Keine Chance für rechte Populisten

Am Wochenende sollte in Köln der so genannte "Anti-Islamisierungskongress" rechtspopulistischer europäischer Parteien stattfinden. Ein Bündnis aus Bürgern, Politikern, Medien, Verbänden und der Kirchen hat diesen Plan allerdings vereitelt. Aus Köln berichtet Frank Überall.

Als Clown verkleidete Demonstranten; Foto: AP
Auch bei den Demonstrationen gegen den Anti-Islamisierungskongress war die "Clownsarmee" dabei. Als Soldaten verkleidet setzen sie auf friedvollen Protest.

​​Rechtsradikale aus mehreren europäischen Ländern mussten in Köln eine schwere politische Niederlage einstecken. Sie wollten einen fremdenfeindlichen "Anti-Islamisierungskongress" abhalten, was ihnen durch den vehementen Widerstand der Kölner Bürger aber nicht gelang.

Tausende demonstrierten friedlich gegen das Treffen von Rechtsextremisten, vereinzelt gab es aber auch Ausschreitungen. Wegen der unübersichtlichen Sicherheitslage hat die Kölner Polizei die zentrale Kundgebung der Rechtsradikalen schließlich in letzter Minute verboten. Die Organisatoren kündigten an, dagegen gerichtlich vorgehen und die Veranstaltung wiederholen zu wollen.

Die Gruppierung "Pro Köln" hatte zu dem dreitägigen Kongress eingeladen, der sich kritisch mit dem Islam auseinander setzen sollte. Die Vereinigung wird vom Verfassungsschutz unter dem Verdacht des Rechtsextremismus beobachtet.

Bekannt geworden ist sie in den vergangenen Jahren vor allem durch ihren Protest gegen den Bau einer ersten repräsentativen Moschee in Köln. Systematisch und pauschal wird in Veröffentlichungen von "Pro Köln" auch gegen Migranten und den Islam Stimmung gemacht.

Bezirksbürgermeister räumt Fehler ein

"Wir haben den Fehler gemacht, die Sorgen der Bevölkerung nicht früh genug ernst zu nehmen", räumte der SPD-Politiker Josef Wirges ein. Er ist Bezirksbürgermeister des Kölner Stadtteils Ehrenfeld, in dem das islamische Gotteshaus mit Gemeindezentrum errichtet werden soll.

Die Moschee soll auch deshalb so groß werden, weil die türkisch-islamische Religionsanstalt Ditib ihren Deutschland-Sitz in Köln hat.

Am Freitag, 19. Sept. 2008 bildeten Protestler vor der Moschee in Köln eine Menschenkette gegen den Anti-Islamisierungskongress; Foto: AP
Bereits am Freitag gab es Proteste in Köln. Vor der Moschee in Ehrenfeld bildete sich eine Menschenkette. "Pro Köln" hatte zu einer Bustour eingeladen, mit der Moschee als einem der Reiseziele. Die Tour wurde abgesagt.

​​Seit mehr als zehn Jahren gibt es in Köln-Ehrenfeld einen improvisierten Gebetsraum in einer ehemaligen Fabrikhalle. Im Zusammenhang mit dem Moscheebau sei zu spät über Fragen des Autoverkehrs, der möglichen Lärmbelastung und der Verträglichkeit mit dem Stadtbild gesprochen worden, so Wirges:

"In dieses Vakuum ist Pro Köln gestoßen und hat so Wählerstimmen gewonnen." Pro Köln sitzt in Fraktionsstärke im Kölner Stadtrat.

Josef Wirges war einer der mehreren Tausend Teilnehmer, die am Wochenende mit demonstrierten gegen das Treffen der Rechtsextremen. Mit finanziert wurde es nach Angaben eines Sprechers von Pro Köln von den rechtspopulistischen Parteien Vlaams Belang (Belgien) und FPÖ (Österreich).

Die öffentliche Demonstration sollte von einem Kongress begleitet werden. Dabei wollten die Teilnehmer den Startschuss für die Gründung einer europaweiten patriotischen Partei geben. Zu den Versammlungen kam es aber nicht, weil die Kölner Bürger sich massiv gegen die Rechtsradikalen quer stellten.

Radikale als Gäste nicht erwünscht

"Bei uns gibt es kein Kölsch für Nazis", sagte der Gastwirt Markus Hemken. Er hat gemeinsam mit 150 weiteren Kneipenbesitzern Bierdeckel drucken lassen, auf denen unmissverständlich zu lesen war, dass man keine Rechtsextremisten bedienen wollte. In einem Kölner Hotel flogen die ungewünschten Gäste raus, nachdem antifaschistische Gruppen den Manager des Hauses informiert hatten, welche Politiker die Zimmer angemietet hatten.

