Internet als Verständigungsplattform

Noch zu Beginn der 2. Intifada nutzten israelische und palästinensische Hacker das Internet für gegenseitige Angriffe im Cyberspace, knackten und blockierten Webseiten des politischen Gegners. Doch das Internet wird heute zunehmend auch von Friedensaktivisten genutzt. Henriette Wrege mit einem Beispiel.

Foto: DW, Sumaya Farhat-Naser
Sumaya Farhat-Naser

​​In Palästina hat nicht jeder einen eigenen Computer mit Internetzugang zu Hause, sagt Sumaya Farhat-Naser, Schriftstellerin und Professorin an der Universität Birzeit. Sie setzt sich für den Dialog zwischen jungen Israelis und jungen Palästinensern ein. Und sie setzt dabei auf's Internet. Für sie spielt das Medium insofern eine bedeutende Rolle, da man sich beim Reden nicht ständig selbst kontrollieren muss, nicht unterbrochen werden kann – selbst bei umstrittenen Äußerungen: “Wir sprechen aus, was uns am Herzen liegt, wir können unsere politischen Anliegen formulieren. Es bleibt dabei eine privat Angelegenheit und eine alternative Informationsquelle“, so Farhat-Naser. Trotz der gravierenden Probleme mache es Hoffnung, dennoch miteinander zu sprechen. Sie beschreibt in ihren Mails den schwierigen palästinensischen Alltag. Und ihre israelischen Partner schreiben dann zurück, wie sie die Konflikte in Israel und den besetzten Gebieten empfinden und welche Ängste sie haben.

Palästinensische und israelische Friedensaktivisten nutzen das Internet mit wachsender Begeisterung. Meistens gehen sie in Internetcafés, die seit knapp vier Jahren in den großen Städten wie Pilze aus dem Boden schießen. Farhat-Naser glaubt, dass es ein ideales Medium ist, um mit israelischen Jugendlichen Gespräche per Chat zu führen, die sich über die Grenze hinweg aussprechen wollen: “Auch wenn zum Teil geschimpft und Wut abgelassen wird, findet man trotz der Streitigkeiten doch irgendwann mal eine vernünftige Idee, mit der sich alle anfreunden können. Mit der Zeit entstehen dann richtige Dialoge, die allerdings privat bleiben. Man spricht nicht viel darüber.“

Der Cyberspace eröffnet vor allem den Mädchen ungeahnte Freiräume. Über das Internet können sie mit der Außenwelt in Kontakt treten. Sie können sich Rat und Hilfe holen, die Beratungsstellen im Netz aufsuchen: z.B. was zu tun ist, wenn sie verheiratet werden sollen oder wenn es zu gewalttätigen Übergriffen zu Hause kommt. Im Internetcafé, das von Männern und Frauen gleichermaßen genutzt wird, kann sogar die traditionelle Geschlechtertrennung aufgehoben werden.

Und nicht nur in privater und friedenspolitischer Hinsicht spielt das Internet in den Autonomiegebieten eine immer größere Rolle. So legt das palästinensische Erziehungsministerium großen Wert auf E-Unterricht und IT-Technologien. Heute sind der größte Teil der Palästinensischen Autonomiebehörde und Hunderte von Nichtregierungsorganisationen im Netz. Es existieren verschiedene Mail-Server und Mailing-Listen – so z.B. die Special Interest Group-Mailing-Liste ITSIG, wo praktische Dinge des Alltags kommuniziert werden können.

Henriette Wrege, &copy 2003 Deutsche Welle