Keine Liebesheirat

Von den ersten Annäherungsversuchen bis zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Iran und der Deutschen Demokratischen Republik vergingen fast zwei Jahrzehnte. Die Beziehung war von Anfang an von Hürden und Problemen geplagt. Von Ghasem Shafie

Von Ghasem Shafie

Nach dem Zweiten Weltkrieg und mit Beginn des Kalten Kriegs zog die neue Weltordnung zwischen dem Iran und der DDR klare Grenzen. Die Bundesrepublik Deutschland, die sich durch das "Wirtschaftswunder" mit einer unglaublichen Geschwindigkeit zu einem der mächtigsten Industrieländer der Welt entwickelte, war für die Iraner im Vergleich zu ihrer armen östlichen Nachbarin wesentlich interessanter.

Zudem setzte die Bundesrepublik ihre wirtschaftliche Macht dafür ein, andere Länder an der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur DDR zu hindern. Die Hallstein-Doktrin bestimmte jahrelang die Grundsätze der Außenpolitik der Bundesrepublik.

Eine weitere Hürde bestand darin, dass sich Führungsmitglieder der iranischen Tudeh-Partei in der DDR aufhielten. Die von der Sowjetunion unterstützte kommunistische Partei war dem Schah-Regime gegenüber kritisch eingestellt.

Trotz allem kam es ab 1952 zu Handelsbeziehungen zwischen dem Iran und der DDR, wobei vereinbart wurde, diese als inoffiziell und nicht-staatlich zu betrachten, so lange keine diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern bestanden. Obwohl politischer Druck diese Beziehungen mehrmals unterbrach, stieg das Volumen des DDR-Iran-Handels zwischen 1952 und 1959 von 2,2 Millionen auf 10 Millionen Mark (West).

Ende der 1950er Jahre fand eine Wende in der iranischen Außenpolitik statt. Das Land baute seine politischen Beziehungen zur Sowjetunion und anderen sozialistischen Staaten wie Polen, Bulgarien, Rumänien und der Tschechoslowakei aus.

Politischer Wirbel um Radio "Peyke Iran"

Im September 1959 stellte die iranische Regierung die wirtschaftlichen Beziehungen mit der DDR erneut in Frage. Grund war die Ausstrahlung von Radiosendungen der Tudeh-Partei – "Radio Peyke Iran" – von der DDR aus. Den Sender konnte man im Iran empfangen.

Die Führung der DDR bereitete – erstaunt über die unerwartete Reaktion aus dem Iran – den Versand einer Delegation nach Teheran vor. Diese bekam jedoch keine Einreisegenehmigung. Teheran erhöhte stattdessen den politischen Druck auf die DDR, so dass sich die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern ab 1961 für ein paar Jahre nur noch auf Tauschgeschäfte beschränkten.

Die Anführer der Tudeh-Partei (v. li.) Reza Rusta, Fereydoun Keshavarz, Reza Radmanesh, Iraj Eskandari und Abdolsamd Kambakhsh zu Besuch in Ost-Berlin; Foto: Iranjournal
Sozialistischer Schulterschluss mit außenpolitischen Turbolenzen: Die Aktivitäten der iranischen, kommunistischen Tudeh-Partei in der DDR sorgte immer wieder für Zank zwischen der Führung in Teheran und Ost-Berlin.

Erst 1965 fanden die ersten offiziellen Wirtschaftsgespräche statt. Der Iran schlug eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen vor, doch das alte Problem, "Radio Peyke Iran" und auch kritische Beiträge zur Politik der iranischen Regierung in westdeutschen Medien, verhinderten eine Annäherung.

Im November 1966 begann eine neue politische Eiszeit zwischen Teheran und Ostberlin. Doch die wirtschaftsbezogenen Gespräche gingen trotzdem weiter. Der stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates der DDR, Gerhard Weiss, reiste nach Teheran, und der ständige Vertreter der DDR im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe erklärte, dass seine Regierung für weitere Gespräche sowie zur Unterzeichnung eines Handelsabkommens bereit wäre.

Im März 1967 flog eine iranische Delegation nach Ostberlin, mit dem Ziel, Gespräche über den Verkauf von iranischem Öl und den Kauf industrieller Güter aus der DDR zu führen. Die deutsche Seite schlug weitere Gespräche in Teheran vor. Bei einem offiziellen Treffen im Frühling 1968 schlugen die Iraner einen langfristigen Vertrag zum Verkauf des iranischen Öls vor und versprachen die Normalisierung der Beziehungen. Doch obwohl die Wirtschaftsbeziehungen mittlerweile ein beachtliches Niveau erreicht hatten, war der Weg zu einer stabilen politischen Beziehung noch lang.

