Der Koran auf dem Stundenplan

Als Modellversuch wollen mehrere Bundesländer noch in diesem Sommer einen Islamunterricht an deutschen Schulen einführen – ein Schritt, der nicht nur von Kultusministerien und Kirchenvertretern, sondern auch von muslimischen Organisationen in Deutschland begrüßt wird.

Als Modellversuch wollen mehrere Bundesländer noch in diesem Sommer einen Islamunterricht an deutschen Schulen einführen – ein Schritt, der nicht nur von den Kultusministerien und Kirchenvertretern, sondern auch von muslimischen Organisationen in Deutschland begrüßt wird.

Sehr lange hatten sich die Diskussionen über das Für und Wider eines deutschsprachigen Islamunterrichts in einigen Bundesländern hingezogen. Nun ist endlich die Entscheidung gefallen: An insgesamt acht niedersächsischen Grundschulen sowie im bayerischen Erlangen soll das neue Fach schon mit Beginn des neuen Schuljahrs auf dem Stundenplan stehen – ein Pilotversuch mit Signalwirkung auch auf andere Bundesländer. Auch in Berlin wird das bestehende Angebot auf 30 weitere Schulen ausgeweitet.

Foto: AP
Grundschüler in Potsdam

​​Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann sieht in dem neuen Schulversuch „Islamischer Religionsunterricht“ ein Zeichen der Integration und Toleranz gegenüber den muslimischen Mitbürgern. Die Teilnahme am islamischen Religionsunterricht ist freiwillig. Zuvor hatten rund 90 Prozent der in Niedersachsen lebenden Muslime dem Lehrplan zugestimmt. In Niedersachsen sind rund vier Prozent der Schüler und Schülerinnen an den allgemein bildenden Schulen muslimischen Glaubens. Der islamische Religionsunterricht kann erst dann erteilt werden, wenn ein bestimmter Prozentsatz der Schüler und Schülerinnen Muslime sind – so die Einschätzung der Kultusministerkonferenz. Wegen der sehr unterschiedlichen Schülerzahlen in den einzelnen Bundesländern muss daher von Fall zu Fall über die Einführung des Religionsunterrichts entschieden werden. Die Bundesländer verhandeln ferner mit den unterschiedlichen muslimischen Organisationen in Deutschland über die Lehrinhalte.

Islamischer Religionsunterricht als Gegenmodell zur Koranschule?

Kultusminister und Vertreter der Kirchen sind sich darin einig, dass der konfessionelle Unterricht zum Bildungsauftrag des Staates gehört. Der islamische Religionsunterricht sei ein ‚Ort gedanklicher Auseinandersetzung mit Glaubensgrundlagen in der heutigen Zeit’, betont Bernd Busemann. „Er ist aber nicht der Ort, an dem Glaubenspraxis ausgeübt wird, wie in den Koranschulen.“ Auch der katholische Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, begrüßte eine staatliche Kontrolle der Lehrinhalte. Andernfalls würden muslimische Kinder in Koranschulen gehen. „Was da gelehrt wird, wissen wir nicht und entzieht sich staatlicher Kontrolle“, so der Bischof in einem Interview der Tageszeitung „Die Welt“. So versteht sich denn auch die Einführung des Islamunterrichts als eine Initiative, den Koranschulen mit schlechtem Ruf das Wasser abzugraben und die Integration von Muslimen in Deutschland zu fördern.

Auf der Suche nach dem muslimischen Ansprechpartner

Begrüßt wurde der Modellversuch auch von Vertretern muslimischer Organisationen: Der Sprecher des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sprach von einem positiven Ansatz: „Die Einführung eines deutschsprachigen, integrativen und verfassungskonformen islamischen Religionsunterrichts ist die konsequente Umsetzung des Grundgesetzes.“ Dies habe auch Geltung für die Muslime in Deutschland, so Mazyek. In der Tat besagt Artikel 7 des Grundgesetzes, dass der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften als ordentliches Lehrfach erteilt wird. Aufgrund der Vielzahl muslimischer Glaubensrichtungen bleibt jedoch fraglich, wer auf muslimischer Seite der verbindliche Ansprechpartner für die Kultusministerien sein soll.

Arian Fariborz, © 2003 Qantara.de