Perspektiven der Frauen im Arabischen Frühling

In unserer Dialog-Serie diskutieren die prominenten Journalistinnen und Buchautorinnen Charlotte Wiedemann und Mansura Ez Eldin über die gesellschaftlichen Errungenschaften und Perspektiven der Frauen im Arabischen Frühling.

Von Charlotte Wiedemann / Mansoura Ez-Eldin

Berlin, 10. Mai 2012

Liebe Mansura Ez Eldin,

wir werden uns hier eine Weile unterhalten – wie schön!

Charlotte Wiedemann; Foto: © Charlotte Wiedemann
Charlotte Wiedemann

​​Aber wer sind "wir"? Zwei Frauen, gewiss, aber das ist ja wohl nicht alles. Wir haben beide studiert (Sie Publizistik, ich Sozialpädagogik und Soziologie), und wir schreiben beide, wobei Sie schöner schreiben als ich. Sprache ist für uns beide ein Mittel, uns mit der Welt auseinander zu setzen.

Nun die Unterschiede. Der erste liegt auf der Hand: Wir kommen aus zwei Kulturkreisen. Der zweite Unterschied enthüllt sich, wenn man unsere Fotos betrachtet: Wir kommen aus zwei Generationen, ich bin 22 Jahre älter als Sie (aber bitte behalten Sie das für sich!).

Spielt Alter eine Rolle? Ich denke: ja, aber nicht unbedingt in dem Sinne, dass es uns trennen müsste. Mein Alter versetzt mich in die Lage, dass ich persönlich eine längere Phase der Kämpfe von Frauen überblicken kann, gerade auch der Kämpfe im Westen, und das bewahrt mich manchmal vor Heuchelei und Überheblichkeit im Umgang mit nicht-westlichen Gesellschaften.

Damit Sie verstehen, was ich damit meine, will ich Ihnen eine kleine persönliche Geschichte erzählen: Ich war in meiner Schulklasse am Gymnasium das erste Mädchen, das mit einer Hose zum Unterricht kam. Ich ging an eine Mädchenschule, und alle Mädchen trugen Röcke, die Lehrerinnen natürlich auch. Als ich 11 Jahre war, bedrängte ich meine Mutter so lange, bis sie mir eine Hose kaufte. Es war eine weite Hose aus dickem braunem Stoff, mit einer strammen Bügelfalte; eine Art Männerhose. Ich habe nie den Morgen vergessen, als ich darin das erste Mal zur Schule ging. Weil der Stoff der Hose so steif war, ging ich wie ein kleiner Soldat beim Parademarsch – und ich war schrecklich stolz.

Das war in den 60ern Jahren des 20. Jahrhunderts; heute können sich viele gar nicht mehr vorstellen, wie konservativ die Sitten waren im "liberalen Westen". Nicht dass eine Hose so revolutionär wäre. Aber Kleinstadt-Mädchen zeigten eben damals nicht das, was man im Deutschen schamhaft "den Schritt" nennt. Es ist also gar nicht so lange her, dass es bei uns eine Kleiderordnung gab, die zu verletzen ein Tabubruch war. Diese Kleiderordnung hatte nichts mit Religion zu tun, sondern mit der gesellschaftlichen Vorstellung davon, was eine Frau darf.

Bitte verzeihen Sie, wenn dieser kleine Ausflug in die Vergangenheit zu lang geraten ist und ich Sie gelangweilt habe. Was ich zur Vorstellung meiner Person noch hinzufügen möchte: Ich habe einige Jahre in Malaysia gelebt und danach als Journalistin eine ganze Reihe islamisch geprägter Länder besucht, von Iran bis Mali. Darüber habe ich zwei Bücher veröffentlicht, und gerade schreibe ich an einem dritten; es hat den Titel "Vom Versuch, nicht weiß zu schreiben", eine Auseinandersetzung mit dem eurozentrischen Blick auf die Welt, entlang meiner eigenen Erfahrungen in verschiedenen Kulturen. Mich interessiert dabei sehr stark die psychologische Seite: Inwieweit wir uns überhaupt von unseren jeweiligen Prägungen emanzipieren können. Nun aber genug über mich!

Sie, liebe Mansura, kommen im Augenblick gewiss nicht zum Bücherschreiben, weil die Ereignisse in Ägypten so dramatisch sind. Ich verfolge die Nachrichten mit angehaltenem Atem. Da mein erster Brief Sie hoffentlich noch vor den Präsidentschaftswahlen erreicht, möchte ich Sie fragen: Wo sind die Frauen geblieben, die weiblichen Kandidaten, von denen noch vor einigen Monaten die Rede war? Ich gebe mich genauso wenig wie Sie der Illusion hin, dass gegenwärtig eine Frau in Ägypten Präsidentin werden könnte. Aber die Kandidatur war doch ein aufregendes Zeichen, dass einige Frauen beginnen, die sogenannten Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen. Was meinen Sie?

Mit herzlichen Grüßen aus Berlin

Ihre

Charlotte Wiedemann

***

 

Kairo, den 5. Juni 2012

Liebe Charlotte,

Zunächst einmal möchte ich Ihnen mitteilen, wie sehr mich der Beginn unseres Austauschs freut!

​​In Ihrem ersten Brief haben Sie Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen uns erwähnt, zumindest die offensichtlichsten. Ich kann Ihnen nur zustimmen, ja, ich würde sogar sagen, dass die Unterschiede zwischen uns unserem Dialog einen tieferen Sinn und eine durchaus beabsichtigte Lebendigkeit verleihen.

Ihre Erfahrungen hinsichtlich der Situation der Frau in anderen Kulturen und Ihr Wissen darum aus erster Hand wird uns, so hoffe ich, zahlreiche Missverständnisse ersparen und sicher stellen, dass Sie die Dinge ohne Vorurteile und Klischees sehen und nicht in vorgefertigte Schubladen mit festen Etiketten zwängen.

Das unmittelbare Erleben bewahrt ebenso wie das Alter vor "Heuchelei und Überheblichkeit im Umgang mit nicht-westlichen Gesellschaften".

Mir persönlich war es bisher nicht vergönnt, in einem anderen Land als Ägypten leben zu dürfen. Allerdings habe ich zur Teilnahme an literarischen Kolloquien und Festivals ein gutes Dutzend westlicher Länder besucht. Dabei bot sich mir die Gelegenheit, ausführlich mit einem breiten Spektrum von Frauen verschiedener Generationen und Denkrichtungen ins Gespräch zu kommen.

Was meine Erfahrung in Ägypten angeht, so hatte ich das Glück, unterschiedliche gesellschaftliche Milieus erleben zu dürfen. Ich wurde nämlich in einem kleinen, abgelegenen Dorf geboren und bin mit 18 Jahren zum Studium nach Kairo gegangen, wo ich allein lebte. So konnte ich die unterschiedlichsten Aspekte der Lebenswelten von Frauen sowohl auf dem Land als auch in der Stadt beobachten und auf verschiedenen Ebenen vergleichen.