Bündnis mit dem irakischen Erzfeind

Zu diesem Zeitpunkt beging die Außenpolitik der DDR einen aus Teheraner Sicht unverzeihlichen Fehler, der in den bilateralen Beziehungen eine Krise auslöste und das Handelsvolumen fast zum Stillstand brachte: Die Deutsche Demokratische Republik pflegte gute Beziehungen zum Irak und betrachtete wie andere sozialistische Länder das iranische Nachbarland als Teil der anti-imperialistischen Front.

Ostberlin stellte sich im irakisch-iranischen Grenzkonflikt deshalb hinter Bagdad. Die iranische Industrie- und Handelskammer verurteilte dies in einer Erklärung scharf und forderte eine Unterbrechung der Handelsbeziehungen zur DDR. Infolgedessen brach das Handelsvolumen zwischen 1969 und 1972 von 28 auf 1,9 Millionen Mark ein.

Die Deutschen, die ihren diplomatischen "Fehler" eingesehen hatten, versuchten auf unterschiedlichste Weise, die alten Beziehungen wiederzubeleben – sie luden etwa den iranischen Wirtschaftsminister bei einem Besuch in Moskau inoffiziell zur Leipziger Messe ein. Die iranische Regierung lehnte die Einladung jedoch ab.

Diese Hartnäckigkeit erzielte das erwünschte Ergebnis. 1971 relativierte die Regierung in Ostberlin in einer diplomatischen Note ihren bisherigen Standpunkt. Darin bedauerte die DDR die fehlenden Handelsbeziehungen zum Iran sehr. Das Parteiergreifen zu Gunsten von Bagdad habe nur der Beruhigung der Lage und dem Vermeiden einer imperialistischen Einmischung gedient, hieß es. Dieses Schreiben setzte dem Stillstand ein Ende.

Doch in jener Zeit hatten sich auch die internationalen Verhältnisse geändert. Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland stand nicht mehr unter dem Einfluss der Hallstein-Doktrin. Bundeskanzler Willi Brandt (SPD) wollte die Außenpolitik seines Landes gegenüber den sozialistischen Staaten neu gestalten. Sowohl die Bundesrepublik als auch die DDR strebten die Mitgliedschaft bei den Vereinten Nationen an. Auf der anderen Seite stand der Iran, dem die Steigerung des Ölpreises Milliarden in die Kassen spülte. Teheran versuchte, aus dem Konflikt zwischen dem Ost- und dem Westblock soviel wie möglich zu profitieren.

Buhlen um die Gunst des Schahs

Nach der Neupositionierung der DDR in Sachen Iran und Irak nahmen die Botschafter des Irans und der Deutschen Demokratischen Republik im September 1971 in Bukarest Gespräche zur Verbesserung der diplomatischen Beziehungen auf. Diese führten am 7. Dezember 1972 zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Kurz davor hatte die Regierung in Ostberlin alle Medien der DDR angewiesen, weder über die Tudeh-Partei noch über den Grenzkonflikt zwischen dem Iran und dem Irak zu berichten.

Von diesem Tag an bis zur Besetzung der iranischen Botschaft in Ostberlin im Februar 1978 durch Aktivisten der "Confederation of Iranian Students National Union" (CISNU) verbesserten sich die bilateralen Beziehungen auch durch gegenseitige Besuche hochrangiger Staatsmänner ständig. Die Handelsbilanz der beiden Länder betrug Ende 1978 mehr als 120 Millionen Mark.

Die großen Projekte, die dem reichen Ölstaat Iran den Weg zur Industrienation ebnen sollten, bescherten den ausländischen Partnern lukrative Verträge. Die iranischen Öleinnahmen vervierfachten sich zwischen 1969 und 1971 und erreichten die Marke von 5 Milliarden Dollar, 1976 sogar 20 Milliarden Dollar.

Schah Reza Pahlevi; Foto: picture-alliance/AFP
Der Schah hoch im Kurs bei den sozialistischen Machthabern: Die Wirtschaftsbeziehungen des Iran zu den osteuropäischen Staaten verbesserten sich zunehmend Ende der 1970er Jahre. Schah Mohammad-Reza Pahlevi war ein gern gesehener Gast im Ostblock. Je mehr sich der Iran allerdings der Islamischen Revolution von 1979 näherte, desto mehr distanzierten sich die westlichen Staaten von ihm.

Die Wirtschaftsbeziehungen des Iran zu den sozialistischen Staaten verbesserten sich dauernd. Diese konkurrierten mit den kapitalistischen Staaten um den Iran. Schah Mohammad-Reza Pahlevi war ein gern gesehener Gast. Je mehr sich der Iran allerdings der Islamischen Revolution von 1979 näherte, desto mehr distanzierten sich die westlichen Staaten von ihm. Zeitgleich nahmen die Einladungen aus sozialistischen Staaten zu. Der letzte Monarch des Iran reiste 1977 nach Polen und in die Tschechoslowakei, 1978 nach Rumänien und Bulgarien.

