: Stefanie Gsell

Sadik Jalal al-Azm wurde 1934 in Damaskus geboren. Er studierte Philosophie in Beirut und unterrichtete als Professor an den Universitäten New York, Beirut, Amman und Damaskus. Eines seiner bekanntesten Werke trägt den Titel "Kritik des religiösen Denkens".