Archäologen in Gaza finden "kompletten" Friedhof aus Römerzeit

Archäologen in Gaza finden "kompletten" Friedhof aus Römerzeit.
Archäologen in Gaza finden "kompletten" Friedhof aus Römerzeit.

Im nördlichen Gazastreifen freuen sich palästinensische Forscher über einen Sensationsfund. Dort, wo eine Wohnanlage entstehen sollte, graben sie jetzt einen antiken römischen Friedhof aus dem ersten Jahrhundert aus.

"Bisher wurden 51 römische Gräber aus dem ersten Jahrhundert gefunden", sagte der Leiter des Ausgrabungs-Teams, Fasl al-Atal, am Montag (13.12.2022) der Nachrichtenagentur AFP. "Wir rechnen damit, insgesamt 75 bis 80 Gräber zu finden", fügte er hinzu. Es handele sich um den ersten vollständigen römischen Friedhof, der jemals in Gaza entdeckt wurde - eine Sensation. 

Bereits im Januar dieses Jahres stießen palästinensischen Bauarbeiter auf die antike Stätte in der Nähe der Stadt Beit Lahia. Auf dem Gelände, auf dem sie die 2000 Jahre alten Gräber fanden, sollte eine Wohnanlage entstehen. Finanziert von Ägypten - als Teil des Wiederaufbaus nach dem Krieg im Mai 2021. Im Gazastreifen hatten sich die israelische Armee und militante Palästinenser elf Tage lang erbittert bekämpft. 

Malereien von Lorbeerblättern

Aufgrund des sensationellen Funds wurde das Bauprojekt ausgesetzt; ein Team des örtlichen Ministeriums für Altertum besuchte die Stätte. Zusammen mit der französischen NGO Première Urgence Internationale und der französischen Bibel- und Archäologieschule wurden die Funde aus der Römerzeit katalogisiert, außerdem hoffte man bei erneuten Grabungen auf weitere Entdeckungen. Dabei stieß der französische Archäologe René Elter unter anderem auf ein Grab mit "polychromen Malereien, die Kronen und Girlanden aus Lorbeerblättern darstellen" und "Krüge, die für Begräbnistrankopfer bestimmt waren", wie er im Juni der AFP mitteilte. 

Grabstätte grenzt an antiken Hafen von Anthedon

Die römische Grabstätte liegt unweit der Ruinen des griechischen Hafens von Anthedon nahe des antiken Ascalon - der heutigen israelischen Stadt Ashkelon an der Grenze zum Gazastreifen. Dschamal Abu Reda vom Altertumsministerium erklärte, die Ausgrabungsstätte sei von "großer Bedeutung" und vermutlich eine "Erweiterung der Stätte" des antiken Anthedon.

Archäologische Grabungen stehen sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten immer unter politischen Vorzeichen: Einige Funde wurden in der Vergangenheit instrumentalisiert, um Gebietsansprüche zu rechtfertigen oder zu untermauern. Während Israel mit seiner beeindruckenden Anzahl antiker Schätze als archäologisches Paradies gilt, ist die Situation in Gaza eine andere: Nur wenige Spezialisten sind hier tätig, die Archäologie liegt weitgehend brach.

 

Gaza: eine "riesige archäologische Stätte"

"Dennoch gibt es keine Unterschiede zwischen dem, was man in Gaza und auf der anderen Seite des Zauns finden kann; es ist dieselbe große Geschichte", betonte Elter im Juni gegenüber der AFP. "In Gaza sind viele Stätten aufgrund des Konflikts und der Baustellen verschwunden, aber das Gebiet ist eine riesige archäologische Stätte, die viele Expertenteams erfordert."

Aus Sicherheitsgründen wurden um die römische Grabstätte herum Pfähle und Zäune errichtet, die ständig von Wachleuten kontrolliert werden. Damit wird versucht, dem illegalen Handel mit Antiquitäten entgegenzuwirken.

Engagement für den Erhalt des Kulturerbes

Ein weiteres Problem: Nicht alle Bauherren melden es den Behörden, wenn auf ihrer Baustelle archäologische Funde auftauchen. Das läge daran, dass "sie Angst haben, nicht entschädigt zu werden, wenn die Bauarbeiten eingestellt werden", so Abu Hassan, der lokale Leiter der NGO Première Urgence Internationale. Das Ergebnis: "Wir verlieren jeden Tag archäologische Stätten." Deshalb sei es wichtig, eine "Strategie zur Verteidigung des Kulturerbes" zu entwickeln, um die Geschichte zu bewahren und lokale Archäologen auszubilden, betonte er.

Die Erforschung der archäologischen Stätten ist auch aufgrund der israelischen Blockade, die seit der Übernahme des Streifens durch die Hamas im Jahr 2007 verhängt wurde, schwieriger geworden. So ist die Ein- und Ausreise von Menschen und Materialien nur eingeschränkt möglich. Dennoch werden immer wieder sensationelle Funde gemacht. Allein im Laufe des Jahres 2022 wurden etwa Mosaike aus dem 5. bis 7. Jahrhundert und eine über 4500 Jahre alte Steinstatuette mit dem Gesicht einer antiken Göttin entdeckt. (DW mit afp, dpa)

 

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