In meinen ersten Jahren in Kairo gehörte ich zu den Fremden und Ausgegrenzten, die zur Untermiete wohnen und sich nur unter ihresgleichen auf den Straßen und Gehwegen wiederfinden. Nach und nach bin ich dann, nach meinem Studienabschluss, meiner Tätigkeit als Journalistin und dem Beginn meiner Laufbahn als Schriftstellerin, zu einer "Städterin" geworden oder genauer gesagt: Ich fand Wohnung und Arbeit und gründete schließlich eine kleine Familie.

Ich erwähne das nur, um mich vorzustellen, genauso wie Sie sich mir vorgestellt haben, indem Sie Ihre Reisen und Bücher erwähnten und die bemerkenswerte Anekdote erzählten, wie Sie im Deutschland der 1960er Jahre zum ersten Mal Hosen trugen.

Ich glaube allerdings nicht, dass dieses interessante Detail lediglich eine persönliche Erfahrung widerspiegelt. Nein, es geht weit darüber hinaus, es beleuchtet schlaglichtartig die Sozialgeschichte einer kleinen europäischen Stadt in den Sechzigern und die Lage der Frauen dort. Ich würde natürlich nicht fälschlich-vereinfachend sagen, dass die Anekdote alles erzählt oder ein komplettes Bild bietet, aber sie bildet doch ein bedeutungsvolles kleines Detail in einem großen ganzen Rahmen.

Und zu guter Letzt frage ich mit Ihnen: Wo sind die Frauen bei den ägyptischen Präsidentschaftswahlen geblieben?

Lassen Sie mich antworten, indem ich laut denke: Sollte man denn nur auf Frauen in der politischen Führungsetage setzen? Natürlich ist es wichtig, dass hier Frauen vertreten sind. Das ist ein Garant für die langfristige Verbesserung der Lage der Frau, und sei es auch nicht immer und überall.

Aber vielleicht sollte man jetzt auf ganz gewöhnliche Frauen setzen. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass auch Durchschnittsbürger und Ausgegrenzte Geschichte schreiben. Die arabischen Revolutionen lassen sich, trotz der von Land zu Land unterschiedlich starken Beteiligung von Intellektuellen, als "Bürgerrevolutionen" bezeichnen.

In Ägypten lässt sich beobachten, dass ganz gewöhnliche Frauen diejenigen Akteure sind, die sich gegen die festgefahrenen Regeln und Normen in den arabischen Gesellschaften wenden. Vielleicht ist in diesem Zusammenhang Samira Ibrahim besonders bemerkenswert, weil sie den überholten Traditionen und der gesellschaftlicher Heuchelei die Stirn geboten hat und außerdem einen kräftezehrenden Kampf mit den Militärs führt, die sie zusammen mit anderen festgenommenen Frauen zu einem "Jungfräulichkeitstest" zwangen.

Genau wie Sie hätte ich mir auch gewünscht, wenn Frauen für die Präsidentschaftswahlen kandidiert hätten; und genau wie Sie hätte ich in solch einem Fall auch nicht damit gerechnet, dass eine von ihnen jemals gewinnen würde. Der Weg bis dahin ist noch lang und steinig. Doch hätte es eine Frau unter den Kandidaten gegeben, hätte das zumindest symbolisch schon viel bedeutet.

Zu Beginn des Wahlkampfs war ja noch eine Frau als mögliche Kandidatin im Gespräch, in Gestalt von Bouthaina Kamel, der es jedoch nicht gelang, die nötigen 30.000 Mandate von Bürgern oder die Unterstützung von 30 Parlamentariern aufzubringen und die damit aus dem Präsidentschaftsrennen ausschied.

Vielleicht ist sie gescheitert, weil sie eine Frau ist, vielleicht, weil gerade sie keine breite Unterstützerbasis in der Bevölkerung hat, vielleicht hat auch beides, neben anderen Faktoren, die mit dem komplexen Umfeld dieser Wahlen zusammenhängen, eine Rolle gespielt. Aber das ist ein weites Feld, das einer langen Erörterung bedürfte.

Mit herzlichen Grüßen aus Kairo

Mansura Ez Eldin

Aus dem Arabischen von Nicola Abbas

***

Berlin, den 16. Juni 2012

Liebe Mansura,

ich gebe Ihnen recht, dass wir nicht zu sehr auf Führungspositionen für Frauen starren sollten – Positionen, die zu erringen in den arabischen Ländern gegenwärtig noch illusorisch sind. Ich stimme Ihnen gleichfalls zu, dass "auch Durchschnittsbürger und Ausgegrenzte Geschichte schreiben".

Charlotte Wiedemann; Foto: © Charlotte Wiedemann
Charlotte Wiedemann

​​Trotzdem sollten wir einen Punkt nicht übersehen: Wir brauchen Frauen in herausgehobener Stellung als Modell, als Beispiel. Auch wenn sie die reale Lage der Masse der Frauen nicht verändern, auch wenn sie keine bessere Politik als Männer machen. Aber sie verändern etwas in den Köpfen, im Bewusstsein der Frauen. Denn oft trauen ja die Frauen ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen nicht genug zu – das ist das Ergebnis von Jahrhunderten Patriarchats.

Nehmen wir das Bespiel von Angela Merkel, der deutschen Kanzlerin. Ich bin keine Anhängerin ihrer Politik. Aber durch Frau Merkel ist es normal geworden, eine Frau über Jahre in dieser Position zu sehen, ständig ist sie auf allen Fernseh-Kanälen. Niemand denkt jetzt mehr: "Eine Frau kann das nicht." Übrigens hat Frau Merkel keineswegs von einem Erstarken der Frauenbewegung profitiert.

Sie ist vielmehr zunächst durch die Umstände der Geschichte – die Turbulenzen der deutsch-deutschen Vereinigung – und durch eine Reihe von Zufällen auf der Karriereleiter nach oben gestiegen. Und dann wurde sie sehr machtbewusst und hat alle männlichen Konkurrenten ausgetrickst. Ich habe sie vor 20 Jahren kennengelernt, als sie eine junge, noch ganz unerfahrene Ministerin war. Damals sagte sie mir, sie fühle sich wie jemand, der in einem zu schnellen Fahrzeug gereist ist: Die Seele hat Schwierigkeiten, genauso schnell hinterherzukommen. Ob sich Frau Merkel daran heute noch erinnert?

Frauen müssen anderen Frauen mehr zutrauen: Ich denke, das ist der Schlüssel für vieles. In einigen autoritär regierten arabischen Ländern gab es eine Frauen-Quote, auch in Ägypten unter Mubarak. Nun sitzen im frei gewählten ägyptischen Parlament weniger Frauen als früher im unfreien Parlament. (Die Entscheidung des Verfassungsgerichts, das Parlament aufzulösen, lasse ich hier beiseite – das ist eine andere Geschichte.) Wir können die Machtlosigkeit der Frauen nicht nur den Männern in die Schuhe schieben. Ich weiß auch aus anderen Ländern: Oft wählen Frauen lieber Männer. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen. Die Ideologie, dass die Öffentlichkeit eine Domäne der Männer sei, gehört sicherlich zum patriarchalen Erbe arabischer Kultur. Aber diese Ideologie existiert eben auch in anderen Kulturen, manchmal mehr, manchmal weniger, und sie nistet in vielen Frauenköpfen rund um den Globus.

Ich denke, die arabischen Revolten haben gezeigt, dass Frauen als Aktivistinnen eher akzeptiert werden als in der institutionalisierten Politik. (Bitte korrigieren Sie mich, wenn das eine falsche Wahrnehmung ist!) Viele westliche Beobachter haben daraus folgende Schlussfolgerung gezogen: "Während der Revolution hat Religion keine Rolle gespielt, darum waren Frauen stark. Jetzt sind die Islamisten stark geworden, darum verlieren die Frauen." Ich halte diese These überwiegend für falsch. Erstens ist das eine typische Übertreibung: Erst wurde in den westlichen Medien die Rolle der arabischen Frauen hochgejubelt, dann waren sie plötzlich wieder die furchtbar unterdrückten Musliminnen. Als gäbe es nur Schwarz oder Weiß!

Aber es geht noch um etwas anderes: Der Weg von der Straße in die politischen Institutionen ist für Frauen oft lang – und das ist nicht nur in arabischen Ländern so. Warum? Weil es um Macht und Konkurrenz geht. Auf der Straße, bei Demonstrationen oder in der Basisarbeit nehmen die weiblichen Aktivistinnen den Männern keine Posten weg. Anders in der Politik: Da wird um konkrete Sitze, um Pfründe, um Geld und Status gekämpft. Die Kluft zwischen der Präsenz der Frauen in politischen Bewegungen und ihrer schwachen Stellung in Parlamenten, Kommissionen, Regierungen ist also keineswegs ein singuläres Phänomen für den arabischen Frühling.

Auch in Deutschland gibt es dafür Beispiele: Die politischen Parteien haben Quoten eingeführt (in unterschiedlicher Höhe), damit Frauen angemessen berücksichtigt werden, wenn die Listen mit den Kandidaten für Wahlen zusammengestellt werden. Das ist nämlich auch hier keineswegs selbstverständlich! Und sogar in den Medien, wo heutzutage sehr viele Frauen arbeiten, gibt es jetzt eine neue Diskussion, ob eine Quote für Leitungspositionen nötig ist. Gerade hat eine Gruppe von angesehenen Journalistinnen eine Initiative ins Leben gerufen, die folgendes Ziel hat: In fünf Jahren sollen 30 Prozent der Chefredakteursposten mit Frauen besetzt sein. Gegenwärtig sind es nur zwei Prozent!

Also, liebe Mansura, lachen wir gemeinsam über diesen Witz: Die deutschen Medien wollen die arabischen Frauen befreien, aber zu Hause, im eigenen Büro, lassen sie kaum Frauen an die Spitze!

Während ich Ihnen diese Zeilen schreibe, warten wir noch auf das Ergebnis der Präsidentenwahl. Ich bin gespannt, was Sie mir dazu schreiben werden!

Ich grüße Sie herzlich aus Berlin!

Charlotte

***

Kairo, 16. Juli 2012

Liebe Charlotte,

​​während ich Ihnen diese Zeilen schreibe, hört man, dass der gewählte Präsident, der Kandidat der Muslimbrüder, Muhammad Mursi, unter anderem eine Frau in den stellvertretenden Präsidentenrat ernennen wird. Sollte dem tatsächlich so sein, wäre dies in der jüngeren Geschichte unseres Landes die erste Frau, die dieses Amt bekleidet.

Das ist natürlich ein guter Anfang, wenn auch der wirkliche Wandel, wie ich ihn mir wünsche, darin läge, dass eine Ägypterin eines Tages durch Wahlen an die Spitze des Staates käme.

Betrachten wir es doch einmal kurz: Wie paradox es doch ist, dass ein solcher Schritt so lange hat auf sich warten lassen in einem Land, das bereits vor Tausenden von Jahren von starken Herrscherinnen wir Hatschepsut, Kleopatra und anderen herausragenden pharaonischen Königinnen regiert wurde!

In meinem letzten Brief wollte ich keinesfalls darauf hinaus, dass wir nicht darauf beharren sollten, Führungspositionen für Frauen zu erlangen, im Gegenteil, ich halte das für eine notwendige und wichtige Forderung. Ich wollte lediglich sagen, dass wir uns nicht damit begnügen sollten, uns lediglich auf Frauen in der Elite und in Führungskreisen zu verlassen, denn dies alleine gewährleistet nicht eine Verbesserung der Lage von Frauen in der Mitte der Gesellschaft.

In Ägypten gibt es seit Jahrzehnten Ministerinnen und Frauen in leitenden Funktionen, und seit Jahren sind Frauen in der Justiz tätig. Ich hoffe, dass die Frauen nach ihrem fantastischen Einsatz während der Januar-Revolution nun auch alle ihre Rechte unbeschnitten erhalten, auch wenn ich weiß, dass der Weg dorthin noch lang und beschwerlich sein wird. Doch gibt es auch optimistisch stimmende Anzeichen, zuvorderst den neuen Geist, der sich nach meiner Wahrnehmung unter den Ägypterinnen unterschiedlichster sozialer und kultureller Couleur ausbreitet.

In diesem Zusammenhang mag es genügen, nur einmal auf die selbst in ländlichen Gegenden äußerst bemerkenswert hohe Wahlbeteiligung von Frauen bei den Präsidentschaftswahlen zu verweisen. Millionen von Frauen gingen zu den Urnen, und viele von ihnen waren gegen die Änderungen des Personenstandsgesetzes, die von islamistischen Abgeordneten des Parlaments vor dessen Auflösung vorgeschlagen wurden, darunter auch das Vorhaben, das zulässige Mindestalter für eine Heirat bei Mädchen auf 14 Jahre zu senken.

Als die den Muslimbrüdern nahestehende Partei "Freiheit und Gerechtigkeit" der hohen Wahlbeteiligung von Frauen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen gewahr wurde, gab sie vor dem zweiten Wahlgang flugs bekannt, dass sie nichts mit einem derart die Frauen betreffenden Gesetzesvorhaben zu tun habe.

Ich habe mit mehreren Analphabetinnen gesprochen, die gegen eine Senkung des Mindestheiratsalters sind, und gesehen, wie wichtig ihnen eine gute Bildung für ihre Töchter ist – so als könne dies sie für das entschädigen, was ihnen selbst vorenthalten blieb. Eine sagte mir sogar wortwörtlich, dass sie, hätte sie nur zur Schule gehen können, sicher nichts Geringeres als Ministerin geworden wäre. Sie träume von dem Tag, an dem ihre Tochter eine leitende Position einnehmen würde anstatt wie sie selbst in jungen Jahren zwangsverheiratet zu werden.

Ich pflichte Ihnen bei, dass die Präsenz von Frauen in Führungspositionen in ihrem jeweiligen Land einen wichtigen Mehrwert für alle Frauen darstellt. Man mag die Politik Angela Merkels, Margaret Thatchers oder Benazir Bhuttos gutheißen oder nicht – die Präsenz dieser Frauen in herausgehobener Stellung jedenfalls stellt nach wie vor eine Inspiration für Frauen in den verschiedensten Ländern der Welt dar, denn sie hat viele davon überzeugt, dass ein solcher Traum nicht unmöglich ist. Vielleicht hatte sich ja auch jene Frau, die mir so traurig von ihrem verpassten Traum, Ministerin zu werden, erzählte, davon inspirieren lassen.

