Frühe Versuche und neue Verbindungen

Nur wenig ist bekannt darüber, wie der amerikanische Jazz bereits in einem recht frühen Stadium auch die Musikkulturen der arabischen Welt nachhaltig beeinflusste und dort neuen orientalischen Fusion-Projekten zum Durchbruch verhalf. Einblicke von Amani Emad

Von Amani Emad

Während des Kalten Krieges war Jazzmusik für die Amerikaner eine wichtige kulturelle Ressource, mit der sie die Welt inspirierten. Was einst als Liedgut für die Kämpfe und Nöte des schwarzen Mannes galt, entwickelte sich zu einem globalen populären Musikgenre. Und nicht nur das: Durch die sozialen und politischen Entwicklungen wurde die Jazzmusik zu einer "hohen Kunst" erhoben, in der nur die talentiertesten und kreativsten Musiker erfolgreich waren.

Auch in der arabischen Welt inspiriert der Jazz in seinen vielfältigen Formen bis heute Generationen von Musikern. Allerdings beruhen die Einflüsse, die den "orientalischen Jazz" groß gemacht haben, wohl auf Gegenseitigkeit: Moderne Jazzmusiker und -lehrer wenden sich der Weltmusik und insbesondere der arabischen Musik zu, um ihre eigene Arbeit mit neuem Leben zu füllen. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist Lloyd Millers Album A Lifetime in Oriental Jazz (Ein Leben für den orientalischen Jazz), das 2002 neu aufgelegt wurde.

Die Elite-Bands aus Kairo

Dass im Jazz mit arabischer Musik experimentiert wird, ist nicht neu: Yehya Khalil, der "Pate des orientalischen Jazz", gründete bereits 1957 im Alter von vierzehn Jahren das Kairoer Jazz-Quartett – die erste Jazz-Band in der Geschichte Ägyptens.

Nachdem seine Band sehr erfolgreich war, reiste Yehya in die Vereinigten Staaten, um sich musikalisch weiterzubilden. Durch den Kontakt zu zahllosen prominenten Vertretern der Jazzwelt konnte er sein Wissen und musikalisches Können erweitern und spielte Jahre später in über zwanzig Ländern.

Während dieser Zeit gründete auch der Pianist Fathi Salama die ägyptische Formation Sharqiyat, die Jazz mit nahöstlichen Nuancen verbindet. Seine Musik ist durch eine Verbindung von Folk und Jazz geprägt, und eins seiner berühmtesten Alben, Camel Dance (Kameltanz), zählt bis heute zu den weltweit besten Alben dieses Genres. Eine weitere Band, die in der ägyptischen Jazzszene berühmt wurde, ist Eftekasat, die den Jazz mit folkloristischen Einlagen und Sufi-Musik verbindet.

Der Dichter Khalil Ezz El-Din sagte einmal, nach dem ägyptischen Krieg von 1973 - und insbesondere in der Zeit von 1974 bis Mitte der 1980er Jahre - hätten die unabhängigen ägyptischen Bands ähnliche Erfahrungen sammeln können wie die amerikanischen Jazzformationen. Einen besonderen Stellenwert genießt in dieser Phase die Band Les Petits Chats mit Omar Khairat am Schlagzeug und Ezzat Abu Aouf am Keyboard. Ihre Musik zählt noch immer zu den wichtigsten Meilensteinen der arabischen Jazz-Geschichte.

Les Petits Chats waren zu jener Zeit in Ägypten nicht besonders erfolgreich, da sie den Geschmack der Menschen nicht wirklich trafen, weshalb sich ihre Popularität vor allem auf die Kairoer Elite beschränkte. Den Markt bestimmte damals vielmehr der renommierte Sänger Ahmed Adaweyah mit seinen Sha'abi-Songs, die in allen Bevölkerungsschichten beliebt waren.

Filmmusik und Jazz-Fusionen

Ezz El-Din bemerkt, dass es Tamer Karawan war, der den Jazz in den frühen 2000ern erneut belebte. Er komponierte Werke wie "El hayat law le'ba" (Wäre das Leben ein Spiel) für den Film "Geneneit el asmak" (Das Aquarium) von 2008, in dem der Sänger Sheikh Zain Mahmoud auftritt. Ezz el-Din glaubt, außerhalb von Karawans Beiträgen habe der Jazz in ägyptischen Filmen nur eine sehr geringe Rolle gespielt. Lediglich in Filmen wie "Leh Khaletny Ahebak" (2000) wurden kurze Jazzpassagen eingesetzt.

Nicht zuletzt muss auch noch der ägyptische Sänger Mohammad Adaweyah erwähnt werden. Schließlich hat er die beiden Alben Men Kelmetein und El Tayeb Ahsan veröffentlicht, die laut El-Din stark vom Jazz beeinflusst sind.

Eines der bislang fraglos wichtigsten Jazz-Experimente in der arabischen Welt war die Musik von Ziad Rahbani, der mehrere Alben veröffentlichte und dabei mit verschiedenen libanesischen Sängerinnen und Sängern wie Salma Mousfi, Rasha Rizk und Joseph Sakr zusammenarbeitete. Mit seine Werken, darunter Besaraha, El Ra'y el 'Am und Dawerha Dor, hat er das arabische Verständnis des Jazz wesentlich erweitert.

In den späten 1970ern und frühen 1980ern sowie nach dem Bürgerkrieg im Libanon zählte der orientalische Jazz in der libanesischen Gesellschaft zu den populärsten Musikstilen überhaupt. Er fand dort viel Anklang, was dem Genre insgesamt zu mehr Beachtung in der arabischen Welt verhalf. Ein weiterer renommierter libanesischer Jazzkomponist ist der Saxophonist Toufic Farroukh, der dafür bekannt ist, arabische Klangwelten mit Jazzmotiven zu verbinden.

Mit ihren drei veröffentlichten Alben Hal Asmar Ellon, Shamat und Ghazal El-Banat ist Lena Chamamyan in Syrien eine führende Jazzsängerin ihres Landes.

Im Sudan wiederum hat Amira Kheir, die auch als "die Diva der sudanesischen Wüste" bekannt ist, einen unverkennbaren Stil sudanesischer Jazzmusik eingeführt. Dieser ist melancholisch und melodramatisch zugleich und wird von der Atmosphäre der Wüste sowie Sufi-Klängen beeinflusst.

Und nicht zuletzt hat auch die Marokkanerin Malika Zarra mit ihrer Musik ein Stück Jazz-Geschichte geschrieben, da es ihr erfolgreich gelang, Gnawa- und afrikanische Musik-Elemente mit Jazz zu verbinden.

Amani Emad

© Rasseef 22

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff