Deutscher Mittelstand soll im Irak investieren

Zur Konferenz der deutsch-irakischen Mittelstandsvereinigung "Midan e.V." reisten Geschäftsleute und Regierungsvertreter aus Deutschland und Irak nach Köln. Das Treffen war jedoch von der Entführung zweier Deutscher im Irak überschattet. Von Martina Sabra

Zur zweiten Jahreskonferenz der deutsch-irakischen Mittelstandsvereinigung "Midan e.V." reisten Anfang Februar zahlreiche Geschäftsleute, Journalisten und Regierungsvertreter aus Deutschland und Irak nach Köln. Das Unternehmertreffen war hochrangig besetzt, aber von der Entführung zweier deutscher Techniker im Irak überschattet. Martina Sabra war dabei.

Maurer im Irak verputzt die Mauer einer Schule; Foto: AP
Rund 1500 deutsche Firmen, davon 500 aus Nordrhein-Westfalen, engagieren sich derzeit im Irak

​​Trotz der allgemein bedrohlichen Sicherheitslage und der aktuellen Entführungen – es lohnt sich für deutsche Unternehmen, im Irak zu investieren, zumindest im kurdisch geprägten Nordirak. Mit dieser Botschaft eröffneten Vertreter des irakischen Staatspräsidenten und der nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerin das Jahrestreffen der deutsch-irakischen Mittelstandsvereinigung "Midan" (deutsch: Platz, Plattform).

"Wir sehen Deutschland als wichtigen Partner beim Wiederaufbau", hieß es in einem von Barasan Hammassu übermittelten Grußwort des irakischen Staatspräsidenten Jalal Talabani an die Konferenz.

Tarik Rashid, Generaldirektor im Innenministerium von Irakisch-Kurdistan, forderte die deutschen Teilnehmer des Treffens auf, sich nicht von den täglichen Nachrichten über den Irak abschrecken zu lassen. Die Sicherheitssituation im Norden sei stabil, die Kriminalitätsrate insgesamt gering.

Helmar Schaps, Ministerialrat im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium, mahnte ebenfalls, sich nicht entmutigen zu lassen. Die Entführung der beiden deutschen Techniker im Irak sei traurig und erschreckend. "Aber gerade deshalb brauchen wir Gespräche wie diese, die die beiden Länder zueinander bringen."

Keine Visa für Frauen

Rund 120 Geschäftsleute aus dem Irak und 60 aus Deutschland nahmen an dem irakisch-deutschen Mittelstandstreffen teil, das unter dem Motto "Bagdad am Rhein" erneut in Köln stattfand: insgesamt fast zehnmal so viele Interessierte wie beim ersten Midan-Treffen vor gut einem Jahr. "Wir haben alles: Rohstoffe, billige Arbeitskräfte. Was uns fehlt, sind starke Partner mit technischem Know-How", erklärte ein Architekt aus Irakisch-Kurdistan.

Auf der irakischen Seite gab es jedoch einen Wermutstropfen: Die Vertreterin des irakischen Unternehmerinnenverbandes und alle anderen eingeladenen Frauen fehlten im Saal, ebenso wie einige hochrangige Mitarbeiter der kurdischen Regionalregierung.

Insgesamt 40 Teilnehmern hatte die deutsche Botschaft in Ankara die Visa entweder gar nicht erteilt, oder so spät, dass keine Flugtickets mehr zu bekommen waren. Dem Organisator war die Enttäuschung anzumerken: "Wir haben die Visa-Gebühren, die Krankenversicherung, alles bezahlt – für nichts!" klagte Gelan Khulusi.

Unter den deutschen Teilnehmern waren vor allem Vertreter aus der Bauwirtschaft, aber auch Anbieter von medizinischem Gerät, Wasseraufbereitungs- und Solarenergietechnik; darüber hinaus kamen freie Unternehmensberater und Juristen. Einige nutzten das Midan-Treffen, um sich allgemein zu informieren, und um erste persönliche Kontakte mit irakischen Geschäftsleuten anzubahnen.

"Ich habe sieben Jahre in der Türkei und in Ägypten gearbeitet und will Bürokommunikationsgeräte in den Irak exportieren", erklärte ein Unternehmensberater und Kaufmann aus Süddeutschland. Andere wollten bestehende Geschäftsbeziehungen vertiefen und Ausbaumöglichkeiten sondieren.

Keine Reisen in den Irak

In einem Punkt waren sich die deutschen Teilnehmer des Treffens durchweg einig: Reisen in den Irak kommen zurzeit nicht in Frage. "Fünf Kilometer vor der Grenze ist für mich Schluss", erklärte ein Anlagenbauer.

Laut offiziellen Angaben beträgt die Zahl der im Irak engagierten deutschen Firmen zurzeit rund 1500, davon 500 aus Nordrhein-Westfalen. Neben Großunternehmen wie Siemens, den Baukonzernen Züblin und Hochtief oder dem Kraftwerkshersteller Heinkel sind im Irak auch zahlreiche mittelständische Firmen präsent.

Insgesamt sind die deutsch-irakischen Handelsbeziehungen zwar noch schwankend, aber tendenziell im Aufwind. Im Jahr 2004 stiegen die Exporte um 80 Prozent auf 370 Millionen Euro und erreichten damit wieder das Vorkriegsniveau von 2002; im Jahr 2005 sollen die deutschen Exporte und Investitionen im Irak allerdings wieder leicht zurückgegangen sein.

Der Organisator und Vorsitzende von "Midan", Gelan Khulusi wertete das Mittelstandstreffen in Köln insgesamt als Erfolg. Er hätte allerdings auf ein noch stärkeres Echo vor allem von deutscher Seite gehofft. Es sei zwar verständlich, dass viele mittelständische Betriebe ihr Personal nicht in Gefahr bringen wollten. Aber man müsse ja auch nicht gleich eigene Leute in den Irak entsenden: "Wir haben deutschsprachiges Personal da unten: Rechtsanwälte, Unternehmensberater. Sie können deutsche Firmen an die Hand nehmen."

Martina Sabra

© Qantara.de 2006

Qantara.de

Ghasi el Jawar zu Besuch in Berlin
Hoffnung auf Handel und Hilfe
Geschäftsbeziehungen zwischen dem Irak und Deutschland sind nichts Neues. Allerdings waren sie unter Saddams Diktatur und während des letzten Irak-Krieges unterbrochen. Offizielle Gespräche in Berlin sollen das ändern.

Irak
Hoffen auf bessere Geschäfte
Nach der Machtübergabe machen sich auch deutsche Firmen wieder größere Hoffnungen auf lukrative Aufträge im Irak. Nach dem Ende des Krieges waren sie zunächst von Aufträgen der US-Regierung ausgeschlossen worden, als Strafe für die Antikriegshaltung der deutschen Regierung. Hintergründe von Andreas Becker