
Arabisch-hebräisches Theater in Israel Modell für einen demokratischen, säkularen Staat
Die Schauspieler kommen ohne Worte aus, trotzdem kann man der komplexen Handlung gut folgen: hundert Jahre arabisch-jüdische Geschichte, der Nukleus des Nahost-Konflikts, auf 90 Minuten komprimiert.
Wegen des Andrangs und der Hitze wurde die Vorstellung auf den Vorplatz des arabisch-hebräischen Theaters in Jaffa verlegt. Von fern dringen Rufe eines Muezzin und Musik einer jüdischen Hochzeit heran.
Das Stück "Heute wird getanzt" setzt 1919 ein, Juden und Araber treffen in einem Tanzlokal erstmals aufeinander, dann folgen in rascher Abfolge Schlüsseljahre und: die Zerstörung zarter Liebesbande durch die Politik, die Vertreibung der Araber, die schließlich genau dort kellnern müssen, wo sie einst wohnten, die Ansiedlung der europäischen Juden, die schließlich ebenfalls verdrängt werden - von Immobilienmaklern.
"Das einzige Theater, in dem es eine echte Zusammenarbeit von Juden und Arabern gibt."
Seit 20 Jahren trotzt das arabisch-hebräische Theater in Jaffa allen Konflikten und Kriegen, eine einzigartige Institution in einem Land, in dem gleichberechtigte Koexistenz nicht selbstverständlich ist. "Es ist das einzige Theater, in dem es eine echte Zusammenarbeit von Juden und Arabern gibt", sagt Direktor Igal Ezrati erkennbar stolz.

Jaffa ist dafür der ideale Ort. Die arabisch dominierte Hafenstadt besteht seit der Antike, das von Juden 1909 gegründete Tel Aviv war ursprünglich ein Vorort. Vom Vorplatz des Theaters im ehemaligen Palast des osmanischen Gouverneurs reicht der Blick bis zur Skyline von Tel Aviv und den Baukränen. Auch Jaffa wurde in den vergangenen Jahren gentrifiziert.
Dieses Stück ohne Worte von Igal Ezrati und Gabi Eldor hatte vor 28 Jahren seine Uraufführung und wurde nun um die jüngsten Entwicklungen ergänzt.
Für Ezrati sind dies vor allem die Ermordung des israelischen Premierminister Jitzchak Rabin 1995 und die Konflikte innerhalb der israelischen Gesellschaft. "Es gibt einen Bruch zwischen religiösen und nicht religiösen Juden, zwischen Juden, die aus Europa oder aus arabischen Staaten kommen."
Der 63-Jährige ist der Motor des Hauses, das sich bewusst als arabisch-hebräisch bezeichnet. Er wolle im Theater "nicht die Religionsfragen diskutieren", sagt er. Aber das ist Wunschdenken. Denn gerade dieses Haus kann sich Religion und Politik nicht vom Leib halten.