Und die Regierung der DDR bereitete sich auf einen Besuch des Königspaares im September desselben Jahres vor. Mit Blick auf diese Reise warnten die Sicherheitsbehörden der DDR von Anfang an vor Aktivitäten der CISNU und trafen umfangreiche Vorkehrungen.

Die Besetzung der iranischen Botschaft in Ostberlin durch Aktivisten der CISNU führte dann erneut zu einer politischen Krise. Wenige Tage danach rief die iranische Regierung ihre Diplomaten aus der DDR zurück. Die iranische Industrie- und Handelskammer forderte den Abbruch der Handelsbeziehungen zur DDR.

Neue Gesprächsrunden sollten die Beziehungen wieder normalisieren. Die politischen Unruhen im Inland und der Druck der "einstigen Freunde" aus dem Ausland nahmen jedoch der iranischen Regierung die gewohnte politische Handlungsfreiheit.

DDR-Außenminister Oskar Fischer reiste im April 1978 in den Iran und schaffte es, die Missstimmungen zu beseitigen. Aufgrund der zunehmenden politischen Unruhen im Iran kam es aber nicht mehr zu dem Besuch des Schahs in der DDR. Die Handelsbeziehungen jedoch dauerten an. Das Außenministerium der Deutschen Demokratischen Republik glaubte bis zum Schluss, dass der Schah das Blatt zu seinen Gunsten wenden könne. Sie betrachteten die Proteste sogar als Gelegenheit, sich beim Schah-Regime so viele Vorteile wie möglich zu verschaffen.

Der Ausbruch der Islamischen Revolution

Iranische Frauen und Kinder im Irak-Irankrieg; Quelle: Mehr
Die DDR als Profiteur des Todes im Irak-Irankrieg der 1980er Jahre: Die DDR gehörte zu den Ländern, die durch den Verkauf von Waffen an beide kriegsführenden Parteien einen enormen Gewinn erzielten. Das Export-Volumen der DDR in den Iran stieg von 113,7 Millionen Ostmark im Jahr 1978 auf 571 Millionen im Jahr 1983.

In einem heute im Bundesarchiv befindlichen Brief an den Wirtschaftsminister der DDR schreibt Außenminister Fischer am 29. August 1978 an den Wirtschaftsminister der DDR, dass der Schah großem, politischem Druck ausgesetzt sei. Jegliche Andeutung, die ihm das Vertrauen signalisiere, zur Sicherung seiner Macht fähig zu sein, würde ihm gefallen. Aus diesem Grund, sei der Schah auch an einer langfristigen Beziehung interessiert, stellte der Außenminister fest.

Kurz darauf erfolgte im Februar 1979 jedoch die Islamische Revolution. Mit ihr begann ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen dem Iran und der Deutschen Demokratischen Republik. Die Islamische Republik hatte sich von Beginn an die außenpolitische Parole zu eigen gemacht: "Weder westlich noch östlich, sondern Islamische Republik". Daher kam es zu einem Einschnitt in den Beziehungen der beiden Länder.

Teheran reagierte auf die Interessenbekundungen Ostberlins zum Aufbau wirtschaftlicher Beziehungen zunächst nicht. Doch mit dem Beginn des Irak-Iran-Krieges (1980 – 1988) änderte sich die Situation. Die abenteuerliche Politik des irakischen Diktators Saddam Hussein, das Hineinziehen des Iran in einen verheerenden Krieg und die US-amerikanische Unterstützung für den Irak führten dazu, dass der Iran sich zwecks Waffenkaufs den Ländern des Ostblocks zuwandte. So nahm der Aufbau wirtschaftlicher Beziehungen zu den sozialistischen Staaten Fahrt auf.

Der Anteil dieser Länder am iranischen Außenhandel, der vor der Revolution nur 5 Prozent betragen hatte, stieg bis 1983 auf 15 Prozent. Die DDR gehörte zu den Ländern, die durch den Verkauf von Waffen an beide kriegsführenden Parteien einen enormen Gewinn erzielten. Das Export-Volumen der DDR in den Iran stieg von 113,7 Millionen Ostmark im Jahr 1978 auf 571 Millionen im Jahr 1983.

Ghasem Shafie

© Iran Journal 2019

Der Autor Ghasem Shafie ist einer der wenigen Iraner, die sich mit den Beziehungen zwischen dem Iran und der DDR beschäftigt haben. Er hat diesbezüglich zwei Bücher in persischer Sprache verfasst: "Die Jahre des Exils" und "Spionage in der Partei".