Zum Tod von Irans Ex-Präsident Rafsandschani: Lenker und Denker der islamischen Revolution

Nach Revolutionsführer Khamenei galt er als mächtigster Mann des Irans. Er stand für den moderaten Islam und fiel genau deshalb in Ungnade des Klerus. Trotzdem hatte er genügend Einfluss, um Rohani 2013 an die Macht zu führen. Von Farshid Motahari

Akbar Haschemi Rafsandschani hat in seinem politischen Leben vieles erreicht, war aber auch mehrfach kurz davor, alles zu verlieren. Der 1934 in Bahreman, Südostiran, geborene Kleriker war einer der Architekten der Islamischen Republik nach der Revolution von 1979. Er brachte es bis zum Amt des Parlamentspräsidenten und regierte von 1989 bis 1997 als Präsident die Republik. Am vergangenen Sonntag starb Rafsandschani mit 82 Jahren an Herzversagen. Er soll in der Stadt Ghom, rund 120 Kilometer südlich von Teheran, beigesetzt werden. Sie wird im Iran als heilig angesehen.  

Rafsandschani und Ali Khamenei galten als engste Vertraute Khomeinis. Nach dessen Tod 1989 teilten sich die beiden die Führungsrolle im Land. Khamenei wurde zum Führer und Khomeinis Nachfolger ernannt, Rafsandschani wurde zum neuen Präsidenten gewählt. «Auf seine Intelligenz und Ruhe konnten wir uns alle in all den Jahren des politischen Kampfes immer verlassen», sagt Khamenei am Sonntag über Rafsandschani. «Er war einzigartig und ich werde einen wie ihn nie mehr finden.»

Rafsandschani hatte so viele Freunde wie Feinde. Seiner Linie aber blieb er stets treu: Als Kleriker pragmatisch, als Politiker moderat. Nach seiner Präsidentschaft machte er den Reformer Mohammad Khatami 1997 zu seinem Nachfolger. Besonders mit seiner Unterstützung für Khatami und den Reformkurs im Land verärgerte er die Hardliner und den erzkonservativen Klerus immer mehr.

Nach seiner Niederlage in der Präsidentschaftswahl 2005 gegen den damals politischen Nobody Mahmud Ahmadinedschad schien seine politische Karriere beendet zu sein. Er distanzierte sich ab 2005 auch immer mehr vom Klerus und nahm gleichzeitig den Kampf gegen die Hardliner und besonders Ahmadinedschad auf.

Wegen seiner Kritik an der angeblichen Wahlfälschung bei der Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 geriet er dann endgültig ins politische Abseits und wurde von den Hardlinern offiziell als Dissident gebrandmarkt. Auch sein Freund und langjähriger Weggefährte Khamenei distanzierte sich von ihm. Viele sahen auch Rafsandschanis theologischen Niedergang.

Aber der damals 75-Jährige machte weiter. Vier Jahre später wurde er erneut zum Präsidentenmacher, nun für seinen Schützling Hassan Rohani. Nach Rohanis Wahlsieg 2013 ging es Schlag auf Schlag: Zunächst kam das Atomabkommen mit dem Westen und die Aufhebung der Sanktionen, dann im Februar 2016 das «Ausmisten» im Parlament, die Verdrängung der Hardliner. Sein - wie auch Rohanis - Motto war: Versöhnung mit der Welt. «Er war eine große Persönlichkeit der Revolution, ein Idol des Widerstands und ein Symbol der politischen Geduld», sagte Rohani nach dessen Tod über Rafsandschani. 

Bei der Wahl zum Expertenrat, dem wichtigsten religiösen Gremium im Land, zahlte Rafsandschani es dann auch den Kleriker-Kollegen heim, die ihn in den vergangenen Jahren an den Rand hatten drängen wollen: Er fuhr einen klaren Sieg ein, seine Widersacher mussten sich geschlagen geben. Mit über 80 Jahren war der alte Mann wieder voll im politischen Geschäft. Sein Kommentar nach dem Triumph: «Wer wirklich an Gott glaubt, wird von ihm dann auch beschützt.» (dpa)