Von den genannten Politikerinnen kommt vielleicht der verstorbenen Benazir Bhutto als Tochter einer konservativen islamischen Gesellschaft besondere Bedeutung zu. Unter anderem ihre Wahl zur Premierministerin Pakistans Ende der 1980er Jahre und die ablehnenden Reaktionen darauf, die sich auf einen Verstoß gegen das islamisch Scharia-Recht beriefen, bewegte die marokkanische Schriftstellerin Fatima Mernissi dazu, sich in der islamischen Geschichte auf die Suche nach Herrscherinnen zu begeben, deren Namen in der offiziellen Geschichtsschreibung bewusst unterschlagen wurden.

Und so leuchtet Mernissi in ihrem daraus entstandenen Werk "Herrscherinnen unter dem Halbmond – Die verdrängte Macht der Frauen im Islam" diese vergessene Geschichte der Herrschaft von Frauen in frühen islamischen Gesellschaften von Delhi bis nach Kairo, vom Jemen bis nach Andalusien und Nordafrika aus.

Ich glaube ebenfalls, dass es Not täte, sich der islamischen Geschichte neu zu widmen und sie so umzuschreiben, dass die Rolle der Frau und das Erbe starker Frauen besser zur Geltung kommen, was ansonsten komplett ausgeblendet wird, als habe dies nie existiert.

Aber nun noch zu einem ganz anderen Punkt: Ich halte Ihre Bemerkung, dass Frauen als Aktivistinnen eher akzeptiert werden als in der institutionalisierten Politik, für absolut zutreffend. In Ägypten erhält diese Problematik allerdings noch eine weitere Dimension: Die Revolution ist nämlich unvollendet, nicht die Revolutionäre sind nach dem Sturz Mubaraks an die Macht gekommen, sondern das Militär. Und die Militärs haben ihre tiefe Abneigung gegen alle Revolutionäre, Männer und Frauen, in der Übergangsphase deutlich an den Tag gelegt, wobei sie allerdings weibliche Aktivistinnen noch klarer ignoriert haben. Ich glaube, die Lage der Aktivistinnen würde sich sicher um einiges günstiger darstellen, hätte die Revolution tatsächlich rasch ihre Ziele erreicht und die Macht errungen.

Dieser letzte Punkt stellt auch klar, dass keineswegs nur radikal-islamische Fundamentalisten für die erneute Marginalisierung von Frauen nach der Revolution verantwortlich zu machen sind. Natürlich haben sie sich im Allgemeinen klar frauen- und freiheitsfeindlich gezeigt, doch die wirkliche Marginalisierung und der viel bedeutendere Schaden gehen doch von der Militärjunta aus.

Es ist auch schön zu lesen, dass wir uns darin einig sind, dass manche Probleme, denen sich Frauen zu stellen haben, von anderen Frauen ausgehen. Das Phänomen der "frauenfeindlichen Frauen" ist weit verbreitet und ich glaube, der Einsatz für die Rechte und die Sache der Frau kann nur Erfolg haben, wenn wir beginnen, diesem Phänomen Einhalt zu gebieten. Wie anderswo auch spielen Frauen hier in Ägypten eine wichtige Rolle bei der Prägung der Überzeugungen und Verhaltensweisen ihrer Kinder und so können sie, wenn sie denn wollen, Werte wie die Gleichstellung der Geschlechter und die Achtung von Frauenrechten langfristig fest verwurzeln.

Hierzu fällt mir ein witziger Spruch ein, der während der Proteste über die ägyptischen Mütter kursierte: "Der ägyptische Revolutionär fürchtet nicht den Tod, mutig stellt er sich allen Geschossen, ob Gummi oder scharf, und den Panzern, aber er wagt es nicht, seiner Mutter einzugestehen, dass er demonstrieren war!"

Ich habe Ihnen auch noch Einiges zu westlichen Medien zu erzählen, aber lassen Sie uns das auf meinen nächsten Brief vertagen, denn ich habe mich heute schon über Gebühr lang ausgelassen.

In Erwartung Ihrer Antwort bin ich gespannt auf weitere Ihrer Gedanken,

in freundschaftlicher Wertschätzung

Mansura

Aus dem Arabischen von Nicola Abbas

***

Berlin, 08. August 2012

Liebe Mansura,

in Ihrem letzten Brief erwähnten Sie die marokkanische Soziologin Fatima Mernissi. Gestern habe ich sie getroffen, hier in Berlin! Ein langjähriger deutscher Freund von Madame Mernissi hatte ein privates Abendessen veranstaltet, zu dem ich freundlicherweise eingeladen wurde. Wie es sich für eine Feministin gehört, trug sie mit über 70 Jahren ihre kurzen Haare rot gefärbt, einen sehr roten Lippenstift und dazu noch allerlei rote Kleidung, die ein wenig an das ländliche Marokko erinnerte. (Letzteres ist eine gewagte Vermutung von mir, denn in Wahrheit kenne ich nur marokkanische Städte.)

Charlotte Wiedemann; Foto: Charlotte Wiedemann
Charlotte Wiedemann

​​

Fatima Mernissi war lebhaft wie eh und je; während unser Gastgeber noch den Fisch filetierte, hatte sie unserer Runde schon einige Thesen serviert. Eine davon war, dass die Araber jetzt gar nicht mehr nach Westen schauen würden, und dabei ließ sie mit spitzen Fingern den Westen neben ihrem Stuhl zu Boden fallen wie eine schmutzige Serviette.

Mernissi erforscht schon seit einem Jahrzehnt die sozialen Auswirkungen der pan-arabischen Satelliten-Kanäle, und mit deren Wirkung erklärt sie auch die arabischen Revolutionen: Durch die Entstehung eines weiten Raumes, in dem freie Rede und Kontroversen möglich geworden seien, habe sich auch das Kommunikations-Verhalten in den Familien geändert und das Bild der Frau. In Marokko hat sie gerade ein Buch herausgegeben, in dem sieben erfolgreiche Journalistinnen auf Mernissis Anregung hin ihren Lebenslauf und ihren Werdegang schildern. Das Buch heißt "Generation Dialog", in Abgrenzung von der Vergangenheit, die von männlichen Monologen geprägt war.

Liebe Mansura, ich möchte gerne unser beider geistige Vertrautheit mit Mernissi zum Anlass nehmen, einen Gedankenaustausch über die Themen Sexualität, sexuelle Kontrolle und sexuelle Belästigung zu beginnen. Mernissi geht davon aus, dass die Frau in der vor-islamischen Zeit sexuell offensiv war, mit vielen Männern schlief – und die Männer derart "zur anonymen sexuellen Ware reduzierte und ihnen das Recht auf Vaterschaft versagte". In der muslimischen Sozialordnung fänden sich deshalb viele Regelungen, um die gefährlich starken und sexuell aktiven Frauen einzugrenzen und einzuhegen; denn nur so konnte die stabile Kleinfamilie um einen Vater herum entstehen, als Basis der muslimischen Gemeinde.

