Arabische Literatur als Marktlücke

Buchhandlungen in Deutschland, die auch arabische Belletristik und Gegenwartsliteratur führen, sind äußerst rar. Doch diese Lücke will die Irakerin Rafah Al-Jeboury nun mit ihrem Buchladen "Babylon Bookshop" schließen. Helene Adjouri hat sich dort umgesehen.

Wer sich in Bonn Bad-Godesberg in die Plittersdorferstraße begibt, dem fällt neben einigen arabischen Lebensmittelläden sicherlich auch ein weiß gestrichenes Geschäft auf. Im Schaufenster sind Geschenk- und Dekorationsartikel ausgestellt, auf den zweiten Blick erst fallen die zahlreichen arabischen und deutschen Bücher auf.

Rafah Al-Jeboury eröffnete den "Babylon Bookshop" Ende 2003. Es war immer schon ihr Traum gewesen, eine deutsch-arabische Buchhandlung zu führen. Der Besucher merkt dies, sobald er in das Geschäft eintritt: Hohe, übersichtlich geordnete Regale und eine helle Atmosphäre begrüßen ihn.

Im hinteren Zimmer hat man beinahe das Gefühl, man stünde in einem Wohnzimmer: Sofa und Couchtisch stehen vor dem Fenster zum Garten, ruhige Musik spielt im Hintergrund. Es ist offensichtlich, dass Rafah Al-Jeboury ihre Buchhandlung mit Liebe zum Detail eingerichtet hat.

Arabische Bücher oft Mangelware

Seit 1970 lebt sie in Deutschland. Die Idee zur Buchhandlung hat sie schon seit langem. "Arabische Bücher seien hier sehr schwer erhältlich gewesen", erzählt sie. "Meistens habe ich mir die Bücher aus dem Irak mitgebracht oder mitbringen lassen. Vor allem arabische Kinderbücher, die ich damals für meine Tochter haben wollte, waren kaum aufzutreiben gewesen."

Der 11. September gab schließlich den Ausschlag für die Eröffnung. "Vor dem 11. September waren Araber irgendwie noch interessant - schwarze Haare, schwarze Augen, dunkle Haut, das war exotisch", so Rafah Al-Jeboury. "Doch danach hat sich dies geändert. Es ist eine viel zu große Distanz zwischen Deutschen und Arabern entstanden. Beide Seiten wissen wenig oder gar nichts übereinander."

Auch die Medien hätten dazu beigetragen, indem sie Araber meist mit Islamisten oder gar Terroristen in einen Topf geworfen hätten. Ihren Kunden möchte sie ein anderes Bild der Araber vermitteln.

Dass es eine vielfältige arabische Literatur, auch und vor allem von Frauen, gibt, sei vielen nicht bewusst. "Die Leute sollen nicht einfach über die Araber urteilen, ohne sich selbst ein Bild von ihnen - z.B. über ihre Literatur - gemacht zu haben", meint Rafah Al-Jeboury.

Schwerpunkt arabische Schriftstellerinnen

Im "Babylon Bookshop" findet der interessierte Kunde eine großes Angebot arabischer Literatur vor: Sachbücher, Kinder – und Lehrbücher, Poesie und Prosa, sogar erotische Literatur laden ein zum Stöbern. Die Auswahl der Bücher trifft Rafah Al-Jeboury nach ihrem persönlichen Geschmack. "Nur Männer sind langweilig!", lacht sie und sagt, dass sie vor allem auf die Werke arabischer Autorinnen Wert legt, um diese den Kunden vorzustellen.

Wenn sie einen Bücherwunsch nicht erfüllen kann, bestellt sie. "Viele meiner Kunden schätzen es, wenn ich sie beraten kann", erzählt sie. "Bei mir können sie z.B. auch Bücher bestellen, die es nur in den arabischen Ländern gibt und die ich mir dann zuschicken lasse. Dieser Service am Kunden ist mir sehr wichtig."

Deutsch-arabische Gedichtbände gefragt

Sie hat mehr deutsche als arabische Kunden. Meistens haben ihre Kunden arabische Freunde oder sind mit Arabern verheiratet. Aber viele kommen auch in den Laden, weil sie neugierig geworden sind - wegen der gelungenen Mischung aus Büchern und Geschenkartikeln.

Babylon Bookshop
Plittersdorfer Str. 16
53173 Bonn
Tel: 0228-2669333
Fax: 0228-2669332
E-Mail: info@abylon-bookshop.net
Ihre meistverkauften Bücher sind deutsch–arabische Gedichtbände, so z.B. Werke von Mahmud Darwisch, Fadhil Al-Azzawi, Sargon Boulus, Khalid Al-Maaly oder Abdul-Wahab Al-Bayyati.

"Diese Bände gehen weg wie warme Semmeln", sagt sie und lacht. "Ich komme manchmal nicht mehr nach mit den Bestellungen. Den meisten gefällt die Aufmachung dieser Bücher, und wenn sie Arabisch lesen können, vergleichen sie gerne die arabischen Gedichte mit der deutschen Übersetzung."

Was die Zukunft ihrer Buchhandlung angeht, so ist Rafah Al-Jeboury zuversichtlich. "Die ersten vier Monate ließen sich gut an. Es hat sich schon eine Stammkundschaft gebildet, und es kommen immer mehr Interessierte hinzu."

Um diese Kundschaft zu erhalten, möchte Rafah Al-Jeboury außerdem Lesungen von arabischen und deutschen Dichtern in ihrer Buchhandlung veranstalten. "Einmal im Monat sollen die Lesungen stattfinden. Für die erste haben sich schon viele angemeldet. Das freut mich sehr, denn das zeigt mir, dass der Kontakt zwischen Deutschen und Arabern in Bewegung bleibt."

Helene Adjouri

© Qantara.de 2004

Qantara.de
Dossier: Deutsch-arabischer Literaturaustausch
Die Literatur ist immer ein zentrales Medium des Kulturdialogs. Dabei sind es oft Aktivitäten, die im Kleinen, ja Verborgenen stattfinden: Übersetzer und Verleger, die sich am Rande des Existenzminimums um die geliebte fremde Kultur verdient machen. Wir präsentieren deutsche und arabische Initiativen.

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