Zehntausende Israelis versammeln sich in Gedenken an Rabin

Zehntausende Israelis haben am vergangenen Samstagabend in Tel Aviv ihres ehemaligen Regierungschefs Jizchak Rabin gedacht, der vor 20 Jahren ermordet wurde. Der frühere US-Präsident Bill Clinton und per Videobotschaft sein amtierender Nachfolger Barack Obama mahnten, ein Friedensschluss mit den Palästinensern sei weiter "notwendig und möglich". Im besetzten Westjordanland ging die Gewaltserie auch am Wochenende weiter.

Clinton, neben Israels Staatschef Reuven Rivlin der Hauptredner bei der Gedenkkundgebung, rief unter großem Beifall, die Israelis müssten zu der Überzeugung gelangen, dass Rabin "Recht hatte" und sie ihre "Zukunft mit den Nachbarn teilen" müssten. Obama sagte, nur Frieden garantiere dauerhafte Sicherheit für Israelis und Palästinenser. Die Angaben über die Teilnehmerzahl an der Kundgebung schwankten zwischen 60.000 (Polizei) und 100.000 Menschen (Veranstalter).

Rabin war am 4. November 1995 von einem jüdischen Rechtsextremisten erschossen worden, der damit die Osloabkommen zu Fall bringen wollte. Der damalige Ministerpräsident und der seinerzeitige PLO-Chef Jassir Arafat hatten 1993 im Weißen Haus als Gäste von Clinton das in Oslo ausgehandelte Friedensabkommen unterzeichnet. Seit Rabins Ermordung gab es zwar weitere Verhandlungsrunden, sie brachten jedoch keine Ergebnisse. Derzeit ist der Friedensprozess vollständig unterbrochen.

Im Westjordanland kam es am Wochenende zu neuer Gewalt zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften. So wurde an einem Kontrollposten nördlich von Hebron am Sonntag ein Palästinenser bei einem Messerangriff auf einen Soldaten erschossen, wie die israelische Armee mitteilte. Am Samstag stürmte nach Polizeiangaben bei Dschenin im Norden des Westjordanlands ein Palästinenser mit einem Messer in Richtung von Grenzpolizisten, die ihn mit Schüssen tödlich verletzten.

In Hebron, der größten Stadt im Westjordanland, ereigneten sich am Samstag zudem schwere Zusammenstöße zwischen steinewerfenden Palästinensern und Soldaten. Zuvor waren die Leichen von fünf Jugendlichen, darunter zwei junge Frauen, ihren Familien übergeben worden. Sie wurden der Armee zufolge erschossen, als sie Messerangriffe unternahmen oder vorbereiteten. An den Trauerzügen nahmen tausende Palästinenser teil.

Israel hatte im Oktober die Leichen von zahlreichen erwiesenen oder mutmaßlichen Angreifern zurückbehalten und sich davon eine Abschreckung erhofft. Während Verteidigungsminister Mosche Jaalon inzwischen einen  gegenteiligen Effekt konstatiert und im Westjordanland die Leichname schrittweise an die Familien übergibt, verfolgt der in dieser Frage für das annektierte Ost-Jerusalem zuständige Minister für Innere Sicherheit Gilad Erdan weiter den Plan, beschuldigte Attentäter anonym zu bestatten.

Die Spannungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften haben in den letzten Wochen stark zugenommen. Insgesamt wurden bei den Anschlägen seit Anfang Oktober neun Israelis getötet. Im Zuge der Unruhen starben im selben Zeitraum 68 Palästinenser, darunter ein arabischer Israeli; bei mehr als der Hälfte von ihnen handelte es sich um erwiesene oder mutmaßliche Attentäter.

Widersprüchliche Angaben gab es zum Tod eines acht Monate alten palästinensischen Jungen in Bethlehem. Das palästinensische Gesundheitsministerium hatte mitgeteilt, das Baby sei am Freitag in seinem Elternhaus an von Soldaten abgefeuertem Tränengas erstickt. Dazu hieß es am Samstag in einer Erklärung der israelischen Streitkräfte, Untersuchungen hätten ergeben, dass es "keinerlei Zusammenhang zwischen dem Armeeeinsatz und dem tragischen Tod des Kindes" gebe. Tränengas wurde demnach in "dutzenden Metern Entfernung" vom Haus der Familie verwendet. (AFP)