Während im Westen die muslimische Frau bekanntlich immer als Opfer, also als schwach gesehen wird, beschreibt Mernissi sie als stark und lustvoll. Dass im Islam das Recht der Frau auf sexuelles Vergnügen ausdrücklich anerkannt wird, könnte man so geradezu als Friedensangebot an die Frau verstehen: Um es ihr zu versüßen, dass sie nur noch einen Sexualpartner haben durfte, musste der sich nun aber anstrengen, ihr zu gefallen. Soweit ich weiß, ist es nach islamischem Recht ein Scheidungsgrund, wenn sich die Frau dauerhaft unbefriedigt fühlt. Gemessen daran, wie schwer es im Allgemeinen den Frauen gemacht wird, eine Ehe von sich aus aufzulösen, ist es bemerkenswert, dass sexuelle Vernachlässigung ein so gewichtiger Trennungs-Grund ist. Übrigens unterstreicht dieser Passus noch etwas anderes, was im Westen oft nicht verstanden wird: Auch die religiös geschlossene Ehe von Muslimen ist Menschenwerk und kein "Sakrament", wie es die Katholiken nennen. Denn was kann Gott dafür, wenn der Ehemann im Bett ein Versager ist?

Ich frage mich allerdings, wie viele Muslima heutzutage den Mut haben, wegen sexueller Frustration die Scheidung zu verlangen?! Damit sind wir in der sozialen Realität unserer Tage angekommen, beim Arabischen Frühling und bei der Frage, wie Revolution, Sexualität und sexuelle Kontrolle zusammen hängen.

Liebe Mansura, Sie haben ja schon Angemessenes geschrieben über die sogenannten "Jungfräulichkeits-Untersuchungen", die man besser "Vergewaltigung im Amt" nennen sollte. Diese Übergriffe dienten dazu, so schrieben Sie, "die Frau für ihre Präsenz im öffentlichen Raum zu bestrafen, den die Männer nach wie vor als ihre Domäne betrachten". Was denken Sie nun über die brutalen Banden-Überfälle auf Frauen in der Umgebung des Tahrir-Platzes? Die ersten Meldungen darüber, wie Frauen dort von einem Mob die Kleider vom Leib gerissen wurden, habe ich noch abgetan: Ein ekelhafter Einzelfall. Aber mittlerweile kann man wohl von einem Einzelfall nicht mehr sprechen. Ich las den erschütternden Bericht der britischen Journalistin Natasha Smith und mir wurde richtig übel dabei. Gewiss sind auch Ägypterinnen von diesen Überfällen betroffen; die Ausländerinnen haben nur weniger Scheu, öffentlich über das zu reden, was ihnen passiert ist.

Vor kurzem unterhielt ich mich darüber mit einem jungen deutschen Journalisten, der jetzt in Kairo arbeitet. Und er hatte prompt so etwas auch erlebt, als er mit einer Kollegin, einer Fotografin, am Tahrir-Platz unterwegs war. Sie wurde angegriffen, und es gelang – so erzählte der Kollege – nur mit vereinten Kräften, sie den Händen des Männer-Mobs zu entreißen und in Sicherheit zu bringen. Ich fragte den Kollegen, ob es sich seines Eindrucks nach um bezahlte Schläger des alten Regimes handele. Er meinte: Nein. Es seien eher "normale Männer" gewesen. Er schilderte mir dann die Gier und die Gewaltbereitschaft in ihren Augen, er konnte diesen Anblick nicht vergessen.

In einem Artikel der englischen Online-Ausgabe von Al-Ahram lese ich dazu: In allen Zeugenaussagen erwähnten die Frauen Zuschauer, welche die Gewalt entweder durch Rufe anfeuerten oder aber nichts taten, um sie zu verhindern. Diese Beobachtung beunruhigt mich sehr. Denn das Verhalten von Zuschauern sagt immer mehr über den Zustand einer Gesellschaft als das einzelne Verbrechen.

Bitte helfen Sie mir, dieses Phänomen zu verstehen! Worum handelt es sich hier? Hat das alles überhaupt etwas mit sexuellem Begehren zu tun? Oder werden die Frauen exemplarisch dafür bestraft, dass ihre Geschlechtsgenossinnen den öffentlichen Raum erobern? Sind die Angreifer Konterrevolutionäre oder Revolutionäre? Oder bezahlte Schläger, denen sich aber "normale Männer" anschließen?

Früher wurde in Deutschland oft die Schuld bei den Frauen gesucht, wenn sie vergewaltigt wurden: Ihr Rock sei zu kurz gewesen, sie hätten den Mann dadurch "provoziert". Sogar Richter sprachen solche Urteile! In diesem Denken war die vergewaltigte Frau die Täterin und der Mann ihr Opfer. Durch die Frauenbewegung hat sich allmählich das Bewusstsein geändert. Anders gesagt: Manche Leute mögen genauso denken wie früher, aber sie trauen sich nicht mehr, in der Öffentlichkeit so zu argumentieren.

Sollten wir sexuelle Belästigung als (mögliche) Vorstufe sexueller Gewalt sehen? Dass sexuelle Belästigung jedenfalls überhaupt nichts damit zu tun hat, wie sich Frauen kleiden, zeigt sich am deutlichsten im Jemen. Dort sind fast alle Frauen bis zum Augenlid verhüllt – und viele Frauen klagen über sexuelle Belästigung. Zunächst habe ich gedacht, die Frauen seien überempfindlich. Vor einigen Jahren hatte ich dort eine Dolmetscherin, die uns jedes Mal zwang, das Taxi zu verlassen, wenn sie bei dem Fahrer einen anzüglichen Unterton heraushörte. Manchmal steigern sich Frauen in so etwas hinein; darüber haben Sie ja auch schon geschrieben. Aber bei meinem letzten Aufenthalt im Jemen, als ich mich damit beschäftigte, wie auch die Jemenitinnen im Zuge der Revolution im öffentlichen Raum präsent waren, hatte ich eine ganz robuste, emanzipierte Dolmetscherin. Sie verhandelte stets hart mit den Taxifahrern um den Fahrpreis – und wurde dafür von manchen Fahrern mit übelsten sexuellen Schimpfworten bedacht.

Was ist da los?!

Ist das ein unterirdischer Geschlechterkampf? Sind es Auswüchse einer Epoche, in der so vieles im Umbruch ist? Ich bin gespannt auf Ihre Antworten.

Mit sehr herzlichen Grüßen

Charlotte

* * *

Kairo, 1. Oktober 2012

Liebe Charlotte,

Ihr letzter Brief enthielt zahlreiche Punkte, die eingehendere Betrachtung verdienen und aus denen sich längere Debatten ergeben können.

Lassen Sie mich mit Fatima Mernissi beginnen, deren Werke ich im Studium kennenlernte. Mir gefällt ihre Sichtweise auf Frauenfragen im arabisch-islamischen Kontext vor dem Hintergrund der islamischen Geschichte und die Art, wie sie das komplette Gebilde frauenfeindlicher Denkweisen in diesem Kontext aufbricht, wobei sie gleichzeitig mit vielen im Westen verbreiteten Stereotypen über muslimische Frauen aufräumt.

​​Aber bezüglich ihrer Aussage, dass "die Araber jetzt gar nicht mehr nach Westen schauen" fürchte ich, dass es sich dabei um einen etwas vorschnellen Allgemeinplatz handelt. Von welchen Arabern und welchem Westen reden wir denn, wenn wir derartige Aussagen treffen?!

