"Wir sind Brüder" - Muslime beschützen Weihnachtsmesse in Nordfrankreich

Auch zu den Weihnachtsfeiertagen ist Frankreich weiter von den islamistischen Terroranschlägen von Paris geprägt. Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch, es herrscht der Ausnahmezustand. Mitten in dieser angespannten Atmosphäre haben Muslime in der nordfranzösischen Stadt Lens ein Zeichen gesetzt. In einem symbolischen Akt stellten sie sich vor die Pforten einer Kirche und bewachten den christlichen Heiligabend-Gottesdienst.

Die Geste in Lens solle zeigen, dass die Muslime andere Religionen respektierten, sagte der Präsident der regionalen Muslimvertretung Union des Cityoens Musulmans du Pas-de-Calais (L'UCM) zur Begründung. Es handele sich um eine bewusst organisierte Geste, fügte Abdelkader Aoussedj hinzu. "Die Muslime in Frankreich stehen an der Seite ihrer Mitbürger."

"Wir leben zusammen, wir sind Brüder", begründete einer der Wachenden, Hachim El Jazouli, die Aktion am Donnerstagabend. "Und wir sitzen alle im selben Boot". Wenn es Anschläge gebe, "dann töten sie uns alle zusammen". "Es ist eine Botschaft der Liebe", ergänzte Brahim Ait Moussa von der L'UCM.

Ein anderes Bild von Muslimen

Die rund 200 Besucher der Mitternachtsmesse in Lens zeigten sich von der Aktion tief beeindruckt. Am Ende des Gottesdienstes wurde die "Beschützer" unter großem Applaus in die Kirche gebeten und bekamen das sogenannte Friedenslicht von Bethlehem überreicht. "Es ist ein großartiges Zeichen von ihnen", sagte eine Messebesucherin. Muslime hätten derzeit keinen leichten Stand in Frankreich, ergänzte sie mit Blick auf die Stimmung nach den Terrorattacken von Paris.

Seit den islamistischen Anschlägen von Paris, bei denen am 13. November in der französischen Hauptstadt 130 Menschen getötet und mehr als 350 weitere verletzt worden waren, sehen sich Muslime in Frankreich vermehrt Anfeindungen ausgesetzt. Die Aktion in Lens sollte deshalb auch "ein anderes Bild von Muslimen zeichnen", wie Aoussedj sagte.

Mit Blick auf die Weihnachtstage hatte die französische Regierung nach den islamistischen Anschlägen vom 13. November noch einmal besonders strikte Sicherheitsregeln für Kirchen und Gotteshäuser angekündigt. Innenminister Bernard Cazeneuve versprach Religionsvertretern, alles zu tun, damit die Sicherheit gewährleistet sei.

Ähnlich wie bei anderen Veranstaltungen wurden unter anderem Kontrollen an den Eingängen empfohlen. In Paris waren Uniformierte vor vielen Gotteshäusern und Gebetsräumen präsent (Artikelbild). Bereits nach den Anschlägen in Paris im Januar auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" und einen koscheren Supermarkt war die Sicherheit vor zahlreichen religiösen Einrichtungen in Frankreich teils drastisch erhöht worden. Die Präsenz von Polizei und Militär wurden verstärkt. (dpa und afp)