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Die heutige Jugend in der MENA-Region ist besser ausgebildet als ihre Elterngeneration. Doch höhere Bildungsabschlüsse bedeuten noch lange nicht bessere Jobs, oft führt der Weg von der Universität direkt in die Arbeitslosigkeit. Von Nassir Djafari

Von Nassir Djafari

Die MENA-Region weist weltweit die höchste Arbeitslosenquote unter Hochschulabsolventen auf. So waren zum Beispiel 2016 in Ägypten rund 42 Prozent der Universitätsabgänger arbeitslos. Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt klaffen weit auseinander. Studierende wählen ihren Ausbildungsgang nach dem damit verbundenen Prestige und nicht nach den Aussichten auf einen Arbeitsplatz.

So verlässt Jahr für Jahr ein Heer von Geistes- und Sozialwissenschaftlern die Universitäten ohne die geringste Chance, eingestellt zu werden. Der Anteil der Studierenden, die sich für naturwissenschaftliche und technische Disziplinen entscheiden, ist deutlich geringer.

Die Studienabgänger – egal, ob in Sozial- oder Naturwissenschaften – haben in der Regel nicht die Kenntnisse erworben, die die heutige Wirtschaft benötigt. Sie kennen sich weder mit Computern aus, noch haben sie die Fähigkeit erworben, Probleme eigenständig und kreativ zu lösen. Sie haben nur gelernt, wie man die richtigen Antworten auf vordefinierte Fragen gibt.

Unabhängiges Denken und der Wille, sich um schwierige Probleme der realen Welt zu kümmern, würden Studierenden helfen, sich für die freie Wirtschaft zu qualifizieren. Diese Bestrebungen werden allerdings in den Elfenbeintürmen der Universitäten verhindert.

Fehlende berufliche Praxisnähe

Vor allem gewerbliche Fachkräfte sind knapp und Berufsbildungsangebote begrenzt. Die meisten Länder der Region bemühten sich zwar in den vergangenen Jahren verstärkt um den Ausbau der beruflichen Qualifikation, in vielen Fällen jedoch mit geringem Erfolg, wie einige länderbezogene Evaluierungen zeigen.

Jugendausbildungsprogramm in Tunesien; Foto: DW
Mangelhafte bedarfsgerechte Bildungspolitik, fehlende Diversifizierung: Nahezu alle MENA-Länder weisen internationalen Vergleichsstudien zufolge unterdurchschnittliche Ergebnisse auf. Bildungs- und berufliche Ausbildungssysteme sind nach wie vor auf den öffentlichen Dienst ausgerichtet, was zum einen mit der Historie der staatlich gelenkten Wirtschaftsentwicklung zusammenhängt.

So konnte beispielsweise Jordanien die selbst gesetzten Ziele nicht erreichen, unter anderem weil die Ausbildung zu praxisfern war und der Privatsektor zu wenig einbezogen wurde. Die Unternehmen selbst halten sich zurück. Der Anteil der Firmen, die eine formale Ausbildung anbieten, ist nirgendwo so niedrig wie in der MENA-Region.

Hinzu kommt, dass die Unterrichtsqualität auf allen Bildungsstufen im Allgemeinen gering ist. Nahezu alle MENA-Länder weisen internationalen Vergleichsstudien zufolge unterdurchschnittliche Ergebnisse auf. Bildungs- und berufliche Ausbildungssysteme sind nach wie vor auf den öffentlichen Dienst ausgerichtet, was zum einen mit der Historie der staatlich gelenkten Wirtschaftsentwicklung zusammenhängt. Zum anderen stellte lange Zeit der Staat einen großen Teil der Arbeitskräfte ein. Im Ergebnis führte dies zu geringer Produktivität und Effizienz sowohl der Wirtschaft als auch der öffentlichen Verwaltung.

Regionale Diskrepanz

Um aus dieser Wachstumsfalle herauszukommen, verfolgen nahezu alle Länder der Region Pläne zur Förderung digitaler Kompetenzen. Allerdings ist die Ausgangslage in den Ländern höchst unterschiedlich.

Die ölreichen Golfmonarchien weisen deutliche Fortschritte im Ausbau der Breitbandinfrastruktur auf und die große Mehrheit der Bevölkerung nutzt das Internet. Ihr Ziel ist es, globale High-Tech-Zentren zu werden. Dafür investieren sie in großem Umfang in die Modernisierung ihrer beruflichen Ausbildung. Vorerst sind sie allerdings noch auf ausländische Expertise angewiesen.

Die Länder Nordafrikas und der Levante hingegen sind bevölkerungsreicher und verfügen im Vergleich zu ihren reichen Nachbarn über geringere Ressourcen. Politische Instabilität und Governance-Probleme erschweren ihnen den Anschluss an den digitalen Strukturwandel.

Nassir Djafari

© Zeitschrift Entwicklung & Zusammenarbeit 2018

Nassir Djafari ist Ökonom und freier Autor.