Unter radikalen Islamisten und auch außerhalb ihrer Reihen gibt es viele Stimmen, die eine reine, in sich selbst hermetisch abgeriegelte Identität propagieren und die westliche Welt angreifen, die sie als ungläubig oder auch als Urheber von Verschwörungen und Ausbeutung darstellen. Doch selbst sie wissen um die Unmöglichkeit einer vollkommenen Isolation in der heutigen Welt.

Auf der anderen Seite gibt es neue Generationen, die sich selbst als Kinder der globalisierten Welt verstehen, ungeachtet alter Spaltungen in Ost und West. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise diejenigen, die den Diskurs der ägyptischen Revolution in ihren Anfangstagen geprägt haben.

Und es gibt wiederum solche, die den Westen als kulturelles, nicht geographisches Konzept begreifen, und versuchen, von den seinen positiven Aspekten zu profitieren, seine Probleme und Schattenseiten jedoch nicht aus dem Blick verlieren. Diese Generation unterscheidet deutlich zwischen dem Westen der Freiheiten, der Menschrechte, der Kultur, Philosophie und Literatur und dem kriegerischen, kolonialisierenden und hochmütigen Westen im Umgang mit anderen Kulturen.

Andererseits kann ich Frau Mernissi nur zustimmen, wenn sie schreibt, dass das offensive sexuelle Verhalten der Frauen in der vor-islamischen Zeit der Hauptbeweggrund für den Versuch war, die von sexuell aktiven, starken Frauen ausgehende Gefahr einzudämmen. Und ich denke im Übrigen, dass alle monotheistischen Religionen in der einen oder anderen Form ähnlich vorgegangen sind.

Der Islam sichert den Frauen de facto das Recht auf sexuellen Genuss zu und führt dessen Nichtvorhandensein als Scheidungsgrund an. Doch trauen sich nur wenige Frauen heutzutage, dies offen anzusprechen oder gar deshalb die Scheidung einzufordern.

Religiöse Texte sind, wie Sie wissen, vielschichtig. Daher sind wir zu ihrem Verständnis auf die Exegese angewiesen. Doch leider herrscht derzeit meist eine besonders rigide und oberflächliche Interpretation des Islam vor – Interpretationen, die nicht auf den tieferen Sinn und die Essenz des religiösen Textes eingehen. Diese wortwörtlichen Auslegungen gehen von einer äußerst patriarchalisch-machistischen Sichtweise aus. Ihre zumeist feindselig-ablehnende Haltung gegenüber Frauen versuchen die Protagonisten dieser Richtung so zu verpacken, dass sie ihr das religiöse Rechtfertigungsmäntelchen umhängen, sie sei "ur-islamisch".

Ich muss in diesem Zusammenhang an die Auslegung des tunesischen Intelektuellen Lafif Lakhdar denken, in der er die Ansicht vertritt, dass ein Teil des frauenfeindlichen Gedankenguts islamischer Extremisten sozusagen als Rache an ihren Müttern daherkommt, die sie in der Persönlichkeit der "Mutter der Gläubigen", Aischa, verkörpert finden – als Rache an ihr für ihre aktive Teilhabe an dem ersten großen Schisma des Islams in Folge des Todes des Propheten Muhammad. Denn aufgrund ihrer Aufwiegelung zum Mord am Kalifen Uthman Ibn Affan und ihrer Beteiligung an den Kämpfen des Kalifen Ali Ibn Abu Taleb stellt sie das kollektive Bewusstsein als "mordgierige Mutter" hin.

In der islamischen Geschichte wimmelt es nur so von starken Frauen – auch solchen, die es an die Spitze der Macht brachten und Rollen einnahmen, die sich nicht abstreiten lassen. Bis heute sind die islamisch-arabischen Gesellschaften reich an starken Frauen, die für ihre Rechte als Frauen sowie für die Menschenrechte allgemein kämpfen. Und dennoch werden sie in armseligen Stereotypen fälschlicherweise verkürzt und auf die Rolle der Schwachen und Unterdrückten beschränkt.

Das Problem mit diesen Stereotypen liegt nicht darin, dass sie zwangsläufig nach einem starren Muster funktionieren, sondern dass sie ein komplexes, sehr lebendiges Gesamtbild auf nur einen seiner vielen Aspekte zu verkürzen suchen und als einzige Wahrheit darstellen.

Die Vorstellung von der arabischen Frau als alleiniges Opfer ist leider in den westlichen Medien weit verbreitet. Frauen waren bereits vor dem Beginn der gegenwärtigen Revolutionen präsent und nicht erst mit dem Erstarken der Islamisten im Gefolge des Arabischen Frühlings, wie manch einer denken mag.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie mich in den ersten Tagen der ägyptischen Revolution, als gerade auch Ägypterinnen die Demonstrationen in vorderster Reihe mit anführten, ein Schreiben eines renommierten italienischen Magazins erreichte, in dem ich gebeten wurde, über die von den Islamisten ausgehende Gefahr und deren "Revolution" gegen die ägyptische Frau zu schreiben.

Als ich darauf erwiderte, dass Männer und Frauen gleichermaßen auf den Straßen und Plätzen des Landes von den Sicherheitskräften des Mubarak-Regimes verfolgt würden – und dies nicht etwa von den Islamisten, verloren die Verantwortlichen des Magazins schnell jegliches Interesse an einem Beitrag.

Das war Anfang Februar 2011. Damals spielten die Islamisten noch überhaupt keine bedeutende Rolle in der Januar-Revolution und stellten auch noch gar keine Bedrohung für die ägyptische Frau dar. Doch der Vorwurf lag bereits in der Luft. Als dann radikale Islamisten verstärkt frauenfeindlich in den Vordergrund traten, wurden im Westen erneut die voreingenommenen Stimmen laut, die die ägyptische Frau lediglich als passives Opfer sehen will und dabei ihren hartnäckigen Widerstand im Verlauf der gesamten Revolution völlig ignorierten.

Tatsächlich sind frauenfeindliche Phänomene in unserer Gesellschaft weit verbreitet: Sie werden als "sündige Verführerinnen" abgestempelt, gelten den islamistischen Hardlinern als "geistig und religiös defizitär", ihre bloße Existenz außerhalb des Hauses wird von ihnen nicht gewünscht. Gemäß ihrer Vorstellung wird jede Frau zu einer neuen Eva, die nichts anderes im Sinn hat, als Adam zu verführen, und ihn damit in die Vertreibung aus dem Paradies drängt.

Dies hängt eng zusammen mit dem Thema der sexuellen Belästigung, wobei es sich ja hierbei nicht nur um einen körperlichen Übergriff handelt, sondern auch um einen offenen Angriff auf die Bewegungsfreiheit und die freie Kleiderwahl der Frauen, ja gar auf die bloße Präsenz von Frauen im öffentlichen Leben. Diese Entwicklung deutet auch darauf hin, dass es wohl ein ganz starkes Bestreben gibt, Frauen ganz aus den öffentlichen Raum zu verbannen und sie auf Haus und Schlafzimmer zu beschränken, was sie zu Haussklavinnen degradieren würde, die in unserer heutigen Zeit wie im finstersten Mittelalter leben müssen.

