Was bedeuten Al-Quds und Heiliges Land? Ein Nahost-Glossar

Tempelberg und Al-Aksa-Moschee, Klagemauer, Grabeskirche und Zwei-Staaten-Lösung - mit den jüngsten Nachrichten aus Israel fallen Begriffe, die seit jeher mit dem Nahost-Konflikt in Verbindung stehen. Was steckt eigentlich genau dahinter? Von Margret Scholtyssek und Sebastian Fischer

Nach der Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt durch die USA erschüttern Unruhen das Heilige Land. Begriffe, die jetzt häufiger zu lesen sind:

JERUSALEM - Die Stadt beherbergt bedeutende religiöse Zentren für Judentum, Islam und Christentum. Nach dem Angriff arabischer Länder auf das neu gegründete Israel besetzte Jordanien 1948 den östlichen und der jüdische Staat den westlichen Teil Jerusalems. Während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 eroberte Israel auch den arabisch geprägten Ostteil. Der Status der Stadt ist eine der zentralen Streitfragen im Nahost-Konflikt. Israel beansprucht Jerusalem als seine «ewige und unteilbare Hauptstadt». Die Palästinenser wollen den Ostteil als Hauptstadt für einen international anerkannten Staat Palästina.

AL-QUDS - Der arabische Name für Jerusalem bedeutet «die Heilige». Sie zählt mit Mekka und Medina zu den wichtigsten Pilgerstätten der Muslime. In der Frühzeit des Islams beteten Gläubige Richtung Jerusalem statt - wie heute - nach Mekka.

TEMPELBERG - Der Brennpunkt der religiösen Spannungen liegt in der Altstadt Jerusalems, die wiederum zum arabischen Ostteil der Stadt gehört. Der Tempelberg gilt Juden und Muslimen gleichermaßen als bedeutendes Heiligtum.

FELSENDOM und AL-AKSA-MOSCHEE - Die Muslime nennen den Tempelberg Al-Haram al-Scharif («Das edle Heiligtum»). Sie glauben, dass von dort der Prophet Mohammed auf seinem Pferd in den Himmel aufgestiegen ist. An dieser Stelle steht heute der Felsendom mit seiner markanten goldenen Kuppel. Zusammen mit der benachbarten Al-Aksa-Moschee steht der heilige Ort offiziell unter muslimischer Verwaltung.

KLAGEMAUER - Für die Juden ist der Tempelberg ebenfalls von höchster Bedeutung. Stammvater Abraham soll dort aus Gottesfürchtigkeit beinah seinen Sohn Isaak geopfert haben. Der Tempelberg gilt zudem als irdischer Wohnort Gottes. Nach der Bibel baute König Salomo an dieser Stelle einen Tempel, in dem die Steintafeln mit den zehn Geboten aufbewahrt wurden. Dieser Tempel wie auch der Nachfolge-Bau wurden zerstört. Die Klagemauer ist die allein stehengebliebene Westmauer des ehemaligen heiligen Bezirks. Hier beten die Juden.

GRABESKIRCHE - Für Christen ist vorrangig das Gotteshaus in der Altstadt Jerusalems ein wichtiges Heiligtum. Nach dem Glauben steht die Kirche an der Stelle, an der Jesus gekreuzigt und begraben wurde. Traditionell feiern Gläubige dort an Ostern die Auferstehung Christi.

HEILIGES LAND - In der Regel sind Israel und die palästinensischen Gebiete gemeint, zuweilen auch Teile Syriens, Jordaniens, Ägyptens und des Libanons. Im Neuen Testament kommt der Begriff nicht vor und wird erst im 2. Jahrhundert vom Kirchenvater Justin verwendet. In der jüdischen Bibel findet sich der Ausdruck nur einmal: «Der Herr aber wird Juda in Besitz nehmen; es wird sein Anteil im Heiligen Land sein.» Der Koran meint mit dem «Heiligen Land» («Al-Ard al-mukadassa») das Gebiet, das Moses den Israeliten verspricht.

INTIFADA - Das arabische Wort für «Aufstand» ist die palästinensische Bezeichnung für die Auflehnung gegen Israel. Die Proteste münden häufig in Gewaltspiralen mit vielen Toten. Als Auslöser der Ersten Intifada (1987-1993) gilt ein Verkehrsunfall, bei dem in einer sowieso schon angespannten Lage vier Palästinenser getötet wurden.

Die Zweite Intifada (2000-2005) begann nach einem demonstrativen Besuch des damaligen israelischen Oppositionsführers Ariel Scharon an der Al-Aksa-Moschee. Mit dem Ausbruch dieser «Al-Aksa-Intifada» stieg die Zahl palästinensischer Selbstmordanschläge schnell an - auch im israelischen Kernland. Insgesamt starben mehr als 1.000 Israelis, die Palästinenser beklagten mehr als 3.500 Tote.