Die Gruppierung "Pro Köln", die sich sonst politisch sehr für Sicherheit und Ordnung stark macht, hatte Tagungsräume und Busse zum Teil unter falschen Namen angemeldet. Als Folge wurden die Mitglieder und Gäste auch dort nicht eingelassen und mussten auf nahezu alle Programmpunkte ihres Kongresses verzichten.

Selbst die zentrale Kundgebung "gegen Islamisierung" in der Kölner Altstadt konnte letztlich nicht stattfinden, weil die Polizei erhebliche Sicherheitsprobleme befürchtete und die Aktion absagte.

Polizeikräfte und linke Demonstranten stehen sich bei den Protesten gegen den Anti-Islamisierungskongress gegenüber; Foto: AP
Friedlicher Protest bestimmte die Aktionen gegen die Rechtspopulisten. Doch vereinzelt gab es in Köln auch gewaltsame Ausschreitungen von Autonomen.

​​Linke Autonome hatten in der ganzen Stadt Polizisten angegriffen. "Es flogen Pflastersteine, Brandsätze und Feuerwerksraketen", sagte Polizeisprecher Wolfgang Baldes: "Vereinzelt wurde sogar versucht, Polizisten die Pistolen abzunehmen." Mehr als 400 Demonstranten wurden vorläufig festgenommen, sechs Polizisten wurden verletzt.

Diese Fälle überschatteten die Tatsache, dass Tausende Menschen völlig friedlich gegen die Rechtsradikalen demonstrierten. Ein breites gesellschaftliches Bündnis hatte zum Protest aufgerufen – darunter auch die evangelische und katholische Kirche, die jüdische Synagogengemeinde und die türkisch-islamische Organisation Ditib.

"Ich finde es klasse, dass sich die Kölner gemeinsam gegen die Rechtsextremen quer gestellt haben", sagte der Reggae-Sänger Gentleman: "Ich bin stolz auf Köln."

Auch Kölns Oberbürgermeister von der CDU, Fritz Schramma, fand auf einer Gegenveranstaltung auf der Domplatte deutliche Worte: "Dieser Clique des Eurofaschismus, diesen Haiders und Le Pens und wie sie alle heißen, rufe ich zu: Da ist der Ausgang, da geht's nach Hause. Wir wollen euch nicht."

Wissenschaftler fordern mehr Aufklärung

"Pro Köln" will sich mit der Niederlage aber nicht abfinden. "Wir wollen die Kommunalwahl im nächsten Jahr zur Volksabstimmung gegen den Bau der Moschee machen", sagte der Pro Köln Vorsitzende Markus Beisicht. Wäre die Kölner Tagung der Rechtsradikalen ein Erfolg geworden, hätte man das "Modell Pro Köln" in ganz Deutschland kopieren wollen.

Zwar gibt es bereits Kreisverbände der Partei in Berlin, Hamburg oder München, sie sind aber noch wenig aktiv. Die gezielte Stimmungsmache gegen Moscheen sehen auch Wissenschaftler als wesentliches Element der "Pro-Bewegung".

"Das ist eine Partei der extremen Rechten, die sich bewusst den Deckmantel der Bürgerlichkeit umhängt", erklärt Alexander Häuser von der Forschungsstelle Neonazismus der Fachhochschule in Düsseldorf:

"Sie bedienen bewusst Ressentiments gegen Migranten und gegen den Islam, die in Teilen der Bevölkerung vorhanden sind. Das einzige, das dagegen hilft, ist konsequente Aufklärung in der Öffentlichkeit."

Frank Überall

© Qantara.de 2008

Qantara.de

Moscheebau in Köln
Aufstand gegen rechtsextreme Demagogen
Nach Ansicht von Lale Akgün, Bundestagsabgeordnete und Islam-Beauftragte der SPD, steht die Mehrheit der Kölner Bürger uneingeschränkt hinter dem Moscheebau in Köln - daran ändere auch der geplante "Anti-Islam-Kongress" nichts. Mit Lale Akgün sprach Loay Mudhoon.

Interview Paul Böhm
"Die Muslime sollten sich nicht verstecken"
In Köln soll eine Zentralmoschee für 1250 Betende gebaut werden. Der Bauherr, die "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion" (DITIB), wählte den Entwurf des Kölner Architekturbüros Böhm. Thilo Guschas sprach mit Paul Böhm über den Entwurf.

Gläserne Moschee von Penzberg
Raus aus den Hinterhöfen
Kaum ein deutsches Moscheebauprojekt, das keine Debatte hervorruft. Im bayrischen Penzberg hat sich jedoch der Bau eines islamischen Gotteshauses positiv auf das Zusammenleben von Muslimen und Christen ausgewirkt. Francisca Zecher berichtet.