Als ich schrieb, dass sexuelle Belästigung ein Mittel zur Rache an den ägyptischen Frauen für deren aktive Partizipation bei der Revolution war, bezog sich das vor allem auf die Gewalt der Angehörigen der paramilitärischen Sondereinsatzkräfte, der Militärpolizei oder der Armee, die politische Aktivistinnen halbnackt auf den Straßen schleiften, sie auszogen und demütigenden Jungfräulichkeitstests unterzogen. Übrigens geht dieses Gewaltphänomen bereits auf die Zeit Mubaraks zurück, als Demonstrantinnen systematisch von Schlägertypen sexuell belästigt wurden, um vorrevolutionäre Proteste gegen das Regime im Keim zu ersticken.

Das Problem der sexuellen Belästigung reicht aber noch viel weiter, selbst wenn sie immer aus der gleichen herabwürdigenden Sichtweise auf den Körper der Frau resultiert, die Frauen lediglich auf ihre Körperlichkeit reduziert. Die Frau ist demnach für sie nur ein sexuelles Gefäß, in das sich die Wünsche und Gelüste des Mannes ergießen können.

Es ist ein altes Problem, das sich allerdings in den letzten Jahren derart verschärft hat, dass nun ganze Wellen kollektiver Belästigung auftreten, bei denen Männer wütend ihre unterdrückten sexuellen Wünsche an Frauen auslassen. Insbesondere bei Festen und Feierlichkeiten kommt dies vor. Auch sind manche Orte stärker betroffen als andere, so dass es bei uns mittlerweile sogenannte "Belästigungskarten" gibt, auf denen Orte, an denen kollektive Belästigung verstärkt auftritt, gesondert markiert sind.

Das Paradox liegt darin, dass in einem Land, in dem bereits der Austausch eines Kusses auf offener Straße zwei Liebende in ernsthafte Schwierigkeiten bringen kann, viele triebgesteuerte Männer, die die die körperliche Integrität einer Frau antasten und ihren Körper betatschen, nicht etwa von den Umstehenden vertrieben werden, sondern letztere oft gar noch als Schaulustige eifrig Seite stehen.

Bemerkenswert finde ich hier die wirkliche dümmliche Reaktion, stets dem Opfer die Schuld hierfür zuschieben zu wollen, sei es durch den direkten Vorwurf, die Frau trage ja die volle Verantwortung für die sexuelle Belästigung oder den Übergriff, weil sie den Mann verführt habe, oder sei es in der etwas verdeckteren Form, bei der zwar der Übeltäter verurteilt wird, gleichzeitig jedoch dem Opfer geraten wird, züchtig zu sein und keine aufreizende Kleidung zu tragen – obwohl sogar Kopftuchträgerinnen und Vollverschleierte auf der Straße sexuell belästigt werden!

Ganz besonders erregt mich jedoch die Neigung mancher Frauen dazu, in diesem Zusammenhang vollkommen machistisch-männlich-sexistische Standpunkte zu übernehmen. Stellen Sie sich nur einmal vor, meine liebe Charlotte: Es gibt tatsächlich Frauen, die in jüngster Zeit Opfer von Belästigungen unter Verwendung reaktionärer Aussagen folgenden Kalibers angegriffen haben: "Bist Du belästigt worden, so strafe dich selber für den Schaden, den du der Keuschheit des jungen Mannes zugefügt hast!" Oder das Opfer wird beschrieben als "dummes Luder, die ihr Fleisch zur Schau gestellt hat"!

Ich glaube, dass das Phänomen der sexuellen Belästigung – abgesehen davon, dass sie allein für sich genommen eine abscheuliche Krankheit darstellt –, auch ein Symptom für viel tiefer verborgenere gesellschaftliche Krankheiten darstellt. Diese müssten erforscht, ans Tageslicht gebracht und von Grund auf behandelt werden. Und bis dahin müssten all jene, die Frauen sexuell belästigen oder sich sonstwie gewaltsam gegenüber ihnen verhalten, viel schärfer bestraft werden.

Es geht hier längst nicht mehr nur um Einzelfälle. Wer das behauptet, leistet Beihilfe für die weitere Ausbreitung dieser gefährlichen Krankheit. Ich kann Ihnen Ihre Frage nach der Zugehörigkeit der Angreifer, ob es Revolutionäre sind oder nicht, nur schwer genau beantworten, denn es gibt dazu keine verlässlichen Statistiken. Höchstwahrscheinlich handelt es sich jedoch um eine bunte Mischung unterschiedlicher Gruppen, von bezahlten Schlägern über Durchschnittsbürger, die ihre unterdrückte Sexualität auslassen, bis hin zu solchen, die sich durch die massive Präsenz von Frauen auf den Plätzen während der Demonstrationen provoziert fühlen. Auch die Motive variieren von sexueller Aushungerung über unterschwelligen oder offen zur Schau gestellten Frauenhass bis hin zu einer Mischung aus allem zusammen.

Wichtig festzuhalten ist jedoch, dass die ägyptischen Frauen sich mutig zur Wehr setzen und noch mehr öffentlich auftreten und sich für ihre Rechte stark machen. Es stimmt zwar, dass manche der Opfer kollektiver Belästigung davon berichten, dass sie nun ihren eigen Körper hassen und sich nach dem geheimen Grund für diesen barbarischen Übergriff gegen sie fragen, doch für viele stellt diese Erfahrung den Anstoß dafür dar, Widerstand zu leisten und die vorherrschende gesellschaftliche Doppelmoral bloßzustellen. Es ist mittlerweile völlig normal, dass Frauen und Mädchen, die belästigt wurden, darüber schreiben, ja andere bringen sogar den Mut auf, Anzeige zu erstatten und die Übeltäter der Polizei zu übergeben.

Außerdem gibt es immer wieder Kampagnen gegen sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit – auf sozialen Netzwerk-Seiten ebenso wie in der realen Welt. Diese Kampagnen werden als untrennbarer Bestandteil der Revolution verstanden. Es ist ein weiterer unermüdlicher Kampf der ägyptischen Frauen für den Erfolg der Revolution und ihrer Rettung aus den Klauen des religiösen Faschismus.

Ich bin ferner fest davon überzeugt, dass die Revolutionärinnen der Weg und der Schlüssel sind, um die gegenwärtigen Revolutionen zu umfassenden kulturellen und sozialen Revolutionen gegen überkommene und erstarrte traditionelle Strukturen zu machen. Ein Aufstand gegen Unterdrückung, Folter und Tyrannei allein reicht nämlich nicht aus, die größte Herausforderung liegt in der Revolution für eine Befreiung im weiteren Sinne, eine Revolte des Ich gegen sich selbst und des Körpers gegen alles, was ihn fesselt.

Dem Körper kommt auch eine zentrale Stellung in den Revolutionen des "Arabischen Frühlings" zu, ja er war geradezu ein Auslöser und weiterer Brandstifter, vom Folteropfer Khaled Said über den Körper des verbrannten Bouazizi bis hin zu den Körpern der durch Jungfräulichkeitstests oder öffentliche Entkleidungen geschändeten Demonstrantinnen. Der gefolterte, von Wunden übersäte und dennoch heroisch widerstehende Körper war auf allen Plätzen zugegen. Doch die schwierigere Frage jetzt bleibt, wann die Revolution für die Freiheit des Körpers beginnt, so dass dieser sich seiner Fesseln entledigen kann?