BESETZTE GEBIETE - Darunter zählen die von Israel während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 eroberten Landstriche: das Westjordanland, Ost-Jerusalem, der Gazastreifen, Teile der syrischen Golanhöhen und die ägyptische Sinai-Halbinsel. Der Sinai wurde 1982 als Teil eines Friedensvertrages zurückgegeben. Ost-Jerusalem und das Golan-Gebiet wurden von Israel annektiert - diese Maßnahmen wurden aber international nicht anerkannt.

WESTJORDANLAND - Etwa drei Millionen Menschen leben auf einer Fläche, die rund doppelt so groß wie das Saarland ist. Das Westjordanland unterteilt sich in großteils geografisch unzusammenhängende Verwaltungsbereiche: In Gebieten der Zone A hat die Palästinensische Autonomiebehörde die Kontrolle über Verwaltung und Sicherheit, in Zone B wachen die Palästinenser über die Verwaltung und die Israelis über die Sicherheit. Zone C kontrollieren die Israelis komplett. Dort gibt es häufig jüdische Siedlungen oder Militäreinrichtungen.

GAZA - Im Gazastreifen am Mittelmeer leben auf einer Fläche vergleichbar mit der Stadt Köln rund zwei Millionen Palästinenser. Israel räumte 2005 seine Siedlungen in dem Küstengebiet und zog die Armee ab. Seit 2006 hat es eine Blockade über den Gazastreifen verhängt, die mittlerweile auch vom benachbarten Ägypten mitgetragen wird. Gaza wird von der Hamas beherrscht. Aus dem Küstenstreifen werden immer wieder Raketen auf israelische Städte abgefeuert, Israel reagiert mit Militäroperationen.

ZWEI-STAATEN-LÖSUNG: Als eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts gilt international weitgehend unisono, dass das Gebiet in zwei Staaten aufgeteilt wird. Dabei soll neben Israel ein unabhängiges und demokratisches Palästina entstehen. Doch Initiativen für solche einen Ausgang sind bisher gescheitert. Ob US-Präsident Trump zur Zwei-Staaten-Lösung steht, wurde bereits vor seiner Jerusalem-Entscheidung hinterfragt.

PALÄSTINA - Die Palästinenser wollen einen unabhängigen Staat bestehend aus Ost-Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Bisher haben weltweit rund 140 Länder Palästina als souveränen Staat anerkannt. Bei den Vereinten Nationen genießt das Land Beobachterstatus, ist aber kein Vollmitglied. Die meisten westlichen Länder wie die USA oder Deutschland vertreten die Auffassung, dass es einen Palästinenser-Staat erst nach einer Friedenslösung mit Israel geben sollte. Internationale Institutionen wie Interpol und die Unesco führen Palästina aber bereits als Mitglied.

PALÄSTINENSISCHE AUTONOMIEBEHÖRDE: Die Organisation herrscht – soweit von Israel zugelassen - im Westjordanland und ist offiziell der einzige legitime Verhandlungspartner für Israel und die internationale Gemeinschaft. Die gemäßigten Kräfte um Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von der Fatah waren jahrelang in einem Friedensprozess mit Israel, der jedoch letztlich scheiterte. Trumps Entscheidung zu Jerusalem wertet die Palästinenserführung als Zerstörung der Zwei-Staaten-Lösung.

FATAH - Die säkular ausgerichtete Partei von Abbas ist die größte Fraktion der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. Die Fatah bemüht sich derzeit um eine dauerhafte Versöhnung mit der Hamas und ein Ende der seit 2006 existenten innerpalästinensischen Spaltung. Ziel ist eine einheitliche Herrschaft in Gazastreifen und Westjordanland. Die Fatah strebt einen unabhängigen Staat in den Grenzen von 1967 an.

HAMAS - Die zweitgrößte Palästinenserorganisation bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan. Die vom Iran unterstützte radikal-islamische Gruppe verübte immer wieder tödliche Terroranschläge auf Israelis. Die Hamas herrschte zehn Jahre lang im Gazastreifen allein, will nun aber im Rahmen einer Versöhnung mit der Fatah die Kontrolle an die Autonomiebehörde abgeben. Nach Trumps Entscheidung rief Hamas-Chef Ismail Hanija zu einer neuen Intifada auf. EU und USA stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

HISBOLLAH - Die radikal-islamische Miliz im Libanon kämpft politisch, aber auch mit Gewalt gegen Israel und für die Errichtung einer «Herrschaft des Islams». Die schiitische Partei ist mittlerweile die stärkste politische Kraft im multikonfessionellen Libanon. Finanziert wird sie hauptsächlich aus dem Iran. Die Hisbollah steht auf den Terrorlisten von Israel und den USA, nur ihr militärischer Arm auf denen von Großbritannien und der EU. (dpa)