Ihre Mansura Ez Eldin

Aus dem Arabischen von Nicola Abbas

 

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Berlin, 3. November 2012

Liebe Mansura,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort auf meine Frage nach den Ursachen sexueller Belästigung und sexueller Demütigung in revolutionären Zeiten! Was Sie über die Rolle des Körpers in den arabischen Revolutionen geschrieben haben, wird hoffentlich von anderen aufgegriffen, um weiter darüber nachzudenken. Überhaupt kann man sich aus unserem Briefwechsel viele Anregungen holen, denn wir stemmen hier ganz schön schwere Themen über unsere jeweilige Schreibtischplatte!

Charlotte Wiedemann; Foto: privat
Charlotte Wiedemann

​​Ich bin gerade im Aufbruch nach Mali, ein Land, das ich früher als friedlich und freundlich kennengelernt habe und wo mich nun ein sehr komplizierter Konflikt erwartet – ein Konflikt, wo sich politische Interessen des Westens, Menschenrechtsbelange, Demokratie-Wunsch, Terrorismus und Rohstoffgier auf ganz unübersichtliche Weise übereinander schieben. Der Sturz Gaddafis, den sich die Malier nicht gewünscht haben, hatte für sie üble Folgen. Nun sitze ich also, schon etwas nervös wegen der kurz bevorstehenden Abreise, mit meinem Laptop in einem Berliner Café, lese Ihren Brief und komme ins Grübeln. Folgen Sie mir einen Moment in meine "Gedanken-Wolke".

Vielleicht ist es so: Überall dort, wo die schwere Decke der Repression gelüftet wird und die Menschen beginnen, sich auf neue Weise zu bewegen, überall dort also geschehen auch unschöne Dinge. Vor mir liegt eine Zeitung mit neuen Meldungen aus Myanmar, mit einem Bericht über die Verfolgung der muslimischen Rohingya, die in eine neue Runde gegangen ist. 26.000 von ihnen sind schon auf der Flucht. Aber was mich am meisten entsetzt in diesem Bericht, ist folgendes: Gegner der früheren Diktatur, Aktivisten der Demokratie-Bewegung, die lange für Menschenrechte eingetreten sind, lassen die muslimischen Rohingya nun im Stich, schlimmer noch: Manche stimmen gar in die nationalistische Hetze gegen die Staatenlosen ein. Kann das sein?

Es gibt einen wunderbaren Satz: Menschenrechte sind unteilbar. Aber in der Realität sind Menschenrechte sehr wohl teilbar. Männer, die eben noch auf den Barrikaden für Freiheit und Demokratie waren, verweigern im nächsten Augenblick Frauen ihre Rechte. Sie tun das genau in jenem Moment, da sie selbst anfangen, in einer Position zu sein, die es ihnen erlaubt, über die Rechte anderer mit zu entscheiden – und sei es nur durch ihre Überzahl in einem Verfassungs-Rat. Wer ein bisschen Macht bekommt, kann sie schon missbrauchen – so ist es wohl.

In Myanmar wurde Aung San Suu Kyi, die so lange in Hausarrest verbracht hat und jetzt ein politischer Star geworden ist, die Frage gestellt, ob die Rohingya die Staatsangehörigkeit bekommen sollen. Und wissen Sie, was diese Ikone der demokratischen Bewegung geantwortet hat? Sie sagte: "Ich weiß es nicht." Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Friedensnobelpreisträgerin weiß nicht, ob man Menschen, die seit Generationen im Land leben und denen jetzt die Häuser über dem Kopf angezündet werden, durch einen Personalausweis volle Bürgerrechte bekommen sollen. Hätte sie die gestellte Frage mit "Ja" beantwortet, dann hätte sie sich bei einem Teil ihrer Anhänger unbeliebt gemacht. So wie sich vielleicht ein arabischer Revolutionär bei seinen Männerfreunden unbeliebt macht, wenn er für Frauenrechte eintritt.

Klingt das pessimistisch? Aber nein, ich bin nicht pessimistisch. Aber ich merke immer mehr, welche immens komplizierten Fragen sich aus der Tatsache ergeben, dass derzeit so viele Menschen auf der Welt in Bewegung sind – oder in Bewegungen. Dass sie sich also erheben für ihre Rechte oder für das, was sie für ihre Rechte halten. Zugleich bin ich sehr froh, dass ich diese Zeit beobachtend und beschreibend miterlebe.

Wissen Sie, wir haben hier einen bekannten und tatsächlich schon uralten Journalisten, der stolz darauf ist, jedes Land der Welt besucht zu haben. Er heißt Peter Scholl-Latour und hat natürlich eine typische Männerrolle, denn eine tatterige alte Frau würde niemand als Nahost-Expertin in Talk-Shows setzen. Jedenfalls schreibt er immer noch Bestseller und der Neueste heißt: "Die Welt aus den Fugen." Aus dem Klappentext: "… überall braut sich Unheilvolles zusammen…."

Ist die Welt "aus den Fugen", weil von den Straßen Roms über die Straßen Kairos bis zu Minen Südafrikas nun so viele Menschen für ihre Interessen kämpfen? War diese Welt stabiler und weniger "unheilvoll" als Kalter Krieg und etliche Diktaturen eine übersichtliche Ordnung aufrecht erhielten? Ich meine: Nein. Aber unser betagter Bestseller-Mann knüpft an populäre Ängste an – es sind auch die Ängste vor einer Welt, die so bedrohlich unbekannt ist, weil der Westen nicht mehr die Drehbücher des Geschehens schreibt.

Liebe Mansura, aus den Kulissen gibt man mir das Zeichen, dass unser Briefwechsel nun allmählich zu Ende geht. Andere mögen an dieser Stelle den Faden des Dialogs aufnehmen und ein paar weitere gordische Knoten hinzufügen! Da wir also nun in einer Welt leben, die "aus den Fugen" ist, werden wir beide uns bestimmt künftig nicht langweilen.

Ich wünsche Ihnen, liebe jüngere Schwester, eine aufregende und erfüllte Zukunft. Und ich danke Ihnen für die Zeit und die Gedanken, die Sie mir geschenkt haben!

Ihre

Charlotte

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Mansura Ez Eldin, 1976 im Nildelta in Ägypten geboren, studierte Journalismus an der Universität Kairo und arbeitete bis August 2011 bei "Akhbar al-Adab", einem der wichtigsten Literaturmagazine Ägyptens. Ihre Romane sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2010 wurde sie als eine der besten arabischsprachigen Autoren unter 40 ausgewählt. 2010 war sie als einzige Frau für den International Prize for Arabic Fiction nominiert. Ihr Roman "Wara al-Firdaws" erschien in der deutschsprachigen Übersetzung von Hartmut Fähndrich im September 2011 unter dem Titel "Hinter dem Paradies" im Züricher Unionsverlag.

Charlotte Wiedemann, Jahrgang 1954, ist politische Journalistin und Buchautorin. Sie lebte einige Jahre in Malaysia und bereiste zahlreiche islamische Länder Asiens und Afrikas. In Tunesien, Ägypten und im Jemen untersuchte sie die jüngsten gesellschaftlichen Umbrüche. In aktualisierter Fassung erschien 2012 "Ihr wisst nichts über uns! Meine Reisen durch einen unbekannten Islam".